Dark Swan: Schattenkind (German Edition)
dazu kommt. Wir sind eine Familie. Und es … fühlt sich einfach auf vielerlei Weise richtig an, weißt du? Du hast mir beigestanden, seit wir uns kennengelernt haben. Ich möchte das Gleiche für dich tun. Ich schwöre, ich werde dir nichts tun. Dorian auch nicht. Wir kriegen das hin. Zusammen.«
Pagiels Gesicht spiegelte seinen inneren Kampf wider. Er wusste nicht, wem er trauen sollte, und das konnte ich ihm kaum vorwerfen. Ich war auch schon in dieser Lage gewesen. Er hatte sich in einer chaotischen Welt seine Nische als Geächteter geschaffen, was ihm wenigstens ein bisschen Kontrolle über irgendwas gab.
»Pagiel, bitte«, sagte ich. Panik stieg in mir auf. Ich hatte Angst, dass es auf einen Kampf hinauslief, denn den galt es unbedingt zu vermeiden. »Ich weiß, was du gerade durchmachst. Ich habe selber auch gegen das Schicksal angekämpft, das mir angeblich auferlegt war. Du bestimmst über dein Leben, nicht irgendeine Prophezeiung, die jemand gemacht hat, als du noch nicht einmal geboren warst.«
Pagiel antwortete immer noch nicht. Es war Jasmine, die ihn knackte. »Pagiel, bitte«, nahm sie meine Worte auf. »Bitte komm mit.«
Sein Blick huschte zu ihr, und in seinem Gesicht stand neuer Schmerz. Wie Jasmine hatte er inzwischen begriffen, dass ihre verwandtschaftliche Verbindung ihrer Liebesbeziehung ein Ende gesetzt hatte. Trotzdem empfand er eindeutig immer noch etwas für sie, und das würde sich wohl auch nicht ändern.
»Na schön«, sagte er schließlich. Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf mich. »Ich vertraue dir, Eugenie.«
Es war das erste Mal, dass er mich duzte, und ich lächelte. Es passte, wir waren schließlich verwandt. Einige seiner Gefolgsleute murrten über seine Entscheidung, aber erneut brachte sie ein Befehl von ihm zum Schweigen. Außerdem fiel mir auf, dass ein paar Männer sogar erleichtert wirkten. Vielleicht war aus dem lustigen, tolldreisten Abenteuer ja für manche viel zu schnell mehr geworden.
Pagiel sah nach hinten zu zwei Pferden, die mit Packtaschen und Vorräten beladen waren. »Verteilt diese Sachen untereinander, damit meine Tanten reiten können.«
Seine Reiter sprangen sofort. Ich hoffte verzweifelt, dass wir das alles in Ordnung bringen konnten, weil er so dermaßen viel Potenzial hatte. Er besaß eine kraftvolle Ausstrahlung und Persönlichkeit. Einmal auf den richtigen Weg gebracht, konnte er ein Führer werden, der in der Anderswelt Großes leistete. Er konnte eines Tages ein Königreich erben.
Ich hoffte, dass meinem Auto nichts passieren würde, und wir wechselten nach drüben. Das Tor war nicht gerade das stärkste, aber von seinen Leuten hatte anscheinend niemand Probleme damit. Er hatte sich eine mächtige Truppe zusammengestellt. Wir erreichten das Dornenland und wandten uns auf der Straße Richtung Eichenland. Während wir dahinritten, wühlten die anderen Feinen in ihren Packtaschen mit der Beute. Ein paar fingen an, Schokoriegel in quietschbunten Verpackungen in sich hineinzustopfen. Wenn Pagiel mit diesen Diebeszügen erst mal aufgehört hat , dachte ich, werden wir über das Ganze lachen.
Es war immer noch komisch, das Eichenland dermaßen grün zu erleben. Die Bäume trugen inzwischen Sommer- und Herbstfrüchte, und ich hoffte, Pagiel würde bald begreifen, dass es hier in der Anderswelt viel Liebenswertes gab. Er und seine Gefolgsleute brauchten die Menschenwelt nicht. Sie gehörten hierher.
Bald erreichten wir einen Straßenabschnitt, den ich gut kannte, eine Wegbiegung, die uns demnächst in Sichtweite von Dorians Burg bringen würde. Ich seufzte erleichtert. Wir hatten es geschafft. Wir würden Pagiel nach Hause bringen und das alles wieder hinbiegen.
Plötzlich zischte wie aus dem Nichts ein Pfeil an Pagiel vorbei und verfehlte ihn nur knapp. Ihm folgten zwei weitere Pfeile, und einer von Pagiels Reitern wurde in die Brust getroffen. Ich zog mein Athame und meine Pistole. Die Luft schwoll um uns herum an, was zugleich auf Pagiels und meine Magie zurückzuführen war, und seine Reiter zogen ihre Waffen. Rufe von den Bäumen auf beiden Seiten der Straße her zeigten, dass wir rasch umzingelt wurden, aber noch war nicht zu sehen, vom wem. Ich sah mich hektisch um und versuchte zu entscheiden, wie wir uns am besten verteidigen konnten.
Bevor ich etwas sagen konnte, deutete Pagiel mit seinem Schwert auf Jasmine und mich. »Ergreift sie! Nehmt sie als Geiseln! Sie haben uns in einen Hinterhalt geführt!«
Kapitel 26
»Was?«, rief
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