DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters
fliehen, wie es mein Wunsch ist, halte ich den Kopf dicht an Julians Ohr. »Denkt Ihr, Madame Dinan und Marschall Rieux sind ein Liebespaar?«
Obwohl Julian erheitert lächelt, drückt er mir auch beruhigend den Arm. Ich runzele verärgert die Stirn und entziehe ihm den Arm. Er kennt mich zu gut. Viel, viel zu gut.
Und dann ist d’Albret da, die Macht seiner Präsenz ist spürbar. Er wirbelt durch den Saal mit der ganzen Hitze und Zerstörungswut eines Feuersturms und bringt den Gestank von Blut und Schlamm und Schweiß mit sich. Sein Gesicht ist weiß vor Zorn und lässt seinen Bart noch unnatürlicher und schwärzer aussehen. Ihm dicht auf den Fersen ist sein wichtigster Gefolgsmann, Bertrand de Lur, Hauptmann der Wache, der von einem Dutzend Barone und Gefolgsleute begleitet wird. Zwei von ihnen, die Barone Julliers und Vienne, sind Vasallen der Herzogin, aber sie sind so erpicht darauf, ihre Loyalität d’Albret gegenüber zu beweisen, dass sie sich bereitgefunden haben, mit ihm zu reiten, um diese Falle zuschnappen zu lassen, obwohl sie ganz genau wussten, was er mit ihrer Lehnsherrin im Sinn hatte.
Es bringt mir daher große Befriedigung zu sehen, dass Mortain sie beide mit dem Todesmal versehen hat – beide Männer haben einen dunklen, schattenhaften Fleck auf der Stirn. Dies und die Tatsache, dass die Herzogin entkommen ist, bringt mich zu dem Schluss, dass dieser Tag sich doch nicht so schlecht entwickelt hat.
»Warum lächelst du?«, fragt Julian.
Ich reiße den Blick von den beiden Männern los. »Weil sich dies hier als überaus unterhaltsam erweisen könnte«, murmele ich, kurz bevor d’Albrets Stimme wie eine Peitsche durch die Halle knallt. »Schickt Männer auf sämtliche Türme. Stellt fest, ob irgendjemand dort ist, der dort nicht sein sollte. Wenn es eine Warnung gegeben hat, kam sie höchstwahrscheinlich vom Nordturm.«
Ich presse den Rücken an die Wand und wünsche mir, die Nonnen hätten uns einen Trick gelehrt, uns unsichtbar zu machen.
»Bringt Pierre her!«, fährt d’Albret fort. »Sein Angriff vom Westtor hätte früher erfolgen sollen. Seine Trägheit könnte mich sehr gut meine Beute gekostet haben.« Er streckt die Hände nach vorn aus und sein Knappe stürzt herbei und zieht ihm seinen rechten Panzerhandschuh aus. Bevor der Junge den linken entfernen kann, dreht d’Albret sich um, um einen weiteren Befehl zu rufen. Der Knappe springt außer Reichweite und wartet wachsam, voller Angst, näher zu kommen, obwohl seine Angst überwiegt, nicht da zu sein, wenn er gebraucht wird. »Ich will außerdem, dass ein Trupp Männer hinter der Herzogin herreitet und mir Bericht erstattet, wohin sie sich wendet und über die Kräfte, die sie beschützen. Wenn sich eine Chance bietet, sie zu ergreifen, tut es. Jeder, der sie mir bringt, wird reich belohnt werden.«
Während de Lur diese Befehle an seine Männer weitergibt, steht ein zweiter Knappe zögernd in der Nähe, bereit, d’Albret einen Kelch mit Wein in die Hand zu drücken, bevor er darum bitten muss. Ohne hinzuschauen, greift d’Albret danach, dann warten wir alle in nervöser Anspannung, während er seinen Durst stillt. Madame Dinan tritt vor, als wolle sie ihn beruhigen, doch dann besinnt sie sich eines Besseren.
Als der Graf den Kelch geleert hat, starrt er ihn lange an, dann schleudert er ihn in den Kamin. Das heftige Splittern von Kristall hallt in dem stillen Raum wider. Langsam dreht d’Albret sich wieder um und benutzt das Schweigen mit ebenso viel Geschick und Schläue, wie er sein Schwert führt, er lässt es wachsen, bis es straffer gespannt ist als eine Trommelhaut. »Wie haben die Soldaten aus Rennes es geschafft, genau in diesem Moment einzutreffen, hmm?« Seine Stimme ist trügerisch sanft und viel beängstigender als sein Geschrei. »Wie ist das möglich? Haben wir einen Verräter in unserer Mitte?«
In der Halle ist es still; keiner von uns ist so dumm zu riskieren, diese Frage zu beantworten. Wir wissen, dass wir viele Verräter in unserer Mitte haben, aber es ist leicht, ein junges Mädchen zu verraten. Ob irgendeiner von ihnen es allerdings gewagt hat, d’Albret zu verraten, ist eine andere Frage.
Marschall Rieux ballt die Fäuste und macht einen Schritt auf d’Albret zu. Madame Dinan will ihn aufhalten, aber er ist zu schnell. Mon dieu, er ist entweder der tapferste Mann, dem ich je begegnet bin, oder der größte Narr.
»Wie könnt Ihr einen Verräter unter uns vermuten, wenn niemand von Euren
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