Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
Zeiten geplaudert?«
»Ja. Über alte Zeiten.« Isaac gefiel nicht, welche Richtung das Gespräch mit seinem toten Freund nahm.
»Isaac, Isaac, Isaac. Ich muss sagen, dass ich etwas enttäuscht bin von dir. Da kommst du jahrelang zu den Messen, spielst den Ministranten und bist jetzt auch noch Priester. Das ist doch recht heuchlerisch? Oder etwa nicht?«
O´Leary grinste. Er amüsierte sich scheinbar prächtig.
Isaac erschauderte.
»Hast mir immer alles gebeichtet, mein Junge. Aber nie, dass du ein Mörder bist. Dafür wirst du leider nicht in den Himmel gekommen, mmh-mmmh.« O´Leary hob tadelnd einen Finger und schüttelte langsam den Kopf.
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
Und ob ich das weiß. Und ich werde wirklich nicht in den Himmel kommen, Sie haben recht.
Isaac wollte gerade aufstehen, als ihn O´Leary am Arm packte.
»Wo willst du denn hin?«
Isaac versuchte, sich dem Griff zu entwinden, doch O´Learys Finger hielten ihn wie ein Schraubstock umklammert. Zum ersten Mal seit Beginn dieser Begegnung verspürte er grässliche Angst. Die gütige Art seines Freundes Pater O´Leary war verschwunden und kühlem, brennendem Hass gewichen. Auf gar keinen Fall war das Pater O´Leary.
»Lassen Sie mich los ... Pater ... oder was immer Sie sind.«
O´Leary lachte.
»Ihr werdet alle dafür sterben, das ist euch doch klar, oder? Meine Kinder, meine lieben Kinder.« Der tote Priester kicherte wie ein Irrer.
Isaac fühlte sich, als würden Tausendfüßler über seine Haut krabbeln. Mit größter Anstrengung gelang es ihm, sich loszureißen, und er wich drei Schritte zurück. Bloß weg von diesem Ding.
»Komm Isaac, komm mit mir.« O´Leary erhob sich ebenfalls und er schien so ... riesig. Sein Gesicht war jetzt nicht mehr das von O´Leary, sondern sah aus wie das eines Kojoten. Isaac kannte solche Gestalten aus der ägyptischen Mythologie. Anubis. Nur hatte der statt eines Kojoten- einen Schakalkopf.
Das sind doch nur Mythen, und nicht Wirklichkeit. Das kann einfach nicht sein.
Ein sprechender Kojote im Priestergewand.
Isaac dachte, dass er durchdrehte. Wie sonst war solch ein Unsinn erklärbar? Am liebsten hätte er hysterisch losgelacht und erst wieder damit aufgehört, wenn die Erscheinung sich in Luft aufgelöst hätte.
Der Kojotenkopf machte eine weitere Verwandlung durch.
»Das ist ... »Bullet«, stieß Isaac aus.
Der Rottweiler-Priester riss die Schnauze auf, entblößte schwarzes Zahnfleisch mit unzähligen, messerscharfen Reißzähnen. Die Kiefer knackten, die Augen rollten wie verrückt gewordene Murmeln in den Höhlen. Dann schnellte der Rottweiler-Priester vorwärts und schnappte nach Isaacs Kopf. Isaac wich instinktiv zur Seite, rannte mit ausgreifenden Schritten zur Kirchentür. Er war froh, dass er seinen Schlüsselbund nicht wieder in die Hosentasche gesteckt hatte, sondern nach wie vor in der Hand hielt. So schnell es ihm möglich war, schloss er auf. Und doch konnte es ihm nicht schnell genug gehen. Die Flügeltür ächzte in ihren Angeln, der satte Geruch von Weihrauch flüchtete ins Freie, und Isaac stürmte in die Kirche.
»Heilige Maria Mutter Gottes, ich bitte dich, hilf mir.« Seine Stimme hallte durch das leere, dunkle Gebäude. Der Colt. Er befand sich in der Sakristei. Aber Isaac wollte den alten Pater nicht auch nur eine Sekunde aus den Augen lassen.
»Isaac, kommst du wohl raus.« O´Leary, jetzt war er es wieder, stand vor der Türschwelle und spähte hinein in die Dunkelheit. Seine Stimme klang lockend wie die einer Hexe.
Isaac verkroch sich zwischen den Kirchenbänken und hoffte und betete, dass dieser Albtraum bald vorübergehen würde und er in seinem Bett schweißgebadet aber unversehrt aufwachte.
»Komm jetzt raus und wir reden nochmal über alles. Ich erteile dir auch die Absolution, hörst du?«
Rauskommen? Warum kommt er nicht einfach rein, dachte Isaac. Weil dieses unheilige Wesen die Kirche nicht betreten kann.
Hier drin, im Hause Gottes, bin ich sicher.
»Pater O´Leary, wieso kommen Sie nicht rein. Ich will ihnen auch alles beichten, aber hier, im Beichtstuhl.«
»Nein, nein, nein, mein Junge.« Es war jetzt wieder der gütige, verständnisvolle O´Leary, der sprach.
Er kann wirklich nicht herein und versucht mich nach draußen zu locken. Deshalb klingt er wieder so freundlich.
Isaac erhob sich, lief zum Brunnen mit dem Weihwasser. Er füllte seinen Flachmann damit und verbarg ihn hinter seinem Rücken.
»In Ordnung, Pater. Ich komme raus«,
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