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DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters

DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters

Titel: DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.L. LaFevers
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darüber, wie leicht die Bestie zu erkennen ist. Da sind andere Pulse, die dünn und schwach sind – die anderer Patienten vielleicht. Der zweite langsame und stetige Puls ist wahrscheinlich der der Schwester, die sie versorgt.
    Ich hoffe, dass ich unbemerkt hineinschlüpfen und sehen kann, wie es der Bestie geht, um dann einfach wieder hinauszuschlüpfen. Mein Plan wird jedoch von der alten Nonne vereitelt, die neben der Tür sitzt und leise mit Mörser und Stößel etwas zusammenmischt. Ich bin mir sicher, dass ich kein Geräusch mache, und gleichermaßen sicher, dass der dunkle nächtliche Schatten des Hauses meine Gegenwart verbirgt. Aber etwas erregt ihre Aufmerksamkeit, denn sie zuckt zusammen und blickt auf. Da es keinen Sinn hat, sie zu belügen, trete ich von der Mauer weg, bereit zu erklären, warum ich hier bin.
    Ihre Augen weiten sich, als sie mein Ordensgewand sieht, und die Knöchel der Hand, die den Stößel hält, werden weiß. »Wer?«, flüstert sie. »Wer ist die Person, um derentwillen Ihr gekommen seid?«
    Ich weiß nicht, was mich am meisten ärgert, ihre Furcht oder ihre Vermutung, dass ich ausgeschickt wurde, um einen ihrer Patienten zu töten. »Niemand, Schwester. Ich bin lediglich hergekommen, um zu sehen, wie es dem Mann ergeht, der die Bestie genannt wird. Ich habe ihn von Nantes hierher begleitet und möchte mit eigenen Augen sehen, dass ich das nicht getan habe, nur damit er in Eurer Obhut umkommt.«
    Sie ist entrüstet und ihre Angst ist vergessen. »Natürlich wird er nicht in unserer Obhut umkommen.« Ihre Züge werden weicher. »Seid Ihr die Frau, die Alyse heißt? Denn er ruft diesen Namen im Schlaf.«
    »Nein, das ist seine geliebte Schwester, die seit drei Jahren tot ist.« Das Ausmaß meiner Enttäuschung, dass es nicht mein Name ist, den er ruft, trifft mich vollkommen unerwartet.
    »Oh«, sagt die alte Nonne mitfühlend, als ahne sie, was ich empfinde. »Dann seid Ihr vielleicht Sybella. Das ist der Name, den er sagt, wenn er wach ist.«
    Ein Flattern der Freude lässt meinen Puls schneller schlagen. Ich runzele die Stirn, damit sie es nicht merkt.
    »Jetzt jedoch schläft er«, fährt sie fort. »Wir haben ihm nämlich eine Tinktur aus Opium und Baldrian gegeben, um ihn zu beruhigen. Er hat überaus nachdrücklich erklärt, dass er fortgehen und der Herzogin von Nutzen sein könne, obwohl sein Körper etwas anderes sagte und er kaum die Augen offen halten, geschweige denn aufrecht sitzen konnte.«
    »Ich werde ihn nicht wecken«, verspreche ich. »Ich möchte mich nur selbst davon überzeugen, dass es ihm gut geht.«
    Die Nonne nickt zustimmend, und ich will an ihr vorbeigehen, aber sie hält mich auf. »Übrigens, wer immer seine Wunden unterwegs versorgt hat, hat seine Sache hervorragend gemacht. Der Mann verdankt dieser Person nicht nur sein Leben, sondern auch sein Bein.«
    Ihre Worte freuen mich erheblich mehr, als sie sollten, dieses Wissen, dass meine Hände ebenso heilen wie töten können, und es kostet mich jede Unze Selbstbeherrschung, über die ich verfüge, meine Freude verborgen zu halten. Ich drehe mich um und mache mich auf den Weg dorthin, wo die Bestie liegt.
    Ein Drittel der Betten hier in der Krankenstube sind besetzt, größtenteils von alten und gebrechlichen Menschen. Es ist unheimlich still. Kein Jammern oder Stöhnen oder schwächliche Hilferufe. Vielleicht hat sie sie alle betäubt.
    Es ist nicht schwer, die massige Gestalt des Ritters auszumachen, selbst wenn sie bedeckt ist von weißen Leinenlaken, denn er ist mindestens doppelt so stark wie jeder andere Patient hier. Ich bin erfreut zu sehen, dass beide Betten neben ihm leer sind. Das sollte mir ein kleines Maß an Privatsphäre verschaffen.
    Er liegt so still, als sei er aus Marmor gemeißelt, und von der kräftigen Gesichtsfarbe, die er normalerweise aufweist, ist durch das schwache Licht und seine Erschöpfung nichts zu bemerken. Sein Gesicht wirkt noch hässlicher durch die Narbenkrater, die das flackernde Licht von den wenigen Öllampen im Raum offenbart. Seine Wimpern – dicht und buschig, wie sie auf seinen Wangen ruhen – sind wahrscheinlich das einzig Schöne an ihm.
    Ich bestaune diesen Mann, der mich von meinem Albtraum befreit hat mit seiner Entschlossenheit, dass ich nicht d’Albrets schrecklicher Rache zum Opfer fallen darf. Obwohl ich nichts getan hatte, als ihn mit Verhöhnungen anzustacheln, wollte er mich nicht zurücklassen. Was sieht er, wenn er mich anschaut? Eine Furie?

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