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Dark Village - Niemand ist ohne Schuld

Dark Village - Niemand ist ohne Schuld

Titel: Dark Village - Niemand ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjetil Johnsen
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irgendwas?“
    „Nein.“
    „Aber … Ich muss jetzt los, bist du sicher, dass du allein zurechtkommst?“
    „Ja.“
    „Ruf mich an, wenn du aufgestanden bist, ja? Damit ich weiß, wie es dir geht.“
    „Ja, ja.“
    Und als Lena Kristine Sigvardsen Moe zur Arbeit kam und es sich gerade mit einer Tasse Tee in der Hand vor dem PC gemütlich gemacht hatte, segelte mit einem Pling die E-Mail in ihre Mailbox, die alles verändern sollte.
    „Hm“, sagte sie zu sich selbst. Der Absender war ein alter Bekannter von der Polizei im Nachbarbezirk.
    Es war ein kurzes Schreiben, nur ein paar Zeilen mit einer JPG-Datei im Anhang. Sie las die Nachricht, runzelte die Stirn und lud das Bild herunter. Sie öffnete es mit einem Doppelklick und merkte, dass sie die Luft anhielt, während der Picture Manager langsam startete.
    Das kann nicht sein, dachte sie. Das muss ein Irrtum sein .
    Aber es war kein Irrtum. Als sich das Foto endlich aufgebaut hatte, konnte sie Gesicht, Kennzeichen und den Zeitpunkt, an dem das Foto aufgenommen worden war, deutlich erkennen.
    Verdammte Axt! Lena Kristine Sigvardsen Moe sank zurück in ihren Bürostuhl. Es dauerte ein paar Minuten, bis sie sich so weit gefasst hatte, dass sie das Foto ausdrucken und sich Gedanken machen konnte, wie sie das dem Ermittlungsleiter beibringen sollte.
    Freundliche Reaktionen auf schlechte Nachrichten waren nicht gerade seine Stärke.

2
    Nora kam nicht in die Schule.
    Jetzt ist es wirklich aus , dachte Nick. Schluss und vorbei. Er hatte einen metallischen Geschmack im Mund.
    Er funktionierte nicht mehr. Kopf und Körper weigerten sich zusammenzuarbeiten. Er konnte nichts anderes mehr denken, als dass er die Sache mit Nora in Ordnung bringen musste. Wenn es zwischen ihnen aus war, war es auch mit ihm vorbei.
    Aber warum? Woran lag das? Warum war sie so wichtig für ihn?
    Gestern noch hätte er gesagt, weil er sie liebte. Aber jetzt – als er das Gefühl hatte, sie verschwand – war es kein Liebeskummer, was ihn quälte. Es war nicht die Vorstellung, sie nie wieder küssen oder im Arm halten zu können.
    Nein. Es war das allumfassende Gefühl, endgültig verloren zu sein. Sie war seine letzte Chance. Wenn nicht einmal Nora ihn haben wollte – die so gut und lieb war –, wollte ihn niemand mehr. Dann war er fertig.
    Und während er im Klassenzimmer saß und die Lehne ihres leeren Stuhls betrachtete, verlor er sich selbst. Es passiert genau in diesem Moment. Der Prozess hatte schon vor vielen Jahren begonnen und steuerte jetzt auf das Ende zu.

3
    Der Pflegevater arbeitet im Stauwerk. Er sitzt in einem Raum mit Hunderten von Knöpfen und verfolgt die Abläufe dieser gigantischen Anlage auf einem riesigen Bildschirm. Von außen ist der Staudamm ein Monster. Es ist ein riesiges Etwas in Schwarz und Grau, das sich in einem leichten Bogen von einem Ufer zum anderen zieht. Auf der einen Seite der Betonmauer ist ein neuer See entstanden, in dem das Wasser höher steht als in dem alten Fluss. Auf der anderen Seite ist ein lebensgefährlicher Abgrund, mindestens zehn Meter hoch, und in der Tiefe sprudeln weiß schäumende Wassermassen in den neuen Fluss. Er ist nicht mehr so tief wie früher, aber die Strömung ist viel, viel stärker. Es zischt in der Luft und brüllt.
    Manchmal träumt Nicholas vom Stauwerk. Manchmal sieht er Katie vor sich, wie sie sich von dort auf den Heimweg macht, mit hängenden Schultern, die Haare im Gesicht und mit nassen Wangen. Die Silhouette einer gebrochenen Menschengestalt vor dem riesigen Staudamm.
    Häufig ruft der Pflegevater, wenn er Nachtschicht hat, zu Hause an und sagt, er hätte sein Pausenbrot vergessen. Könnte Katie nicht so lieb sein und ihm ein paar Scheiben vorbeibringen?
    Nicholas ist ihr gefolgt. Er hat nicht beobachtet, was drinnen passiert ist, aber er weiß, dass die beiden jedes Mal mindestens eine halbe Stunde allein sind, und er hat Katie gesehen, wenn sie herauskommt.
    Das reicht. Katie muss nichts sagen. Sie taumelt heimwärts mit dem Monsterdamm im Rücken und zwingt ihren geschundenen Körper den schmalen Pfad entlang. Vorsichtig, sehr vorsichtig, als schmerzte sie jeder Schritt, setzt sie einen Fuß vor den anderen.
    Und Nicholas weiß, was er zu tun hat.

4
    „Er kann es nicht getan haben“, sagte Lena Kristine Sigvardsen Moe.
    Sie stand in der Tür und sah den Ermittlungsleiter an. Er hob den Blick von dem Haufen Papier, der vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Er blickte sie über den Rand seiner Lesebrille

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