DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters
fest, dass es verschlossen ist. Gleich rechts neben dem Tor liegt ein großer Haufen, der aussieht wie ein Bündel Lumpen. Ich brauche einen Moment, um zu begreifen, dass es der schlafende Yannic ist, so loyal wie der treueste Jagdhund und zweifellos aus dem Kloster verbannt, weil er ein einigermaßen gesunder Mann ist. Nur kranke oder verletzte Männer dürfen diese Türen passieren. Ich erwäge, zu läuten und meine Anwesenheit dem ganzen Kloster kundzutun, dann verwerfe ich die Idee. Was, wenn sie mich nicht hereinlassen werden? Oder schlimmer noch, was, wenn sie fragen, warum ich hier bin? Für einen Moment bin ich unsicher. Gewiss braucht die Bestie mich nicht. Nicht jetzt, da er versorgt wird von den begabtesten Heilerinnen in unserem Land.
Ich halte inne. Warum bin ich eigentlich hier?
Er ist in Sicherheit. Und schon bald wird er in der Verfassung sein, der Herzogin beizustehen. Meine Rolle in seinem Leben ist ausgespielt. Ich habe ihn vor d’Albret gerettet, so wie ich Alyse nicht retten konnte. Das sollte genug sein.
Warum also empfinde ich dieses Verlangen, hierzubleiben? Warum widerstrebt es mir, fortzugehen?
Wenn irgendjemand anders so empfinden würde, würde ich es Liebe nennen, aber ich – ich bin viel zu klug, um mein Herz jemals wieder zu verschenken. Vor allem, wenn eine solche Liebe praktisch ein Todesurteil für jene wäre, an denen mir gelegen ist.
Die alte, vertraute Panik versucht, an die Oberfläche zu gelangen. Statt gegen sie anzukämpfen, versuche ich, mich ihr zu öffnen, sie kommen zu lassen.
Ich erinnere mich an die Schreie. Und an das Blut.
Und weiter komme ich nicht, bevor die Erinnerung sich in Schmerz auflöst.
Frustriert drehe ich mich um und gehe an der hohen Mauer rund um das Nonnenkloster entlang, auf der Suche nach einer niedrigeren Stelle oder einem hinteren Tor mit einem Schloss, das ich aufbrechen kann.
Dann fällt mir plötzlich ein einsamer Ast auf. Er ist dünn, zu dünn, um das Gewicht eines Mannes zu tragen, was wahrscheinlich der Grund ist, warum die Nonnen ihn nicht abgesägt haben. Aber für mich ist er nicht zu dünn.
Ich werfe mir meinen Umhang über die Schulter, dann suche ich nach einem stabilen Halt für meine Füße am Baumstamm. Der Ast ist außerhalb meiner Reichweite, daher muss ich den Stamm hinaufklettern, wobei ich Ismaes Habit höchstwahrscheinlich ruinieren werde.
Da er dem Kloster gehört, macht es mir nicht allzu viel aus.
Meine Hand schließt sich um den Ast, und ein Siegesgefühl durchflutet mich, als ich mich hochziehe. Der Ast knarrt und biegt sich durch, aber er bricht nicht. Ich lege mich flach hin, um mein Gewicht gleichmäßig zu verteilen, und beginne hinüberzurutschen, in der Hoffnung, dass der Ast nicht brechen wird und ich zu Boden falle und mir das Genick breche. Mortain kann mich nicht so weit gebracht haben, damit ich ein solch unrühmliches Ende finde.
Endlich ist die Mauer unter mir. Ich schwinge die Füße hinunter und lasse den Ast los, der zurückspringt. Ich halte inne, um mir meine Umgebung anzusehen. Das Kloster ist ganz ähnlich gebaut wie das Kloster von St. Mortain. Ich kann das lange, niedrige Gebäude ausmachen, in dem die Nonnen schlafen, und das größere Refektorium. Und natürlich die Kapelle selbst. Aber wo bringen sie die Kranken und Verletzten unter?
Aus einem Fenster eines Gebäudes, das abseits der anderen liegt, kommt ein schwaches Licht. Dieses Gebäude ist so gut wie jedes andere, um meine Suche zu beginnen. Vielleicht brennt dort eine einzelne Kerze oder Öllampe, damit die Nonnen ihre schlafenden Patienten überwachen können.
Ich lasse mich von der Mauer in einen Garten voller Grünpflanzen hinab. Meine Stiefel zerquetschen die Pflanzen, und der kräftige Duft von Kräutern steigt auf – diejenigen Kräuter, die die Schwestern der Brigantia für ihre berühmten Heiltränke und Tinkturen benutzen.
Genau die gleichen Pflanzen, die wir im Kloster von St. Mortain benutzen, um unsere gleichermaßen berüchtigten Gifte zu mischen.
Ich gehe zu einem Weg hinüber und versuche, so wenige Pflanzen wie möglich zu zertreten, dann folge ich den flachen, runden Pflastersteinen, die mich hoffentlich in die Krankenstube führen werden. In der Nähe der Tür bleibe ich stehen und drücke mich in den Schatten des Hauses, um mich zu verstecken. Ich schließe die Augen und versuche zu spüren, wie viele Menschen in dem Gebäude sind.
Sofort finde ich einen starken, donnernden Puls und lächele fast
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