Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
besser bekannt als Little Joe, gemacht hat ...«
Was war das eben? Hatte der Nachrichtenmensch tatsächlich eben seinen Namen genannt? Joshuas Müdigkeit war mit einem Mal wie weggespült und er starrte auf den Bildschirm. Seine Kinnlade klappte hinunter, als er in das grobkörnige Gesicht des Nachrichtensprechers sah.
»He, Little Joe.« Der Nachrichtensprecher blickte ihn direkt an. »Ja, mein Freund ich bin´s.« Plötzlich verwandelte sich das Gesicht des Moderators in das von Dr. Kramer. Hatte Dr. Kramer damals eine Narbe?
Was machte das für einen Unterschied. Der Doc war tot.
Joshua setzte sich im Bett auf und starrte weiter gebannt auf den Bildschirm.
Kramers Gesicht rückte der Kamera, und damit Joshua, immer näher, Zentimeter um Zentimeter. Bis er dagegen stieß.
Sag deiner Nase Goodbye, dachte Joshua.
Doch statt innezuhalten, drückte der Nachrichtensprecher-Kramer sein Gesicht noch fester gegen die Kameralinse. Ungläubig bestaunte Joshua wie sich die Haut dagegen drückte, sich abflachte und in die Breite wuchs, bis es den gesamten Bildschirm ausfüllte. Und dann mit einem Plopp , als würde eine Kaugummiblase platzen, materialisierte sich der Kramer-Schädel in der Realität von Joshuas Zimmer.
Mann, was für ein geiler 3D-Effekt. Ich sollte wirklich nichts mehr trinken.
Joshua blinzelte, schüttelte den Kopf, um sich der Illusion zu entledigen, wie ein Hund es tat, um Wasser aus seinem nassen Fell zu bekommen, und sah noch einmal hin.
Kramer war immer noch da. Das heißt, sein Schädel. Hier in Joshuas Zimmer. Die Stirn durchzog ein Krater mit dunklen, schwarzen Rändern. Sie sah absolut tödlich aus.
Joshua kniff die Augen zusammen. Soweit er informiert war, führte ein Bauchschuss zu Doc Kramers Ableben.
Grotesk. Er machte sich Gedanken darüber, wie der eindeutig seiner Einbildung entsprungene Nachrichtensprecher-Doc-Kramer gestorben war. Ging es noch verrückter!?
»Na, wie geht´s meinem kleinen Freund? Nimmst du brav deine Tabletten, damit du auch schön wächst?« Die Stimme hatte einen seltsam statischen Unterton, ein Rauschen. Logisch, sie kam ja auch aus dem Fernsehgerät. Und der Empfang war wirklich unter aller Sau. Kein Wunder also, dass sich der Doc so merkwürdig anhörte.
»Dr. Kramer?«
»Psst.« Jetzt flüsterte Dr. Kramer, tauchte mit einem Plopp wieder ins Studio ein, blickte sich dort nach beiden Seiten um, und streckte den Kopf mit einem weiteren Plopp wieder aus dem Bildschirm. »Warte draußen, ich muss mit deiner Mom noch deine Medikation durchgehen. Kannst dir einen Lolly nehmen.«
Der Doc grinste und verdrehte das rechte Auge in der Höhle bis nur noch das Weiße zu sehen war. Sein anderes Auge war milchig grau wie das eines Blinden.
Was Kramer dann tat, erfüllte Joshua mit blankem Entsetzen. Er streckte eine gespaltene Schlangenzunge aus dem Mund und streckte sie ihm entgegen. Das rosa fleischige Ungetüm wurde immer länger, so lang, dass es Joshua beinahe berührte. Instinktiv und voller Ekel drückte er sich in den Polster in seinem Rücken, um zwischen sich und dieser widerlichen Zunge größtmögliche Distanz zu bringen.
Kurz zitterte sie in der Luft, als strengte sie sich an die wenigen verbliebenen Zentimeter zu Joshuas Gesicht auch noch zu überbrücken, dann schnellte sie enttäuscht zurück.
Stattdessen klaffte Doc Kramers Mund unnatürlich weit auf. Die Kiefer knackten und sprangen aus ihren Gelenken. Die Mundöffnung wurde größer. So groß, dass man ohne weiteres zwei Fäuste hindurch stecken konnte. Und diesem grotesk aufgerissenen Maul entrang sich ein Laut, der so unmenschlich klang, dass er nicht aus dieser Welt (noch nicht einmal aus diesem Universum) stammen konnte. Doc Kramer lachte.
Joshuas Ohren schmerzten; fast erwartete er, dass sie zu bluten begannen. Er kniff die Augen fest zusammen und presste die Handflächen dagegen, doch es brachte nichts.
Von einer Sekunde zur anderen war es vorüber. Vorsichtig nahm er die Hände von den Ohren und blinzelte.
Kein Kramer mehr. Auf dem Fernsehschirm verlas der geschniegelte Nachrichtensprecher die Börsenkurse.
Joshua ließ sich auf das Bett fallen, wie jemand der hundert Jahre Schlaf nachzuholen hatte. Sein Brustkorb hob und senkte sich angestrengt. Er grinste, gleichzeitig verängstigt und erleichtert. Nie wieder Cola mit Rum, sagte er sich und schrak im nächsten Moment auf, als er seine Mutter nach ihm rufen hörte.
»Da-da-da-da-da-da ...«
Joshua fuhr erneut in die
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