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Dark Village - Niemand ist ohne Schuld

Dark Village - Niemand ist ohne Schuld

Titel: Dark Village - Niemand ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjetil Johnsen
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sehen. Vilde schirmte mit der Hand die Augen ab.
    Die Abendsonne stand tief und blendete. Ja. Das war Nora. Sie stand vor dem 7 Eleven in der Nähe der Schule.
    Schon lustig, dachte sie. Da hatte sie Charlene erzählt, sie würde sich mit Nora treffen, und wer lief ihr über den Weg? Vilde hob die Hand, um zu winken und Hallo zu rufen, aber dann entdeckte sie Nick, der von der anderen Seite auf Nora zusteuerte.
    Vilde ließ die Hand sinken. Sie drehte sich um und ging in eine andere Richtung, sodass sie einen großen Bogen um die beiden machte. Sie hatte keine Lust, sich mit ihnen zu unterhalten, und noch weniger, ihnen beim Knutschen zuzugucken. Das hielt sie nicht aus. Nicht heute. Sie beeilte sich, Nora und Nick hinter sich zu lassen, und war froh, dass die beiden sie nicht bemerkt hatten.
    Als sie eine viertel Stunde später nach Hause kam, war das Auto ihrer Mutter nicht da, und auch Yngves Fahrrad fehlte. Sicher war er bei seinen Kumpels. Nur Charlene und ich. Wir ganz allein, dröhnte es in ihrem Kopf.
    Vilde überquerte den Hof. Charlene musste ihre Schritte auf dem Kies gehört haben, denn sie stand auf und kam ans Wohnzimmerfenster, lächelte und winkte.
    Sie war unglaublich schön. So schön, dass Vilde am liebsten stehen geblieben wäre, um sie für immer anzugucken. Am liebsten hätte sie nie wieder den Blick von ihr abgewandt. Wenn doch diese Sekunde, in denen Charlene am Fenster stand, winkte und sich freute, Vilde zu sehen, nur ewig gedauert hätten.
    Sie mag mich. Und vielleicht sogar mehr als das? Vielleicht war doch mehr zwischen ihnen als Freundschaft, mehr als ich finde dich nett. Vielleicht fühlte Charlene genauso wie sie?
    Vilde schloss die Haustür auf und kickte sich die Schuhe von den Füßen. Ihr Atem ging schnell und heftig, als bekäme sie nicht genug Luft. Ihr Hals schnürte sich zu und in ihrem Kopf pochte es. Sie wusste, dass etwas passieren würde. Dieser Moment konnte alles verändern.
    Geh rein und sag es! Geh rein und frag! Geh ins Wohnzimmer und ergreife die Gelegenheit!
    Aber sie schaffte es nicht. Sie konnte nicht. Der Schmerz in ihrem Inneren war zu groß. Da war Trine, die Verliebtheit, die nie hatte wachsen dürfen, der Verlust, den sie einfach nicht begreifen konnte. Und die Liebe … Die verstand sie auch nicht.
    Sie stürmte die Treppe hoch und ging in ihr Zimmer. Ihre Hände zitterten, als sie den Kleiderschrank öffnete. Sie durchwühlte die Klamotten, die zusammengefaltet im obersten Fach lagen, fand endlich, was sie suchte, und verließ den Raum, lief den Flur entlang zum Bad und schlüpfte durch die Tür.
    Sie stand mitten im Bad und rang nach Luft. Sie zwang sich, ruhiger zu werden. Sie wusste, dass sie sich beeilen musste. Charlene würde neugierig werden, vielleicht kam sie hoch, um nach ihr zu sehen.

5
    Charlene sah auf die Uhr. Zehn Minuten war es her, seit sie gehört hatte, dass Vilde oben ins Badezimmer gegangen war. Es war totenstill.
    Charlene stand auf und ging in die Küche. Das Bad lag direkt darüber. Sie lauschte mit schräg gelegtem Kopf, den Blick an die Decke geheftet.
    Nichts.
    Normalerweise wäre Charlene das vielleicht nicht aufgefallen, aber es war ja längst nichts mehr normal, spätestens seit ihr Vilde blutend in die Arme gefallen war.
    Charlene lief in den Flur und stieg die Treppe hoch. Ihr Mund war ganz trocken. Ich hätte früher nach oben gehen sollen, dachte sie. Warum hatte sie so lange gewartet? Zehn Minuten!
    Schnell warf sie einen Blick in Vildes Zimmer. Ja, es war, wie sie vermutet hatte. Vilde war nicht dort. Sie steuerte auf das Bad am Ende des Flurs zu. Die Tür war geschlossen.
    Sie klopfte. „Vilde?“
    Keine Antwort. Drinnen herrschte immer noch totale Stille. Charlene klopfte jetzt lauter und rief: „Vilde!“ Sie hörte, wie ihre Stimme kippte.
    Keine Reaktion.
    Sie drückte die Klinke herunter und schrak überrascht zurück, als sich die Tür widerstandslos öffnete.
    Please. Jesus Christ. This one thing … You can give me this one thing!
    Zentimeter für Zentimeter glitt die Tür auf und gab den Blick ins Bad frei. Der Boden war leer, bis auf Vildes Pulli, aber sonst nichts, nichts.
    Keine Vilde. Wo war sie? Was war passiert?
    Die Tür stand jetzt sperrangelweit auf. Charlene betrat das Badezimmer, beugte sich nach dem Pulli auf dem Boden und da entdeckte sie Vilde.
    „Oh no.“ Charlene japste. „Baby, no, no.“
    Sie ging neben der Badewanne in die Knie. Vildes Körper lag zusammengesunken am Kopfende. Sie hatte

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