Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
stadtbekannten Hure die Meinung sagen. Wer weiß, womöglich besann sie sich sogar seiner Worte und änderte sich.
»Sie sollten sich schämen, Mrs. Franklin«, fuhr Isaac fort. »Wann waren Sie das letzte Mal am Grab Ihres Mannes?«
Isaac wusste, dass sie noch nie am Friedhof gewesen war. Und er genoss es geradezu ihr das unter die Nase zu reiben.
Der Friedhof lag gleich neben der Kirche, genauso wie das Pfarrhaus, das Isaac als Unterkunft diente. Wäre sie dort einmal aufgekreuzt, hätte Eric Turner, ehemaliges Mitglied der Barry-Barnes-Schlägertruppe und jetziger Friedhofsgärtner ihn bestimmt darüber unterrichtet.
Die Schnapsdrossel Turner suchte stets das Gespräch mit Isaac. Zum einen, weil er sonst niemanden hatte und zum anderen, weil er sich endlich Vergebung erhoffte. Für die Dinge die damals geschehen waren. Im Sommer 1987.
Isaac nahm sie ihm nicht ab. Er wusste, was geschehen war, und es war unverzeihbar. Sie waren beide verdammt. Turners Seele war mindestens genauso schwarz und dreckig wie seine eigene.
»Ich war ... verdammt, lassen Sie Peter aus dem Spiel. Das geht Sie verflucht nochmal nichts an. Lassen Sie die Toten ruhen.«
Lassen Sie die Toten ruhen. Dieser Satz brannte sich in Isaac Bennetts Gehirn und traf ihn wie ein Hammerschlag. Leider blieb die alles auslöschende Ohnmacht aus.
»Machen Sie doch was Sie wollen, Mrs. Franklin«, sagte Isaac belanglos. Er war das Streiten plötzlich leid. Dieser Frau war nicht zu helfen. Arme Madison.
Lassen Sie die Toten ruhen.
»Das glaub ich ja nicht. So etwas ist mir noch nie untergekommen. Zur Hölle mit Ihnen, Pater«, zischte Lilly Franklin und stürmte aus dem Beichtstuhl. Im nächsten Moment knarrte die Holztür der Kirche und schlug gleich darauf mit lautem Krach kräftig zu. Lilly Franklin war weg.
»Da sehen wir uns ganz bestimmt wieder, Mrs. Franklin«, sagte Isaac leise in die Dunkelheit des Beichtstuhls hinein. Nur die Schatten hörten ihn.
Isaac verließ den Beichtstuhl, schritt nach vor zum Altar, kniete nieder, bekreuzigte sich und flüsterte: »Vergib mir, o Herr. Für alles was ich getan habe. Du weißt am besten, dass ich die Hölle verdient habe.« Jesus blickte wortlos von seinem Kreuz herab.
Isaac senkte sein Haupt voller Demut, ließ den steinernen Blick auf sich wirken und erhob sich. Langsam ging er in die Sakristei, öffnete den kleinen Schrank aus Zedernholz und holte eine staubige Flasche Whiskey hervor.
Isaac war zwar niemals ein Trinker gewesen, aber manchmal linderte der Alkohol seinen Kummer, betäubte die Schmerzen. Nicht die physischen, solche hatte er nicht, es waren seelische Qualen, die ihn seit Jahren heimsuchten. Und sie loderten wie das Höllenfeuer. Die Flammenzungen krochen auf ihn zu, schlängelten sich um seine Beine, windeten sich daran empor. Es würde nicht lange dauern, da würde ihn das Feuer vollends einhüllen und verbrennen. Er würde zur Hölle fahren. Er und seine Freunde und Barry, Nick und Eric. Dort würden sie die Geschöpfte des Teufels bis in alle Ewigkeit für ihre Sünden bezahlen lassen. Und das war mehr als gerecht.
»Pater Bennett. Pater Bennett?«, ertönte es hallend aus der Kirche.
»Der Höllenhund«, sagte Isaac leise lächelnd und nahm einen kräftigen Schluck aus der Flasche. Der Bourbon brannte in seiner Kehle.
»Ah, hier sind Sie, Pater.« Eric Turner stand in der Tür der Sakristei. Sein aufgedunsenes Gesicht war übersät mit roten Flecken. Er bekam sie stets, wenn ihn etwas furchtbar aufregte. Sein Gewand war staubig und von braunen Flecken durchsetzt, weil er gerade ein Grab ausgehoben hatte.
»Eric, ich habe dir schon tausend Mal gesagt, dass, wenn wir alleine sind, du mich Isaac nennen kannst. Ich komme mir sonst dämlich vor. Du hast mich immerhin vermöbelt als wir noch Kinder waren, falls du das vergessen hast. Es besteht also kein Grund für Förmlichkeiten. Wir sind ja sozusagen alte Freunde.«
Eric senkte beschämt den Kopf.
Es war in der fünften Klasse gewesen. Eric Turner musste als Aufnahmeritus in Barry Barnes Schlägertruppe ein jüngeres Kind verprügeln. Dummerweise kreuzten sich ihre und Isaacs Wege, als er vom Gottesdienst nach Hause wollte.
»Das ist lange her, Pater Bennett, ich meine, Isaac. Sie sind ... du bist jetzt mein Boss.«
»Der da draußen ist der Boss«, sagte Isaac und deutet mit der Hand Richtung Altar. Er nahm noch einen Schluck. »Also was gibt es denn so Dringendes, dass du brüllst wie ein Berserker?«
»Mrs. Franklin
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