Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
weggezogen war. Als er sie verlassen hatte. Es war 1991 gewesen, glaubte sie zumindest. Genau wusste sie es nicht mehr.
Sie konnte sich nur erinnern, dass Sammy ihr erzählt hatte, dass sein Dad befördert worden war. Dazu müsse er jedoch nach Boston ziehen. Und er selbst auch.
Sie fragte, ob man denn nichts dagegen machen könne. Sam schüttelte nur den Kopf. Sein Vater hatte sich schon entschieden. Widerstand war zwecklos. Hatte sich Sams Vater etwas in den Kopf gesetzt, so geschah es auch.
Madison war sechzehn oder siebzehn, als sie wie heute auf der Veranda saß und auf das Unausweichliche wartete. Noch am Abend zuvor hatte sie mit Sammy geschlafen. Es war ihrer beider erstes Mal gewesen und es war wunderschön. Und nun sollte er aus ihrem Leben verschwinden.
Sam kam zu ihr, umarmte sie, küsste sie, schwor ihr ewige Liebe und Treue - und verschwand dann für immer. Es war das letzte Mal, dass Madison Sam gesehen hatte.
Madison bemerkte, dass bei dieser Erinnerung in ihr Gefühle hochkamen, die voll von Trauer waren. Trotzdem hoffte sie, dass Samuel Coleman heute Abend beim Klassentreffen war.
»Möchtest du etwas essen? Ich habe noch ein paar Tortellini von gestern übrig.« Ihre Mutter stand neben ihr und wirkte im Schein der Sonne wie eine lebende Leiche. Bleich, ausgezehrt, die blauen feinen Adern unter der dünnen knittrigen Haut klar erkennbar.
»Nein, Mom. Ich möchte einfach nur allein sein.«
»Gut, wie du meinst. Ich muss nur noch ein paar Sachen erledigen, ich bin bald zurück. Ich würde dich gerne noch sehen, bevor du auf euer Klassentreffen gehst, einverstanden? Vielleicht können wir uns ja noch ein bisschen unterhalten.«
Madison achtete nicht weiter auf ihre Mutter. Es interessierte sie nicht im Geringsten, was sie zu sagen hatte.
Ohne eine Antwort zu erhalten, ging Lilly Franklin. Vermutlich verschwindet sie zu dem fetten Carl um in Ruhe zu Ende vögeln zu können.
Madison nippte an ihrem Eistee, betrachtete de Himmel und dachte darüber nach, wie der Abend wohl verlaufen würde.
Ihre Gedanken kreisten um ihren Dad, um ihre Mutter (wenn auch weniger intensiv), um Sam und ihre Freunde, um ihr Leben und den Tod.
Und sie ahnte nicht, wie nah der Tod Flagstaff bereits gekommen war.
Kapitel 18
Die Beichte von Pater Isaac Bennett
Das goldene Kreuz am Dach der St. Patricks Church von Flagstaff strahlte wie das Auge Gottes im Schein der Sonne. Während draußen die sommerliche Hitze bereits Einzug gehalten hatte, war es in der Kirche selbst wie immer kühl. In dem Gotteshaus wurde gerade die Beichte abgenommen. Die Stimme der Sünderin hallte unverständlich durch die alten Gemäuer. Ein tiefes Brummen, das sich an jedem Winkel brach. Nur der Priester in der Beichtkanzel konnte ihre Beteuerungen verstehen. Er, die stummen Marmorheiligen und der liebe Gott.
»Pater, ich habe wieder gesündigt. Ich bin lasterhaft. Wieder ist ein Mann in mein Leben getreten, ohne Liebe zu geben. Ich kann nicht genug von der Fleischeslust kriegen. Was soll ich bloß tun?«
Pater Isaac Bennett brauchte nicht lange zu überlegen, wer die Frau, nur schemenhaft sichtbar auf der anderen Seite des Beichtstuhls, war.
Lilly Franklin kam seit Jahren einmal in der Woche zu ihm und beichtete ihm, dass sie sich wieder hat durchvögeln lassen. Der Alkohol trug stets Schuld daran.
Jedesmal wenn sie zur Beichte kam und Isaac der Mutter seiner ehemaligen Freundin die Absolution für ihre Sünden erteilte, sah die Frau ihr Sündenkonto getilgt, und war der Meinung es wieder aufs Neue belasten zu können. Wie ein Vermerk in einer Jugendstrafakte, der nach Erreichen der Volljährigkeit gelöscht wurde.
Jede Woche dasselbe Theater. Lilly Franklin gelobte Besserung, vergaß das Versprechen aber gleich wieder, kaum dass sie das Gotteshaus verlassen hatte.
Wäre es nach Pater Bennett gegangen, hätte er sie in die Hölle verbannt. Aber das stand nun mal nicht in seiner Macht. Die Beichte zählte schließlich nur, wenn sie auch ernst gemeint war. Sie war keine Generalamnestie für Wiederholungstäter wie Lilly Franklin.
Aber Gott liebt alle Menschen, dachte er. Die Frommen wie die Sünder. Und er verzeiht alles.
Die Sache war nur, manchmal verstand er Gottes Wege einfach nicht. Wie konnte Gott nur Seine Hoffnung in jemanden setzen, der Seine Gebote mit Füßen trat, immerzu, immer aufs Neue?
Isaacs Leben war nicht unbedingt so verlaufen, wie er es sich vorgestellt hatte. Anstatt weiter
Weitere Kostenlose Bücher