DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters
hämmern, und mein Atem geht schneller, als hätte ich gerade ein gewaltiges Rennen bestritten. Die Bestie sieht mich fragend an. »Dort«, sage ich und deute auf das große Mausoleum im hinteren Teil.
Es ist ein grimmiger und Furcht einflößender Ort, nicht dazu bestimmt, Trost zu bringen, sondern alle Dämonen von Hölle und Verdammnis zu beschwören; denn d’Albret ist davon überzeugt, dass seine Ehefrauen genau das verdienen, weil sie es in irgendeiner Weise nicht vermocht haben, ihm zu gefallen.
Das Gebäude ist aus grauem Marmor und Teufel und Fratzen schmücken seine Wände. Auf dem Türsturz tummeln sich gräuliche Wasserspeier aus dunklerem Stein.
»Hier sieht es aus wie in der Hölle selbst«, murmelt die Bestie.
»Dahinter steckt Absicht.« Druck baut sich hinter meiner Stirn auf, als ich mich vorbeuge, um den Schlüssel in das rostige Schloss zu schieben. Ich bin erfüllt von einem heftigen Drang wegzulaufen, dränge jedoch mein Entsetzen mit Macht zurück und drehe den Schlüssel. Das Schloss geht auf. Mit zusammengebissenen Zähnen hebe ich den Riegel an und lege die Schulter an die Tür.
Sie schwingt problemlos auf. Und dann sind die Geister da; kalt und leblos wabern sie um mich herum – ihr Gewisper ist nicht mehr zusammenhängend, aber ich kenne ihre Anklagen auswendig. Dort ist seine erste Frau, Jeanne, diejenige, die auf die Idee gekommen ist, zu ihrem Bruder zu fliehen und dort Sicherheit zu suchen, und die stattdessen Tod über sie alle gebracht hat. Die Nächste war Françoise, die Mutter von Julian, Pierre und Gabriel, die starb, während sie allein einen Ausritt mit d’Albret machte. Ein Sturz von ihrem Pferd brach ihr das Genick, sagen einige, aber nur wenige glauben es.
Meine eigene Mutter, Iselle, deren einziges Verbrechen es war, dass sie ihm zwei Töchter hintereinander gebar. Das erste Kind hatte Glück, dass es eine Totgeburt war. Dann die nächste Ehefrau, Jehanne, die es wagte, sich einen Liebhaber zu nehmen, und dann Blanche, deren Leib anschwoll, als sollte sie ein Kind bekommen – nur dass es am Ende kein Baby war, sondern ein Tumor. Sobald sie außerstande war, Kinder zu gebären, hatte d’Albret keine weitere Verwendung für sie. Und danach Alyse.
Einer der Geister ignoriert mich und schwebt zu de Waroch, umkreist ihn.
»Was ist das?«, fragt er, als ein Schauder seinen gewaltigen Körper erbeben lässt.
»Alyse«, antworte ich ihm. »Es ist der Geist Eurer Schwester. Hier.« Ich zeige auf einen schmalen, weißen Marmorsarg. »Dies ist ihre Gruft.«
De Waroch greift nach meiner Hand. Trotz seiner Fülle, trotz all des Mutes, von dem ich weiß, dass er ihn besitzt, wirkt er quälend verletzbar.
Ich nehme seine dargebotene Hand; ich kann nicht anders.
Ich weiß, ich sollte den Blick abwenden, sollte ihn ungestört trauern lassen, aber ich kann nicht. Das süße Mädchen, das ich nur kurz gekannt habe, ist der Schlüssel zu dieser sanften Bestie, die mein Herz erobert hat. Andererseits hätte es einen Beigeschmack von Feigheit, wenn ich meinen Blick abwenden würde, denn ich muss zu dem Elend stehen, das meine Familie über sie gebracht hat.
Als er neben dem Sarg steht, lässt er meine Hand los, senkt seinen gewaltigen Kopf und schließt die Augen. Ein Krampf der Trauer verzerrt seine Züge und er ballt die Hände zu Fäusten. Ich kann das Aufwallen des Zorns in seinen Adern spüren. Er lässt sich auf die Knie fallen, und ich kann nicht anders, ich gehe zu ihm, aber zaghaft, voller Angst, dass er mich zurückweisen wird nach allem, was meine Familie seiner angetan hat.
Aber er tut es nicht. Er ergreift meine Hand und zieht mich an sich, bis sein Kopf an meinem Bauch ruht. So verharren wir eine lange Zeit. Wie lange, weiß ich nicht. Aber lang genug, dass sein Herz sich beruhigt zu einem langsamen, stetigen Rhythmus, wie eine Trommel auf einer Beerdigung. Als er sich schließlich von mir löst, sehe ich, dass er ein gewisses Maß an Frieden gefunden hat. Aber trotzdem verringert sich die Panik, die mich ergriffen hat, kein bisschen.
Endlich steht er auf und klopft sich den Schmutz von den Knien. Dann beugt er sich vor und sein Blick fällt auf das winzige Grab rechts neben Alyses. Er dreht sich mit einem erschütterten Gesichtsausdruck zu mir um. »Hatte Alyse ein zweites Kind?«
Langsam, während jeder Muskel in meinem Körper mir zuschreit, ich solle aufhören, zwinge ich mich, meinen Blick auf das kleine Grab zu richten. Mein Herz schlägt so schnell, dass
Weitere Kostenlose Bücher