DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters
Ein zänkisches Weib? Eine verwöhnte Edelfrau, die als Zeitvertreib ihrem Land hilft?
Ich schaue mich nach der Nonne um, die ihn versorgt, und sehe, dass sie die Öllampe heruntergedreht hat und jetzt auf ihrer Pritsche liegt, um sich auszuruhen, bis einer ihrer Patienten sie braucht. Da niemand es sehen kann, lasse ich mich auf dem Boden nieder und lehne mich gegen den Bettrahmen. Es ist still. So still. Ich kann den Atem hören, der in die Lungen der Bestie hineingeht und wieder herauskommt, kann das Blut hören, das sich durch seine Adern bewegt, kann seinen Puls hören, stark und stetig und lebendig. Langsam fließt etwas von dem Grauen von d’Albrets Verfolgung aus mir ab. Genau in diesem Moment regt sich der Ritter im Schlaf und seine gesunde Hand gleitet unter seinen Decken hervor und ragt über den Rand des Bettes.
Ich starre seine Hand an, die dicken, ungeschlachten Finger und die Vielzahl von Narben und Schnittwunden. Unfähig, der Versuchung zu widerstehen, rutsche ich näher und frage mich, wie diese Hand sich anfühlen würde, wenn sie auf meiner Schulter läge.
»Ich wusste, dass Ihr mich vermissen würdet.«
Nur lebenslängliches Training hält mich davon ab, beim Klang seiner Stimme auf die Füße zu springen. Ich schnaube, um den kleinen Laut der Überraschung zu kaschieren, der meiner Kehle entweicht. »Ich habe Euch nicht vermisst. Ich wollte lediglich sicher sein, dass meine Anstrengungen, Euch hierherzuschaffen, nicht verschwendet waren.«
»Sie haben mir ein Betäubungsmittel gegeben«, sagt er mit milder Entrüstung.
»Weil Ihr zu dumm wart, um still zu liegen und Eurem Körper zu erlauben zu heilen.«
»Ihr habt mir kein Betäubungsmittel gegeben«, bemerkt er.
»Weil ich Euren von Maden zerfressenen Kadaver von einem Ende des Landes zum anderen bringen musste. Bei unserer Ankunft hier, glaubt mir, hätte ich Euch auch ein Betäubungsmittel gegeben.«
»Hmpf.« Wir schweigen beide für einen Moment, dann fragt er: »Was ist mit der Herzogin?«
»Sie wird Euch zweifellos selbst besuchen. Ebenso wie Duval und der ganze kleine Rat höchstwahrscheinlich.«
Er bewegt sich unbehaglich und zupft an den Decken auf seinem Bett. »Ich möchte sie nicht so empfangen. Eingewickelt wie ein Säugling in Windeln.«
»Für sie seid Ihr ein Held und sie möchten Euch für Eure Opfer danken.«
Er gibt einen weiteren rüden Laut von sich.
»Seid Ihr sicher, dass Ihr kein verkleideter Ochse seid?«, frage ich.
Zur Antwort ächzt er nur wieder. »Es überrascht mich, dass sie Euch nicht ausgeschickt haben, einen weiteren törichten Ritter zu retten, während ich geschlafen habe.«
»Noch nicht.«
»Wenn sie nicht aufpassen, werden sie es mit Männern zu tun bekommen, die sich selbst in einem Kerker einsperren, damit Ihr sie retten könnt.«
»Dann werden sie zweifellos umkommen, denn ich werde das nicht noch einmal durchmachen.«
»Wo ist Yannic?«
»Er hat sein Lager gleich draußen vor den Klostermauern aufgeschlagen. Bis auf Patienten dürfen keine Männer hinein.« Ich warte ab, was seine nächste Frage sein wird, dann höre ich ein schwaches Brummen aus seiner Brust. Er ist eingeschlafen. Ich gestatte mir ein winziges Lächeln, denn wenn es ihm gut genug geht, um mit mir Wortgefechte auszuführen, dann wird es ihm gut genug gehen, um zu leben. Ich mache es mir auf dem Boden bequem und sage mir, dass ich nur noch ein paar weitere Momente dort verweilen werde.
Einige Zeit später erwache ich aus einem traumlosen Schlaf. Als ich blinzele, sehe ich, dass die Flammen in den Lampen zucken, weil das Öl fast zur Neige gegangen ist. Noch nicht ganz Morgen. Ich spüre das Gewicht der Hand der Bestie immer noch auf der Schulter, dann schiebe ich mich langsam darunter hinweg, weil ich ihn nicht wecken will.
Weil ich nicht will, dass er genau weiß, wo und wie ich die Nacht verbracht habe.
Draußen vor dem Kloster halte ich inne und wende mich in Richtung des Stadttores. Ich könnte jetzt einfach zum Stadttor wandern, über die Brücke gehen und diesen Ort für immer verlassen. Keine Äbtissin mehr. Keine Drohungen d’Albrets mehr.
Aber die nackte Wahrheit ist, ich kann nirgendwohin. Ich habe kein Zuhause, in das ich zurückkehren kann, keine Verwandten, die mir Obhut geben könnten, und das Kloster wird mir jetzt zweifellos versperrt sein.
Ich könnte als Schankmagd in einer Taverne arbeiten – falls sie mich einstellen würden. In schwierigen Zeiten wie diesen widerstrebt es den Menschen,
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