DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters
einen zerbeulten, alten Zinntopf zu gießen. Ich drücke ihm ein zusammengeknülltes Tuch in die Hand. »Wascht ihn fertig, damit ich mich um seine Verletzungen kümmern kann. Schneidet seine Kleider auf, wenn es notwendig sein sollte.« Wieder tut der Wärter, worum ich ihn gebeten habe, und ich beginne, mich ein wenig zu entspannen.
Während der nächsten Zeit arbeiten wir in harmonischem Schweigen; der Wärter wäscht den Gefangenen, der Gefangene sammelt seine Kräfte, um all die Fragen zu stellen, von denen ich spüren kann, dass sie ihm im Kopf herumgehen, und ich selbst mische die pulverisierte Ulmenborke und die Senfsaat, während ich Wasser koche und bete, dass der Schaden, den sein Körper genommen hat, nicht zu groß für meine Fähigkeiten sein möge.
Als meine Vorbereitungen fertig sind, erhebe ich mich langsam. Es wird Zeit zu sehen, wie ernst sein Zustand ist.
Die Füße des Mannes ragen über die Tischkante hinaus, und sein Gesicht, immer noch aschfahl unter den schwärzlichen und grünlichen Prellungen, ist von fröhlicher Hässlichkeit, wie ich bisher noch keines je gesehen habe. Seine Wangen sind pockennarbig und eine lange Narbe zieht sich über eine Seite seines Gesichtes. Seine Nase ist gebrochen worden – mehr als einmal –, und er hat einen Riss in einem Ohr. Und nichts von alldem wird sich verbessern, sobald die Schwellungen und Prellungen zurückgehen.
Sein Körper ist sehnig und so massig wie der eines Wildschweins, mit hervorgewölbten Muskeln. Wenn ein Bildhauer brutale Stärke zum Leben erwecken wollte, würde er einen Körper wie diesen meißeln. Er ist fast vollständig bedeckt von irgendwelchen Narben, und die roten, pulsierenden der jüngsten Zeit vermischen sich mit dem silbrigen Weiß der älteren.
Ohne es zu wollen, bin ich fasziniert – vielleicht sogar beeindruckt – von den Verletzungen, die dieser Mann erlitten hat.
Und die er überlebt hat.
Ich trete näher heran. Wie von selbst streckt sich meine Hand nach ihm aus und meine Finger streichen ganz leicht über seine geschundene, vernarbte Haut. »Wie kommt es, dass Ihr immer noch am Leben seid?«, frage ich mich laut.
»Es ist fast unmöglich, mich zu töten.« Das tiefe Grollen seiner Stimme erfüllt den Raum bis zu den Deckenbalken. Ich blicke erschrocken auf; mir war nicht bewusst, dass ich laut gesprochen habe. Seine Augen, wenn auch erfüllt von Schmerz, sind von grimmiger Intelligenz und erinnern mich an die eines Wolfes mit ihrer unheimlichen, hellen Färbung.
»Ah«, sage ich, »das ist gut zu wissen. Dann brauche ich mir also nicht mehr gar so große Sorgen zu machen, während ich mich um Eure Wunden kümmere.«
Seine Augenbrauen schnellen in die Höhe. »Ihr?« Die grimmigen blauen Augen darunter wandern über meinen ganzen Körper, nicht mit unzüchtigem Ausdruck, sondern in neutraler Einschätzung.
Ich schaue demonstrativ in die leere Küche. »Ihr habt jemand anders im Sinn? Euren Wärter vielleicht? Gewiss hätte er, wenn er dazu in der Lage wäre, Eure Wunden bereits versorgt.«
Ich deute mit der Hand auf den Wärter, der unseren Wortwechsel mit nervösen Blicken verfolgt hat, und wackle mit den Fingern. Nach einem Moment der Unsicherheit reicht er mir das Tuch, und trotz meiner Drohung, grob zu sein, beginne ich sanft das Gesicht meines Patienten zu säubern und eine weitere Schicht Schmutz zu entfernen. Es macht sein Aussehen um nichts besser, aber ich bin erleichtert zu sehen, dass unter dem Dreck keine tiefen Schnitte oder Schrunden verborgen sind.
Ich richte meine Aufmerksamkeit auf den langen Schnitt, der über seinen Unterarm läuft. Er geht weder bis auf den Knochen, noch wurden irgendwelche Sehnen oder Muskeln durchtrennt, aber der Arm wird gründlich gesäubert werden müssen, was für keinen von uns angenehm sein wird. Die beiden Durchstiche von den Pfeilen in seiner linken Schulter sind entzündet und eitrig. Ich wickle das Tuch um meine Finger und presse sanft darauf, auf der Suche nach irgendwelchen verbliebenen Holzsplittern oder Eisen. Der Patient zieht scharf den Atem ein, aber das ist alles.
»Immerhin keine Splitter, daher werde ich damit leicht fertig werden. Und die Pfeile scheinen alle wichtigen Sehnen verfehlt zu haben.«
Er nickt, sagt aber nichts.
Entlang seines Leibes finde ich weitere Prellungen und Schwellungen. Ich strecke die Hand aus und drücke sanft darauf. Er keucht, dann packt er meine Hand mit seiner unversehrten und überrascht mich, denn die Sanftheit
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