Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dark Village - Niemand ist ohne Schuld

Dark Village - Niemand ist ohne Schuld

Titel: Dark Village - Niemand ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjetil Johnsen
Vom Netzwerk:
ihre Hände auf dem Tisch so nah, dass sie sich beinahe berührten. Es war nicht leicht, so zu tun, als wäre nichts, und Vilde fragte sich, was Charlene wohl tun würde, wenn ihr ein Licht aufging. Was würde sie sagen, wenn sie alles über Trine und Vilde und ihre Gefühle füreinander und auch über Vildes aktuelle Gefühle für sie, Charlene, erfahren würde?
    Verdammt, mit einer Lesbe will ich nichts zu tun haben? Oder: Wie kannst du mich anhimmeln, wo das Mädchen, in das du verliebt warst, gerade gestorben ist? Hast du denn kein Schamgefühl? What are you, some kind of fucking weirdo?
    Vilde senkte den Blick. Sie befeuchtete sich die Lippen und fasste sich abwesend ins Haar. Plötzlich wusste sie, dass es immer so sein würde. Sie war, wie sie war, und es würde nie leicht sein.

2
    Charlene sorgte dafür, dass das Gespräch locker flockig dahinplätscherte. Sie war sich im Klaren darüber, dass sie früher oder später über die Ereignisse von neulich sprechen mussten, aber sie hatte den Eindruck, dass Vilde es genoss, einfach nur ein bisschen mit ihr zu chillen. Hin und wieder leuchtete ihr Gesicht auf, und ihr Lächeln zeigte, wie hübsch sie eigentlich war. Eine weiße Indianerin mit hohen Wangenknochen, breitem Mund und tiefen, dunklen Augen. Ganz anders als an dem Abend, als sie so blass und ängstlich und einsam vor ihr gestanden hatte. Charlene hatte sich fast zu Tode erschreckt. Shitless, scared the crap out of me .
    Es war schon spät gewesen. Charlene war in ihrem Zimmer im ersten Stock. Es war dunkel und in der Luft lag leichter Nieselregen. Charlene sah aus dem Fenster und dachte, wie seltsam es war, dass die Tage so warm und schön, die Nächte aber so kühl und fremd waren.
    Sie mochte den Herbst nicht. Wenn die Sonne verschwand und die Welt blaugrau und die Luft kalt wurde, musste sie an einen Krankenhausflur denken, an Ewigkeiten, die angefüllt waren von einem Nichts, während man vergeblich darauf wartete, dass etwas passierte.
    Was war das?
    Sie richtete sich auf. Sie hatte etwas gehört, direkt vor der Tür. Oder doch nicht? Sie lauschte. Hatte sie sich vertan? Nein, da war es wieder. Ein seltsames, ungewohntes Geräusch. Eine Art Kratzen, ein Schaben auf Holz.
    Dann klopfte es. Zwei Mal, laut und nachdrücklich. Als ob jemand mit der ganzen Handfläche gegen die Tür schlug.
    Charlene zögerte. Irgendwas war hier total schiefgelaufen. Sie konnte nicht sagen, woher dieses Gefühl kam, aber sie bekam eine Gänsehaut an den Armen. Sie ging langsam zur Tür, drückte die Klinke runter und öffnete. Sie hielt die Luft an, als die Tür aufschwang. Die Scharniere gaben einen klagenden Laut von sich. Dort draußen stand ein Schatten. Ein Mensch. Es war Vilde. Sie war leichenblass und hielt die Arme vor sich ausgestreckt.
    „Hilf mir!“
    „ Sweet Jesus! “ Charlene zuckte zurück.
    Vildes Arme leuchteten in allen Schattierungen von Rot – von kleinen fast schwarzen Streifen bis hin zu hellroten Flecken, die fast hautfarben waren. Und es tropfte.
    Vilde stürzte vornüber und Charlene fing sie auf. Sie sanken zu Boden. Charlene zog Vilde in ihren Schoß und betrachtete ihren Körper. Blutete sie nur an den Unterarmen? Es sah ganz so aus. Sie konnte keine anderen Schnitte oder Flecken an ihrer Kleidung entdecken.
    Sie sah sich um und suchte nach irgendwas, womit sie die Wunden verbinden konnte, dann zog sie den Stuhl zu sich heran, auf dem sie immer ihre Kleider ablegte, und griff sich ein weißes T-Shirt, das sie für den nächsten Tag rausgelegt hatte.
    Erst dachte sie, sie würde es nicht schaffen, aber sie riss, so kräftig sie konnte, und das T-Shirt gab schon beim ersten Versuch nach. Scheiß Qualität! Thank God!
    Charlene riss den Stoff in vier Stücke, die sie um Vildes Arme wickelte. An jeden Arm zwei, damit die schlimmsten Schnitte versorgt waren. Die anderen waren nur oberflächlich und hatten schon aufgehört zu bluten.
    „Anywhere else? Vilde, listen to me.“ Charlene nahm Vildes Kopf zwischen die Hände. „Where does it hurt? Just your arms? Yes? Okay, okay. I’ve got that. It’s nothing big. I have stopped the bleeding. You are going to be fine. Okay? Do you hear me? You’re going to be fine.“
    „Ja“, flüsterte Vilde.
    „Okay. Good. Now … I’ll get help.“
    Charlene wand sich unter Vilde hervor. Sie nahm ein Kissen vom Bett und legte es unter Vildes Kopf. „Don’t do anything, you hear me? Don’t try and get up. I’ll be back in no time.“
    „Nein“,

Weitere Kostenlose Bücher