DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters
ich fürchte, es wird mir aus der Brust springen. Grimmig verschlossene Erinnerungen strömen aus den Tiefen meines Wesens herauf. Wie Wasser durch einen gebrochenen Damm tosen sie in meinen Ohren, während ich den in den Stein gravierten Namen lese. »Nein«, sage ich mit einer Stimme, die ich kaum als die meine erkenne. »Dieses Kind ist meins.«
Fünfundvierzig
I CH ERINNERE MICH AN das Schreien …
Es war, als hätte jemand den Mund geöffnet und als käme alle Pein der Hölle herausgeflossen. Erst als mein Vater mir ins Gesicht schlug , hörte das Geräusch auf, und ich begriff, dass ich es war.
Und Blut. Ich erinnere mich an das Blut. Es war, als sei das Bett in eine breite Schneise aus dunklem Rot getaucht worden.
Das war lange Zeit alles, woran ich mich erinnern konnte, was diesen Tag betraf. Aber jetzt kommt alles wieder über mich, eine große, schwarze Flut der Verzweiflung und des Herzeleids.
Mein Baby. Das Kind meines Schoßes. Ich habe nur wenige Erinnerungen an sie, aber auch sie sind hinter dieser Tür weggesperrt gewesen.
»Sie hat aufgehört zu weinen, sobald sie sie mir in die Arme legten. Ich erinnere mich an ihre winzigen Hände, die noch winzigeren Fingernägel, als sie meinen Daumen in einem überraschend starken Griff umfasste.« Ihre Lippen waren wie Rosenknospen und suchten begierig, die Wärme der Muttermilch in ihren winzigen Körper zu saugen.
Wir hatten nur eine Handvoll Momente zusammen, mein Baby und ich.
»Ich weiß nicht, wie – durch irgendeine überirdische Macht? –, jedenfalls hörte d’Albret ihren Geburtsschrei und kam an meine Zimmertür. Ich schaute zu seiner mächtigen Gestalt empor und zu seinem struppigen schwarzen Bart und wusste, dass ich, wenn er mich dieses Baby behalten ließe, alles tun würde, was er von mir verlangte. Aber noch während ich den Mund öffnete, um ihm das zu sagen, um meine vollständige und bedingungslose Kapitulation zu erklären, riss er mir das Baby von der Brust.
Sie war so klein, er konnte ihren Kopf mit einer Hand umfassen, und es machte mir schreckliche Angst, wie unvorsichtig er sie hielt, aber ich sagte nichts, aus Furcht davor, ihn gegen mich aufzubringen. Er trug sie ans Fenster, wo er ihre kleinen, zierlichen Züge im Licht betrachtete. Ich hielt den Atem an und hoffte, dass ihr vollkommener Rosenknospenmund ihn verzaubern würde, ihre winzige kleine Nase und ihre dunkelblauen Augen, so wie sie mich verzaubert hatten.
Er hob den Blick von dem Baby und richtete ihn auf mich. ›Ich hatte gehofft, der Welpe wäre Julians.‹
In diesem Moment sah ich, was er vorhatte. Ich mühte mich, aus dem Bett zu kommen. ›Haltet ihn auf!‹, rief ich, aber natürlich hätte keiner der Diener es gewagt, ihm in die Quere zu kommen.« Ich schaue in das erschütterte Gesicht der Bestie auf. »Nur Alyse. Sie war die Einzige, die etwas unternahm, um mein Baby zu retten. Sie warf sich auf ihn, versuchte, ihm das Baby aus den Händen zu ringen, aber er schlug sie zu Boden, und sie schlug mit dem Kopf auf das Bein eines schweren Holzstuhls. Ich habe erst Tage später erfahren, dass sie an diesem Schlag gestorben ist.
Dann legte er seine dicken Finger um den zarten Hals meines Babys und brach ihn. Als er fertig war, warf er das Baby zu Boden und verließ den Raum.«
Das war der Moment, in dem das Schreien begann. Und das Blut, obwohl ich erst später erfahren habe, dass es mein eigenes von der Geburt war.
»Danach erinnere ich mich nur an sehr wenig. Starke, sanfte Hände, die mich zurück aufs Bett drückten. Ein süßer, bitterer Sirup, der mir in die Kehle gelöffelt wurde. Und dann Dunkelheit. Gesegnete, gesegnete Dunkelheit. Ohne einen Tropfen dunklen Rots in Sicht.
Anschließend habe ich erfahren, dass mein Vater zwei Tage später davongeritten ist. Das ist es, was mir höchstwahrscheinlich das Leben gerettet hat, denn die alte Kinderfrau hätte niemals solche Risiken auf sich genommen, wäre mein Vater in der Nähe gewesen. Aber er ließ mich in der Obhut der gleichgültigen Madame Dinan zurück, und sie machte sich keine Gedanken darüber, ob ich mich aus dem Bett erhob oder einen Bissen aß. Aber die alte Kinderfrau machte sich Sorgen. Sie schnalzte mit der Zunge und setzte mir zu, pikste und schalt mich und gab sich solche Mühe, mich in das Land der Lebenden zurückzulocken, dass ich dachte, ich würde davon verrückt werden.«
Vielleicht bin ich es geworden.
»War es Wahnsinn, der mich dazu trieb, eines Nachts in den Stall zu
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