DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters
in Gefahr ist?« Seine Lider flattern, aber das ist alles. Echte Sorge macht sich breit und ich muss die grausamste Waffe in meinem Arsenal benutzen. »Sie umzingeln sie, diese Männer. D’Albrets Männer. Wisst Ihr, was man über d’Albret sagt? Wie er seine Frauen behandelt?«
Der Wärter deutet auf mich – auf mein Gesicht. Da ist eine Weichheit in seinem Blick, die ich nicht verstehe. Er gestikuliert abermals und ich lege die Hand an die Wange. Sie ist feucht. Ich funkele ihn an, während ich die Nässe wegreibe. »Wenn Ihr Euch nicht die Mühe machen wollt, Euch um ihretwillen zu regen, wird er sie mit seinen groben, behaarten Händen begrapschen, wird ihren Körper schänden …«
Mit einem Brüllen, das einem der wartenden Maultiere ein erschrockenes Wiehern entlockt, stößt der Ritter sich von der Mauer ab und taumelt vorwärts. Der kleine Wärter versucht, seinen schwerfälligen Schutzbefohlenen zu dem Karren zu lenken, aber stattdessen leistet der Ritter Widerstand und kommt auf mich zugetorkelt. Verblüfft schaue ich auf und unsere Blicke treffen sich. Seine Augen sind von einem bleichen, silbrigen Blau, stelle ich fest, kurz bevor seine Faust meinen Kiefer trifft und alles schwarz wird.
Fünfzehn
L ANGSAM WIRD MIR BEWUSST , dass ich träume, denn ich fühle mich so sicher und behaglich wie ein Säugling in einer Wiege. Oder vielleicht wie ein Säugling in einem Boot, das auf dem Meer schwimmt.
In einem sehr unruhigen Meer, räume ich ein, als ein dumpfer Aufprall meinen ganzen Körper durchschüttelt. Ich versuche, die Augen zu öffnen, aber es ist, als seien sie zugenäht worden. Als ich es endlich schaffe, sie aufzureißen, sehe ich lediglich einen dunklen Himmel voller verblassender Sterne.
Wo, im Namen der neun Heiligen, bin ich?
Ich versuche nachzudenken, versuche, mich durch meine Erinnerungen zu wühlen, wie ein Bankier sich durch Haufen Münzen wühlt. Der Ritter. Ich habe ihn zu dem Karren gebracht und … was dann? Mir schwant Böses und ich mühe mich in eine sitzende Position. Bei der Bewegung brodelt es in meinem Magen, als würden sich Aale darin winden. Gerade rechtzeitig beuge ich mich zur Seite und würge kläglich.
Als ich damit fertig bin, verringert sich das Pochen in meinem Kopf gerade genug, dass ich beginnen kann, meine Umgebung zu untersuchen. Ein starker Fäkaliengestank steigt mir in die Nase und bringt mich fast dazu, erneut zu würgen, und ich sehe eine gelbe Flagge munter in der Nachtbrise flattern.
Hektisch schaue ich mich um. Der Ritter liegt still und wie tot neben mir, während wir über die Straße holpern. Nirgendwo sind Häuser, Läden oder Stadtmauern; nichts als sanft gewellte Landschaft und Bauernhöfe, so weit mein Auge sehen kann.
Ich bin in dem verdammten Karren! Der Ritter … er hat mich geschlagen. Hat mich mit seiner Faust, die so groß ist wie ein Schinken, bewusstlos geschlagen, und aus irgendeinem Grund haben der Wärter und er mich mitgenommen.
Nein. Nein! Ich sehe mich abermals um, um mich zu orientieren. Wie lange war ich bewusstlos? Sekunden? Stunden? Wichtiger noch, wie weit sind wir von Nantes entfernt? Vielleicht ist es noch nicht zu spät umzukehren.
Aber wie sehr ich auch blinzle und spähe, ich kann die Mauern der Stadt nicht sehen. Was bedeutet, dass all meine Pläne – und meine hart erkämpfte Entschlossenheit – sich in Luft aufgelöst haben. Das riesige Ungeheuer neben mir hat so heftig am Rad des Schicksals gedreht, dass es mich vollkommen aus der Bahn geworfen hat.
Der Gefangene neben mir regt sich nicht einmal bei dem bösartigen Fluch, der mir herausrutscht, aber der Wärter, der den Wagen lenkt, schaut über seine Schulter und tippt sich an die Mütze. Die fröhliche Geste erzürnt mich noch mehr, und ich rapple mich hoch, ohne auf die Welle der Übelkeit zu achten, die mich durchfährt. Als wir in ein Schlagloch geraten, kullere ich fast aus dem Wagen. Ich packe die Rückseite des Kutschbocks und klettere ohne Umstände nach vorn zu dem Wärter, dann warte ich darauf, dass der Schwindel sich legt, bevor ich beginne mit ihm zu schimpfen. »Was habt Ihr getan?«, bringe ich endlich heraus. »Ich sollte euch nicht begleiten! Ihr habt alles ruiniert!«
Der kleine Gnom zuckt die Achseln und deutet mit dem Daumen auf den bewusstlosen Ritter.
Ich betrachte die massige Gestalt, die auf der Ladefläche des Karrens liegt. Wie kann er es wagen? Welcher hohlköpfige Gedanke ist ihm durch seinen fiebrigen Kopf gegangen und hat
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