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DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters

DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters

Titel: DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.L. LaFevers
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ihn dazu getrieben, mich mitzunehmen? Am liebsten würde ich hinten in den Karren springen und meinen Ärger an seiner dicken, verkrusteten Haut auslassen. Stattdessen balle ich die Hände zu Fäusten, presse die Nägel in meine Handflächen und hoffe, dass der Schmerz in meinem Kopf abklingen wird. So lange hatte ich es unterdrückt, meine Gier nach Rache an d’Albret zu stillen, nur damit sie mir vereitelt wird, sobald sie endlich in meiner Reichweite ist. Der Gedanke daran ist fast unerträglich. Nur mit größter Mühe schaffe ich es, nicht den Kopf zurückzuwerfen und meinen Zorn auf Gott und all Seine Heiligen herauszubrüllen.
    Dann ist meine Wut plötzlich verraucht, wie ein Kessel, aus dem alles Wasser verdampft ist, und ich fühle mich so leer und hohl wie eine Trommel. Meine einzige Chance, auf die ich Monate – nein, Jahre! – gewartet habe, ist unwiderruflich verloren. Nie wieder werde ich in einer Position sein, Rache an d’Albret zu üben.
    Nie wieder. Die Worte scheppern durch meinen Kopf wie zwei Steine in einem Eimer.
    Aber das bedeutet auch, dass ich nicht zurückgehen kann – nicht zurückgeschickt werden kann –, denn selbst die kaltherzige Äbtissin wird erkennen, wie unmöglich es für mich wäre, erneut d’Albrets Vertrauen zu gewinnen.
    Was bedeutet … dass ich entkommen bin.
    Ich versuche nachzudenken. Habe ich in all meinen siebzehn Jahren jemals gehört, dass irgendetwas – irgendjemand – d’Albret entkommt? Weder seine Ehefrauen noch seine Kinder noch seine Feinde. Nur die Herzogin, und ihr ist es zweimal gelungen, einmal in Guérande und das zweite Mal vor fast vierzehn Tagen.
    Aber während es Sinn ergibt, dass die Götter sich um der Herzogin willen aufraffen, kann ich nicht glauben, dass sie sich um meinetwillen aufraffen werden. Das haben sie noch nie zuvor getan.
    Entkommen. Das Wort ist so süß und verführerisch wie die ersten Früchte des Sommers, so sehr, dass ich davor zurückschrecke und mir ins Gedächtnis rufen muss, dass Hoffnung nur ein Mittel Gottes ist, uns zu verspotten, nicht mehr.
    Ich nehme mir einen Augenblick Zeit, mich zu fassen, dann wende ich mich dem Wärter neben mir zu. Ich tue so, als hätte ich während der letzten Meile nicht getobt und geschäumt, und frage gelassen: »Wie geht es unserem Schutzbefohlenen?«
    Erleichterung gleitet über sein runzliges kleines Gesicht und er nickt enthusiastisch. Ich schaue über meine Schulter, unsicher, ob der Zustand des Ritters solchen Enthusiasmus verdient, aber ich sage nichts. Da all meine anderen Vorhaben dahin sind, scheint es mir das Beste zu sein, den Ritter nach Rennes zu bringen. Lebend, falls möglich.
    Und mit diesem Gedanken kommt eine Erinnerung. Nichts von alldem wird zählen, wenn d’Albret uns findet, denn er stellt jetzt bestimmt gerade einen Trupp zusammen, um uns zu verfolgen. Glücklicherweise werden all seine Soldaten noch für einige Stunden benommen und krank sein, und ich nehme nicht an, dass er persönlich ausreiten wird.
    Irgendwo in der Ferne kräht ein Hahn. Schon bald werden verschlafene Bauern aus ihren Hütten stolpern und beginnen, ihre Felder zu bestellen. Und uns sehen. Das können wir nicht riskieren. »Wir müssen eine Zuflucht finden«, sage ich zu dem Wärter.
    Er nickt weise, als habe er daran bereits gedacht.
    »Wir werden verfolgt werden«, warne ich ihn. »Also darf unsere Zuflucht von der Straße aus nicht einsehbar sein.« Die Strecke, für die wir die ganze Nacht gebraucht haben, könnte eins der schnellen, starken Pferde meines Vaters binnen Stunden bewältigen.
    Der Wärter nickt abermals, deutet auf ein Wäldchen in der Ferne und lenkt den Karren dann in diese Richtung.
    Ich betrachte sein schiefes, faltiges Gesicht. Kann ich ihm trauen? Zum hundertsten Mal frage ich mich, welche seltsame Beziehung den Ritter und seinen Wärter verbindet. Weckt de Waroch, die Bestie, Mut und Loyalität selbst bei jenen, die ihn bewachen? Denn gewiss hat mein Vater nur die loyalsten seiner Männer damit beauftragt, sich um seinen wertvollen Gefangenen zu kümmern, und doch hat der Wärter nicht nur nicht versucht, unsere Flucht zu vereiteln, sondern hat geholfen und sich uns angeschlossen.
    Hoffentlich hat er nicht so viel riskiert und ist so weit gekommen, nur um uns jetzt zu verraten.
    Gerade als die Dämmerung anbricht, kommt ein altes, steinernes Haus in Sicht. Es liegt weit entfernt von der Hauptstraße – von jeder Straße, begreife ich, als der Karren über einen

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