Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
erteilen.«
»Nein, Mrs. Franklin, das muss ich nicht.« Natürlich konnte Isaac den meisten Stimmen im Beichtstuhl Gesichter zuordnen - schließlich lebte er in einer verflucht kleinen Stadt -, aber beim Namen nannte er keinen. Niemals.
»Die Absolution ist kein Freifahrtschein. Sie können sich keine weiße West erkaufen, um sie gleich wieder zu beschmutzen, verstehen Sie das?«
»Aber ... aber ... das ist doch unerhört, um Himmels Willen.« Lilly Franklins Stimme zitterte vor Empörung und Entsetzen. Vermutlich war sie bis zum Kirchturm herauf zu hören.
»Ist Madison bei Ihnen eingetroffen?«
»Ja, aber was hat sie mit der Beichte zu tun«, giftete Lilly Franklin.
Ein beruhigendes Lächeln umspielte Isaacs Lippen. Madison war hier, das war gut. Vielleicht kommen ja die anderen auch, dachte er. Obwohl er sich nicht sicher war, ob es denn tatsächlich gut war, wenn sie sich alle wieder sahen. Es war nur ein Gefühl, aber so bedrohlich wie eine nahende Gewitterfront.
»Ihre Tochter könnte der Grund sein, dass sie nicht mehr um Vergebung beten müssen. Sie sollten endlich beginnen sie zu lieben. Lassen Sie sie in Ihr Herz. Hören Sie ihr zu. Dann hört das Sündigen von ganz alleine auf.«
»Was wird das hier? Das glaub ich ja jetzt nicht.« Lilly Franklins Stimme wurde nun von einem schrillen Unterton getragen.
Sie drückte ihr Gesicht gegen das Trenngitter des Beichtstuhls, sodass Isaac den Geruch von billigem Fusel wahrnehmen konnte.
»Ich liebe meine Tochter, Isaac. Ich meine, Pater Bennett.«
Für Lilly Franklin und die meisten anderen Bewohner von Flagstaff, die Isaac schon als kleinen Jungen gekannt hatten, war es ungewohnt, ihn mit Pater anzusprechen.
»Wann haben Sie es Madison jemals gesagt? Wann haben Sie ihr jemals gesagt: Ich liebe dich?«
Isaac hatte als Kind natürlich die Eskapaden der Bennetts mitbekommen. Er hatte die Gerüchte niemals geglaubt, nach denen Lilly Franklin ziemlich … umtriebig sein sollte. Aber nach seiner Amtsübernahme, als er ihr das erste Mal die Beichte abnahm, bestätigten sich die Gerüchte.
Isaac hatte Madison in dieser Beziehung immer bedauert. Sie war so ein hübsches, kluges Mädchen. Sie war seine Freundin. Sie hatte eine liebende Mutter verdient, verdammt noch mal!
Isaacs Mutter war zwar streng konservativ, verbot ihm vieles, aber sie liebte ihn, und sagte es auch. Auch heute noch. Und das war richtig und gut.
Gott weiß, dass Madison Liebe verdiente. Jedes Kind verdiente die Liebe seiner Mutter.
»Sie haben nicht das Recht, mir zu sagen, wie ich leben soll.«
»Und ob ich das Recht habe. Sie verlangen Vergebung, sind aber nicht bereit etwas dafür zu tun. So funktioniert das nicht.« Er atmete tief durch, doch die aufkeimende Wut bahnte sich ihren Weg. »Hören Sie bei Gott noch mal auf, so verantwortungslos zu sein. Kriegen Sie ihr Leben endlich auf die Reihe!« Isaac wusste, dass er zu weit ging und aufhören sollte.
Es war sein erster verbaler Entgleiser, seit er diese Lausebengeln vor drei Jahren aus der Kirche geworfen hatte, weil sie Feuerwerkskörper zünden wollten. Damals hatte er sie an den Ohren gepackt und regelrecht aus der Kirche geschleift. Ihr Vater, Caleb Zubarsky, der jüngere Bruder des furzenden Schulhofschlägers Nick, kam kurze Zeit später wieder mit einem Baseballschläger in der Hand zurück und drohte Isaac, sollte er noch einmal Hand an seine Jungs legen, würde er ihm seinen gottverdammten Schädel spalten. Isaac nannte ihn einen Hurensohn und meinte, er solle sich zum Teufel scheren. Und als ob das nicht schon genug gewesen wäre, rief ihm Isaac nach, dass, wenn er noch einmal wagen sollte, ihm zu drohen, er zu Gott beten und ihn bitten würde, einen Blitz zu senden, der Caleb Zubarsky beim Scheißen treffen solle. So sorgte Pater Isaac Bennett für wochenlangen Gesprächsstoff in Flagstaff.
Grundgütiger, auch wenn er nach Calcutta fahren und die Nachfolge von Mutter Teresa antreten würde, könnte das seine verfluchte Seele nicht vor dem Satan retten. Also war die kleine Auseinandersetzung am heutigen Tage nur eine weitere Station auf dem Weg ins Fegefeuer. Er wusste, er handelte nach Gottes Geboten, aber nicht in seinem Sinne. Gott war verständnisvoll, geduldig, gütig. Er donnerte nicht mit hasstriefenden Worten um sich. Sein Kampfinstrument war die Liebe für alle Menschen, gute wie schlechte.
Doch all das vergaß er in diesem Moment. Er hatte recht, verdammt. Er wollte auf den Putz hauen. Dieser
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