DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters
sind fort.
Es fühlt sich an, als hätte ein Ungeheuer soeben meinen Brustkorb aufgerissen und das Herz herausgeholt, sodass er leer und hohl zurückgeblieben ist.
»Demoiselle?« Die Stimme scheint aus weiter Ferne zu kommen, und ich kann sie kaum hören, während der zittrige Schmerz wie Quecksilber durch mich hindurchfließt und in meinen Ohren tost.
Ich muss sie zurückholen.
Ohne weiter als bis zu diesem Punkt zu denken, drehe ich mich zu den Pferden um. Eine große Hand schließt sich um meinen Arm und hält mich fest.
Ich wirble herum und greife nach meinem Messer. »Lasst los.«
De Waroch ignoriert mein Messer und zieht mich heran, wie einen Fisch, den er gefangen hat, bis ich direkt vor seiner gepanzerten Brust stehe. »Sie sind seit vielen Tagen fort«, murmelt er leise. »Wir können sie selbst auf der offenen Straße nicht einholen.«
Ich verberge das Messer in den Falten meines Gewandes und schaue zu dem Haushofmeister auf. »Wie lange ist es her, dass mein Vater mit meinen Schwestern abgereist ist?«
»Das war vor drei Tagen, gnädiges Fräulein. Aber es war nicht Euer Vater – es war der junge Herr Julian.«
Dieser zweite Schock bringt mich zum Schwanken und ich stolpere ein oder zwei Schritte rückwärts. »Julian?«
»Jawohl, gnädiges Fräulein. Er und achtzig von den Männern ihres Vaters.«
Panik wühlt sich in meine Eingeweide wie eine kalte Faust. Mein Vater könnte meine Schwestern aus allen möglichen Gründen fortgeholt haben, aber Julian? Es gibt nur einen einzigen Grund, warum er das tun würde, und der besteht darin, dass er sie als Köder benutzen will, um mich in eine Falle zu locken. Er weiß besser als jeder andere um die Liebe, die ich für Charlotte und Louise empfinde.
Oder könnte er sie einfach auf Befehl unseres Vaters fortgeholt haben? Wie zur Antwort auf meine Frage sagt der Haushofmeister: »Der junge Herr hat mich darum gebeten, Euch etwas zu geben, solltet Ihr hier auftauchen.«
Ich mache einen Schritt auf den Mann zu. »Was? Wo ist es?«
Er schickt einen Pagen aus, der eine Schatulle aus seinen Räumen holen soll, und ich gehe ungeduldig auf und ab, während ich warte. Ich will den Stallburschen befehlen, frische Pferde zu satteln, aber die Bestie hält mich auf. »Nein«, sagt er mit leiser Stimme. »Wir können nicht sofort aufbrechen. Ihr braucht Ruhe und Zeit, um Euch zu fassen. Ihr könnt nicht durch die Landschaft preschen wie ein verirrter Pfeil.«
Und obwohl die Bestie nur das ausgesprochen hat, wovon ich tief in meinem Inneren weiß, dass es die Wahrheit ist, stürze ich mich auf ihn. »Wie? Wie kann ich mich ausruhen, während sie in Gefahr sind?« Das Mitgefühl in seinen Augen ist wie ein weiterer Schlag, denn natürlich kennt er dieses Unglück aus erster Hand. Es ist genau das, was er empfunden hat, als Alyse davonging, um d’Albret zu heiraten.
Und jetzt wird er es ein zweites Mal ertragen müssen.
Ich presse die Handballen in die Augen, will weinen, will, dass der beinah überwältigende Schmerz einen Weg hinaus findet.
Aber das passiert nicht.
Wie kann ich es ihm jetzt noch sagen? Das letzte Geheimnis zwischen uns, das ich wie ein Geschenk vor ihm ausbreiten wollte. Aber das geht nun nicht mehr. Jetzt kann ich ihm nur Verzweiflung darbringen.
Die Bestie ignoriert meine Versuche, Abstand zwischen uns zu legen, und zieht mich wieder an sich. »Sie sind nicht in Gefahr, während sie reisen, nicht mit einer so großen Eskorte«, beginnt er. »Noch sind sie meiner Einschätzung nach nicht in irgendeiner echten Gefahr – sie werden lediglich als Mittel benutzt, um Euch zu zwingen, an die Seite Eures Vaters zurückzukehren. Wir haben unsere Pferde beinahe zuschanden geritten, um hierherzukommen, und Ihr selbst könnt Euch kaum mehr auf den Beinen halten. Außerdem werden wir irgendeine Art von Plan brauchen.«
Die Rückkehr des Haushofmeisters erspart es mir, mit ihm zu streiten. Der Mann trägt eine kleine, hölzerne Schachtel, geschnitzt aus glänzendem Ebenholz und eingelegt mit Elfenbein. Er überreicht sie mir mit einer kleinen Verbeugung, und ich stelle fest, dass ich Angst davor habe, sie zu öffnen. Ich hole tief Luft, dann hebe ich den Deckel an.
Zwei Haarlocken liegen auf dem roten Samtfutter. Eine ist goldbraun wie das Haar meiner Schwester Louise und die andere von der viel dunkleren Farbe von Charlottes Haar. Sie sind verflochten mit einer dritten Locke – dem glänzenden Schwarz von Julians eigenem Haar.
Ich lasse den
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