Dark Swan: Schattenkind (German Edition)
meiner Wachsoldaten zum Tor eskortierten, sodass er dorthin reiten konnte.
»Ich hätte dich wirklich gern im Eibenland dabei«, erklärte ich, während ich ihn nach draußen brachte. »Aber ehrlich gesagt befürchte ich, dass jetzt, wo Pagiel weg ist, einer von seinen Kumpels auf die Idee kommt, ›Besorgungen‹ in der Menschenwelt zu machen.«
Roland verzog das Gesicht. »Hoffentlich nicht. Er ist ein heller Kopf, ein Anführer … Hoffentlich hat von den anderen keiner die Entschlusskraft, selbst aktiv zu werden. Aber ich werde die Augen offen halten.«
Draußen herrschte natürlich immer noch diese bittere Kälte. Roland war wieder komplett eingepackt, aber ich war naiverweise einfach in Jeans und Pulli rausgegangen. Nicht weit vom Tor entfernt wartete diskret und geduldig Rolands Eskorte. Ich schlang die Arme um meinen Oberkörper.
»Roland … wenn mir irgendwas zustößt … «
»Eugenie … «
»Ich weiß, ich weiß. Es klingt pessimistisch, aber … na ja … jetzt ist alles anders. Wir müssen auch an die Zukunft denken.«
»An die Zwillinge, meinst du«, sagte er grimmig.
Ich nickte. »Wenn mir etwas zustößt, dann habt ihr mein vollstes Vertrauen, dass ihr das Richtige tun werdet. Wenn ihr die beiden dort lassen wollt, wo sie sind, gut. Wenn ihr sie zu euch nehmen wollt, auch gut. Was immer ihnen ein gutes Leben ermöglicht und wo sie sicher vor meinen Feinden sind.«
Roland war deutlich anzusehen, dass ihm dieses Gespräch nicht gefiel, er es aber als notwendig empfand. »Ich höre mich nur ungern an wie Dorian, aber wenn dir etwas zustößt, dann gibt es wahrscheinlich nicht mehr viele Feinde, die nach ihnen suchen.«
»Also hat das Ganze dann auf jeden Fall etwas Gutes, hm?«
Er schüttelte traurig den Kopf. »Pass auf dich auf, Eugenie, damit wir nie erfahren müssen, was dann passieren würde.« Er umarmte mich und scheuchte mich nach drinnen. »Sieh zu, dass du wieder warm wirst. Und wenn du daran denkst, dann schick ab und zu diesen Teufel zu mir, damit er mich auf den neuesten Stand bringt.«
»Mach ich«, sagte ich. Es fiel mir schwer, ihn wegreiten zu sehen. Er war meine letzte Verbindung zur Menschheit. Ab jetzt war ich wieder einmal voll in die Angelegenheiten der Anderswelt verstrickt.
Bevor ich wieder hineinging, fiel mir eine Wachsoldatin auf, die ein Stück weiter unten in der Halle stand. Sie neigte höflich den Kopf, als ich zu ihr sah. »Eure Majestät.«
Ich warf einen Blick zurück zum Tor und runzelte die Stirn. »Am Anfang meiner Herrschaft hier, als es wegen der neuen Wüste kaum noch zu essen und zu trinken gab, da sind hier ständig Flüchtlinge angekommen. Warum bleiben sie diesmal aus? Es geht ihnen jetzt doch genauso schlecht, oder?«
Die Soldatin sah mich ernst an. »Ich würde sagen, es geht ihnen deutlich schlechter, Eure Majestät. Die Plage hat mehr dahingerafft als jede Dürre. Für viele wäre die Reise hierher, durch dieses Wetter, deutlich lebensgefährlicher, als mit dem auszukommen, was es dort gibt, wo sie gerade sind – ganz gleich, wie schlecht es ihnen dort geht.«
Ich dankte ihr und ging nach oben. Ihre Worte hallten noch in mir nach.
Da wir vorhatten, am nächsten Morgen vom Dornenland aus aufzubrechen, machte ich am Abend noch rasch einen Abstecher ins Vogelbeerland, um zu schauen, ob ich ihm noch etwas Gutes tun konnte. Eine Eskorte begleitete mich, und wir ritten wieder, um Zeit zu sparen. Ich setzte auch diesmal meine Magie ein, um den Schnee zu beseitigen. Zwar machte ich mir schon ein bisschen Sorgen, damit meine Kraft zu vergeuden, aber ich hatte noch genug davon und konnte es nicht mit ansehen, wie die Männer und die Pferde sich abmühten.
Auch die Bewohner der Vogelbeerburg sahen mich aus leuchtenden Augen an. Ich war froh, ihnen in diesen finsteren Zeiten ein bisschen Hoffnung geben zu können, fragte mich aber zugleich, ob ich nachher auch wirklich würde liefern können. Die Feinen hier freuten sich ebenfalls, dass meine Kinder sicher auf die Welt gekommen waren und ich sie bei den Menschen versteckt hatte. Sie nickten dazu, als wäre das ganz normal, und mir fielen wieder die alten Märchen ein. Vielleicht basierten sie ja auf tatsächlichen Geschehnissen.
Zwiesprache mit dem Land musste im Freien gehalten werden, also mummelte ich mich ein, während meine Männer sich drinnen aufwärmten, und setzte mich in den Hof. Ich dehnte meine Sinne nach dem Land aus und bekam Antwort – und verstand jetzt besser, was Jasmine und
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