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DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters

DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters

Titel: DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.L. LaFevers
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um dich sicher in diese Welt zu geleiten und auch um deine Mutter fortzubringen, wie ich es versprochen hatte.«
    »Also habt Ihr mich nicht zurückgewiesen?«
    Seine Stimme erfüllt meinen Kopf wie das Rascheln sterbender Blätter. »Niemals.«
    »Aber ich habe mich gegen Euch versündigt und allein aus meinem Willen heraus gehandelt, statt aus Eurem. Verdiene ich nicht Eure Vergeltung?«
    »Nein, denn du bist meine Tochter, und ich würde dich ebenso wenig dafür bestrafen, dass du Blumen aus meinem Garten gepflückt hast, wie ich dich dafür bestrafen würde, dass du atmest. Außerdem hatten die Männer, die du getötet hast, ihren Tod verdient. Wenn sie es nicht verdient hätten, wäre das Messer fehlgegangen, der Bolzen hätte sein Ziel nicht getroffen, oder der Becher, der mit Gift gefüllt war, wäre unberührt geblieben.«
    »Sind die Male nicht ein Aufruf für uns zu handeln?«
    Ich begreife, dass ich Ihn weniger höre als in meinem Geist spüre, als entfalte Er einen großen Wandteppich vor mir und erfülle mich mit Verständnis.
    »Wenn der Tod eines Menschen näher kommt, reift seine Seele und bereitet sich darauf vor, gepflückt zu werden. Diese Reifung können einige sehen. Während Seelen reifen, beginnen sie sich von ihren Körpern zu lösen, gerade so, wie Früchte sich bereit machen, den Ast zu verlassen. Aber selbst die gleichen Früchte am gleichen Baum fallen zu verschiedenen Zeiten – gelegentlich trotzen sie allen Regeln und klammern sich den ganzen Winter hindurch an den Baum.«
    Und geradeso wie jemand, der in den Obstgärten arbeitet, kontrolliert Er nicht alles. Weder den Wind noch den Regen noch die Sonne. Und geradeso, wie diese Elemente die Frucht am Baum formen, formen viele Faktoren das Leben eines Mannes und daher seinen Tod.
    Dann legt Er Seine kalte Hand auf meinen Kopf, und Seine Gnade und Sein Verständnis erfüllen mich und brennen alle Überreste von d’Albrets böser Dunkelheit weg, die meine Seele beschweren, bis die einzige Dunkelheit, die übrig ist, die Dunkelheit der Schönheit ist. Die Dunkelheit des Mysteriums und der Fragen und des endlosen, mächtigen Himmels und der tiefen Höhlen der Erde. Da weiß ich, dass das, was die Bestie gesagt hat, die Wahrheit war: Ich bin eine Überlebenskünstlerin, und der Makel der d’Albrets war nichts als eine Tarnung, die ich trug, damit ich mich unter ihnen bewegen konnte. Sie ist ebenso wenig ein wahrer Teil von mir wie der Umhang auf meinem Rücken oder die Juwelen, die ich trage. Und geradeso, wie Liebe zwei Seiten hat, hat auch der Tod zwei. Während Ismae Seiner Barmherzigkeit dienen wird, werde ich es nicht tun, denn so hat Er mich nicht gemacht.
    Jeder Tod, den ich mit angesehen habe, jedes Grauen, das ich erlitten habe, hat mich zu der geschmiedet, die ich jetzt bin – ich diene der Gerechtigkeit des Todes. Wenn ich all dies nicht aus erster Hand erlebt hätte, dann würde das Verlangen, die Unschuldigen zu beschützen, nicht so hell in mir brennen.
    Dort in der Dunkelheit, beschirmt vom Blick meines Vaters, neige ich den Kopf und weine. Ich weine um all das, was ich verloren habe, aber auch um das, was ich gefunden habe, denn in die Tränen des Kummers mischen sich Tränen des Glücks. Ich lasse mich vom Licht Seiner großen Liebe erfüllen, die alle Fesseln und Spuren von d’Albrets Dunkelheit wegbrennt, bis ich rein und ganz und neu bin.
    Die Bestie findet mich unmittelbar vor Tagesanbruch. Ohne Fragen zu stellen, hilft er mir auf die Füße. Der kleine Kreis von Frost auf dem Boden ist alles, was von Mortains Anwesenheit noch übrig ist.
    Nein. Das ist nicht wahr. Denn ich bin vollkommen verwandelt von Seiner Anwesenheit. All die Furcht und die Zweifel und die Scham sind von mir abgefallen wie tote Blätter in einem Wintersturm. Nur die gesunden, starken Äste sind übrig geblieben.
    Ich weiß jetzt, warum d’Albret kein Mal trug, und ich weiß auch, warum er noch nicht gestorben ist. Besser noch, ich besitze jetzt etwas, das ich nie zuvor hatte: Glaube. Den Glauben an mich selbst, den Glauben an Mortain. Aber vor allem den Glauben an die Liebe. Hass kann nicht mit Hass bekämpft werden. Böses kann nicht von Dunkelheit bezwungen werden. Nur Liebe hat die Macht, beide zu bezwingen.
    Mit der Stärke dieser Liebe, die kraftvoll in mir fließt, machen wir uns bereit, meine Schwestern zu retten.

Sechsundvierzig
    A UF DEM W EG NACH Nantes machen wir nur Halt, wenn es so dunkel ist, dass wir die Straße vor uns nicht

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