Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
den Garten und verließ das Grundstück. Sie rannte wie von einer Tarantel gebissen - nur bekleidet mit ihrem schmutzigen Abendkleid und barfuß - die Blueberry Street entlang und sah alle zwei Sekunden über die Schulter. Das Ding folgte ihr nicht, aber Madison würde trotzdem nicht aufhören zu laufen. Solange ihre Beine es zuließen, wollte sie rennen. Egal wohin. Nur weg von dem Ding.
Kapitel 35
Joshua schlich auf Zehenspitzen durch den dunklen Flur, um seine Mutter nicht zu wecken. Sie ließ ihre Zimmertür stets einen Spalt weit offen. Eine Angewohnheit aus Joshuas Kindertagen, in denen er häufiger von Atemproblemen heimgesucht wurde. Manchmal musste er deswegen auch bei ihr im Bett schlafen, aber das hörte zum Glück auf, als er in die Pubertät kam. So blieb es ihm ab da erspart mit einer Morgenlatte neben seiner Mutter aufzuwachen.
Doch jetzt hatte es einen anderen Grund, warum die Tür offen stand. Joshuas Mom hatte vor einigen Jahren einen Schlaganfall erlitten und war auf ihn angewiesen. Jetzt musste er für sie sorgen; das war auch der Grund warum er noch bei ihr wohnte. Das, und weil sie ihn darum gebeten hatte. Sie sei einfach nicht bereit, ihn loszulassen, hatte sie erklärt.
Als Joshua vor einigen Jahren in Erwägung gezogen hatte, sich eine eigene Wohnung zu suchen, fing sie an zu weinen und bettelte ihn förmlich an, zu bleiben. Er könne sie nicht alleine lassen, nach allem was sie für ihn getan hatte. Er fand es ungerecht, dass sie ihm ein schlechtes Gewissen machen wollte.
Doch er ließ sich erweichen und verzichtete ihretwegen auf sein eigenes Leben. Mittlerweile hatte er sich mit seinem Schicksal abgefunden.
Joshua blieb vor der Schlafzimmertür seiner Mutter stehen, spähte in den schwach beleuchteten Raum. Sie lag im Bett und schnarchte. Zum Glück war es nicht dieses Röcheln, sonst müsste er sie wecken und wieder den Schleim absaugen, der sich öfter in ihrer Luftröhre ansammelte.
Der Schlaganfall hatte ihr Sprachzentrum beschädigt, sodass sie sich nur eingeschränkt verständigen konnte: D und A war alles, was sie herausbrachte. Wenn sie ihm etwas erzählen wollte, verzog sie angestrengt das Gesicht, trotzdem kam über ihre Lippen nur da-da-da-da. Joshua zerbrach es das Herz, seine Mutter so zu sehen. von der einst stattlichen Frau war nichts mehr übrig. Manchmal saß sie einfach nur da, wenn er sie an sonnigen Tagen an die Veranda stellte, ihr Blick war leer. Dann sah er sie minutenlang an, wie sie in ihrem Rollstuhl saß, die linke Hand zu einer Klaue gekrümmt, der Mundwinkel verzogen zu einer Fratze. Tränen glitten ihr über die Wange und mischten sich mit dem Sabber, der aus ihrem Mund troff. Es war schlimm zu wissen, dass ihr Verstand nicht in Mitleidenschaft gezogen war. Sie war geistig klar wie eh und je, dazu verdammt ihr restliches Leben im Gefängnis ihres missgestalteten Körpers zu verbringen.
Untertags, wenn Joshua seinem Job nachging, sorgte Mrs. Liberman für seine Mutter. Sie war seit Menschengedenken ihre beste Freundin, doch der Zahn der Zeit nagte auch an ihr. Lange würde sie das nicht mehr machen können und Joshua sich dann eine andere Lösung überlegen müssen.
Er seufzte und ging in sein Zimmer. Die Tür lehnte er an, sodass er hören könnte, wenn seine Ma etwas brauchte.
Joshua schaltete den Fernseher an, drehte die Lautstärke so weit herunter, dass er die Stimme des Nachrichtensprechers gerade noch vernehmen konnte und legte sich ins Bett. Er hatte eindeutig zuviel getrunken, denn der Raum drehte sich.
Solange er aufrecht gestanden war, war es ihm gar nicht so aufgefallen, doch jetzt im Liegen machte sich der Alkohol bemerkbar.
Es liefen die Nachrichten. Wieder gab es Tote durch einen Terroranschlag. In irgendeinem fremden Land. Er dachte nur, dass die Welt vor die Hunde ging.
Bei uns hat sie schon im Sommer 1987 damit angefangen.
Seine Augenlider wurden schwer und die Stimme des sauber gekämmten Nachrichtensprechers rückte in immer weitere Ferne.
»Und nun kommen wir zu den weiteren Nachrichten ... ein Tornado zog über Omaha und verwüstete die Landschaft , es ist damit zu rechnen, dass weitere Wirbelstürme in den nächsten Tagen über den gesamten Bundesstaat ziehen werden ... Eine defekte Gasleitung sorgte in Lexington für eine Explosion ... brannte ein Haus bis auf die Grundmauern nieder ... zwei Menschen starben ... die Unruhen im Nahen Osten nehmen kein Ende ... Wir wissen, was Joshua Dearing,
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