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Dark Village - Niemand ist ohne Schuld

Dark Village - Niemand ist ohne Schuld

Titel: Dark Village - Niemand ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjetil Johnsen
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wohl.“
    „Kann dir doch egal sein.“
    „Du motzt nur rum. Meinst du vielleicht, das hilft?“
    „Ja, stell dir vor.“ Vilde schlug auf den kleinen Tisch, der zwischen ihnen stand. Der Aschenbecher hüpfte.
    „Pssssst.“ Nora wedelte mit der Hand.
    „Was soll ich denn sonst tun, hast du eine Idee?“, zischte Vilde. „Ich hab diesen ganzen Scheiß in mir und soll freundlich lächeln und die ganze Welt umarmen? Stellst du dir das so vor? Soll ich vielleicht so tun, als wäre nichts? Hipp, hipp, hurra, Trine ist tot, aber was macht das schon?! Irgendwie muss ich ja Dampf ablassen. Ich kann das nicht alles in mir drin behalten, dann werde ich verrückt. Ich kann das nicht.“
    „Ja“, sagte Nora.
    „Stell dir vor.“
    „Ist schon gut.“
    Wieder machte sich diese unangenehme Stille breit. Vilde seufzte, Nora fühlte sich unwohl. So war es zwischen ihnen noch nie gewesen. Sie hatten viel gelacht, Dinge unternommen und Spaß gehabt, aber das war schon eine Ewigkeit her.
    „Ich hab’s nicht so gemeint“, sagte Vilde irgendwann. „Dass du theatralisch bist. Das war nicht so ernst gemeint.“
    „Ach“, sagte Nora. „Nicht so ernst? Nur ein bisschen, oder wie?“
    „Du musst nicht immer alles wörtlich nehmen.“
    „Trine war auch meine Freundin“, sagte Nora.
    „Ja.“ Vilde stand auf und nahm ihre Lederjacke von der Stuhllehne. Ihr Gesicht wirkte verschlossen, die Haut lag angespannt über ihren Wangenknochen. „Aber ich habe sie geliebt.“

Das Blut
    Everything I know is wrong
Everything I do, it just comes undone
And everything is torn apart
    The Hardest Part , Coldplay

1
    Am Freitag in der Schule wollten alle ganz genau wissen, wie es gewesen war.
    „Musstet ihr alle drei zur Polizei?“, fragte Wenche.
    „Und worüber habt ihr gesprochen? Was wollten sie denn wissen?“, fragte Miriam. „Haben sie schon was rausgefunden?“
    Vilde, Nora und Benedicte standen Rede und Antwort, so gut es ging, ohne irgendwelche Details zu verraten. Es gab ja eigentlich auch nichts Genaues.
    Ja, wir waren bei der Polizei. Sie haben uns noch weiter über Trine ausgefragt, wie sie als Mensch war und wie es ihr ging. Eigentlich nichts Besonderes. Nur ein paar Fragen.
    In der ersten Pause nahm Nick Noras Hand und küsste sie, zum ersten Mal vor all den anderen, leicht auf den Mund. Nora wurde knallrot und bekam zittrige Knie.
    Die anderen glotzten, manche taten so, als wäre nichts, während ein paar Leute anfingen zu tuscheln.
    In den letzten Tagen hatten Nora und Nick keinen Hehl daraus gemacht, dass sie ein Paar waren. Aber so, wie die Dinge lagen – mit Trine und der Polizei –, hatten die meisten es erst jetzt mitbekommen.
    Nick schien die Blicke nicht zu bemerken, aber Nora spürte, wie es im Bauch kitzelte. Sie war es nicht gewöhnt, angestarrt zu werden – jedenfalls nicht mit einer Mischung aus Bewunderung und Neid, die aus den Augen vieler Mädchen sprach.
    „Bist du sicher wegen heute Abend?“, fragte Nick, als sie den Schulhof überquerten. Sie gingen durchs Tor und setzten sich ein Stück die Straße runter auf eine Bank. Dort konnten sie ungestört reden.
    „Ja“, sagte Nora. „Glaube schon.“
    Er drückte ihr fest die Hand. Sie schaute zu ihm auf.
    „Ich hab Lust“, sagte sie. „Ich will.“
    Und wieder wurde sie rot, wahrscheinlich noch roter als vorhin, als er sie auf dem Flur geküsst hatte. Ich habe Lust … ich will . Dass sie ihm das einfach so ins Gesicht sagte, am helllichten Tag!
    „Ganz sicher?“, fragte er.
    „Ja.“
    Sie hatten die Bank erreicht. Er setzte sich zuerst und sie kuschelte sich in seine Armbeuge.
    „Ich habe mich entschieden“, sagte sie. „Heute Abend. Ich bin ganz sicher.“
    „Okay“, sagte er.
    Sie schwiegen. Sie spürte seinen Körper, er hatte seinen Arm um sie gelegt, sein Handgelenk lag auf ihrer Schulter und seine Finger fielen locker über ihre linke Brust.
    „Du kannst es dir immer noch überlegen“, sagte er. „Wenn du willst.“
    „Das …“ Sie hielt inne und räusperte sich. „Das werde ich bestimmt nicht tun.“
    „Okay“, sagte er wieder. „Dann treffen wir uns heute Abend.“
    „Ja.“
    Es kitzelte im Bauch, zog sich bis runter zum Po, bis in die Beine, die Füße. Oh Gott, oh Gott, oh Gott, was tat sie da bloß? Sie rückte ein Stück nach rechts, sodass seine Finger fast ihre Brust berührten. Sie schloss die Augen und hoffte, dass sie nicht alles kaputt machen würde – sein Leben, ihr eigenes. Dass es danach irgendwie

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