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DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters

DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters

Titel: DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.L. LaFevers
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Ihr es erzählen können, der die Mittel und die Macht gehabt hätte, ihm in den Arm zu fallen? Seinen Soldaten, die geschworen hatten, ihm zu dienen? Seinen Vasallen oder Gefolgsleuten, die ähnliche Eide geleistet hatten? Niemand hätte einen gefährlichen, machtvollen Grafen wie d’Albret auf das Wort eines bloßen Kindes hin aufhalten können.«
    »Aber …«
    »All das, was Ihr getan – oder nicht getan – habt, war eine Frage des Überlebens. Hättet Ihr es jemandem erzählt, dann hättet Ihr nur offenbart, dass Ihr das volle Ausmaß dessen gekannt habt, was in d’Albrets Haushalt vorging, und Ihr hättet Euch noch mehr in Gefahr gebracht.«
    »Es ist nicht nur das«, sage ich. »Ich war unfreundlich und habe gelacht, wenn meine Brüder Alyse geneckt oder ihr grausame Streiche gespielt haben. Ich lachte genauso laut wie sie.«
    Die Bestie beißt die Zähne zusammen, und es ist klar, dass es mir endlich gelungen ist, ihn das Ausmaß meiner Grausamkeit sehen zu lassen.
    »Und was wäre passiert, wenn Ihr nicht gelacht hättet?«
    »Alyse hätte eine wahre Freundin gehabt, jemanden, der zu ihr gestanden hätte, statt jemanden, der bei der leisesten Bedrohung davongelaufen ist.«
    Er beugt sich zu mir vor und kommt meinem Gesicht so nah, wie er kann. »Wenn Ihr nicht über die Grausamkeiten gelacht hättet, wäret Ihr zur nächsten Zielscheibe geworden.« Er hebt eine Hand und bremst meinen Wortschwall. »Vergesst nicht, ich habe Euch träumen sehen und weiß, wie viel Düsteres Euch verfolgt. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass nur herzlich wenig davon Eure eigene Düsternis ist. Ich sage es noch einmal, all das, was Ihr getan – oder nicht getan – habt, war eine Frage des Überlebens.«
    Wir sehen einander für einen langen, heißen Moment an, dann lodert mein Temperament auf. »Warum seid Ihr nicht klug genug zu sehen, dass ich solche Vergebung nicht verdiene?«
    Er lacht – ein harsches, freudloses Geräusch. »Der Gott, dem ich diene, ist beinahe so dunkel wie Eurer, gnädiges Fräulein. Ich habe kein Recht, ein Urteil über irgendjemanden zu fällen.«
    Als ich in seine Augen schaue, sehe ich das schwache Echo der Gräuel der Kampfeslust, die er erlitten hat, und Verständnis dämmert mir. Er weiß wahrhaftig etwas über die Dunkelheit, mit der ich kämpfe.
    Wir sitzen für eine Weile da und die Nacht senkt sich herab. Sein Gesicht zeigt größtenteils dunkle Kanten und Flächen, nur noch von dem schwachen Nachglühen des Feuers beleuchtet. »Ich bitte Euch, mir zu erzählen, wie meine Schwester gestorben ist«, sagt er endlich.
    Obwohl er jedes Recht hat, dies zu wissen, beginnt mein Herz zu rasen, und es fühlt sich so an, als hätte sich eine schwere Hand auf meine Brust gelegt. Aber bei Mortain, es ist das Mindeste, was ich ihm schuldig bin. Ich schließe die Augen und versuche, nach der Erinnerung zu greifen, aber es ist, als versperre mir eine dicke Tür den Zutritt, und als ich mich mühe, sie zu öffnen, schießt Schmerz durch meine Stirn, und mein Herz schlägt so hektisch, dass ich fürchte, es wird meinen Brustkorb zerschmettern.
    Ich erinnere mich an das Schreien. Und das Blut.
    Und dann ist da nichts als eine schwarze, klaffende Grube, die droht, mich im Ganzen zu verschlucken.
    »Ich kann nicht«, flüstere ich.
    Etwas in seinem Gesicht verändert sich und seine Enttäuschung ist beinahe mit Händen zu greifen. »Nein, nein«, beeile ich mich zu erklären. »Ich weigere mich nicht oder ziere mich. Ich kann mich ehrlich nicht erinnern. Nicht ganz. Da sind nur Einzelteile, und wenn ich zu sehr versuche, die Erinnerung zu erzwingen, kommt nur Schwärze.«
    »Gibt es irgendetwas, woran Ihr Euch erinnern könnt?«
    »Ich erinnere mich an Schreie. Und Blut. Und jemanden, der mich schlägt. Das war der Moment, in dem ich begriff, dass die Schreie meine waren.« Die riesige Hand auf meiner Brust presst mir alle Luft aus den Lungen. Schwarze Punkte beginnen vor meinen Augen zu tanzen. »Und das ist alles.«
    Er schaut mich einen langen Moment an, und ich würde Jahre meines Lebens geben, um in der Lage zu sein, sein Gesicht deutlich zu sehen, um zu wissen, was er denkt. Durch die Dunkelheit ergreift er mit seiner großen, warmen Hand zärtlich die meine, und ich will weinen, weil so viel Verständnis in seiner Berührung liegt.
    Die Straße nach Morlaix bringt uns unbehaglich nah an den Sitz meiner Familie. Er liegt nur wenige Stundenritte in nördlicher Richtung, und allein das Wissen, wie

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