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DARKNET

DARKNET

Titel: DARKNET Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Suarez
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Verwirklichung eines Lebenswunsches. Wann immer ihm irgendein Idiot einen legitimen Grund gab, es in Darknet-Diensten zu tun, hätte er ihn am liebsten geküsst.
Danke, du Schizo.
    Loki gab Gas und preschte zu den neben dem Gleis liegenden Männern. Sie waren immer noch geblendet. «Wenn es nach mir ginge, würde ich euch töten – aber ich kann es nur tun, wenn ihr mir einen guten Grund gebt. Wenn ich zurückkomme und ihr nicht mehr hier liegt, folge ich der Wärmesignatur eurer Fußspuren, bis ich euch gefunden habe, und knalle euch beide ab. Habt ihr verstanden?»
    «Ja! Ja!»
    Loki donnerte tunneleinwärts, high vom Adrenalin in seiner Blutbahn.
    Nach etwa zweihundert Metern sah er vor sich im Tunnel ein farbiges D-Raum-Objekt glimmen. Er fuhr weiter und erkannte ein virtuelles Portal, das eine Aura von farbigem Licht umgab. Er stellte den Motor ab, stieg von der Ducati und ging auf das Portal zu. Die Stahlnägel seiner wadenhohen schwarzen Stiefel klackten bedrohlich auf dem Schotter des hallenden Tunnels. Dann stand er vor einer Einbuchtung in der Tunnelwand.
    Im realen, dreidimensionalen Raum war dies nur eine bogenförmige Steinnische – eine Stelle, wo sich Gleisarbeiter vor heranratternden Zügen hatten in Sicherheit bringen können. Doch im Basis-D-Raum-Layer, das auf dem GPS -Gitter lag, war es auch ein Tor zwischen Welten. In diesem Fall zwischen dem D-Raum und einer von Sobols Game-Welten –
Over the Rhine
, einem im Zweiten Weltkrieg angesiedelten Online-Spiel. Hier trafen sich der D-Raum und eine Level-Map, die Loki nur zu gut kannte. Vor sich sah er, auf die Wirklichkeit projiziert, ein mit Stacheln gespicktes virtuelles Fallgitter, durch das der Blick in die Monte-Cassino-Map ging.
    Hinter dem Fallgitter stand sein alter Widersacher – Oberstleutnant Heinrich Boerner, der berüchtigte virtuelle SS -Offizier im langen Ledermantel, ein Eisernes Kreuz am Band unter dem steifen Kragen seines Waffenrocks.
    Er war nur ein Game-Bot. Eine elektronische Ausgeburt der Phantasie Matthew Sobols, und dennoch war der schurkische Boerner unglaublich gerissen. Loki wollte sich gar nicht zu genau erinnern, wie oft er in
Over the Rhine
von diesem Bot virtuell getötet worden war. Und jetzt stand Boerner hier vor ihm.
    Boerner hatte wie immer ein Monokel im rechten Auge und eine lange schwarze Zigarettenspitze zwischen den Zähnen. Er blies volumetrischen Rauch aus, ehe er grüßend nickte – und seine Stimme mit ihrem harten deutschen Akzent über Lokis Headset sagte: «Guten Abend, mein Herr. Sehr erfreut, Sie wiederzusehen.»
    Seit Loki Level 50 erreicht hatte, hatte er immer wieder Darknet-Messages von einer KI erhalten, die behauptete, Boerner zu sein. Anfangs hatte er sie ignoriert, aber sie waren weiter gekommen, umso hartnäckiger, je tiefer Lokis Rufwert gesunken war. Loki musste daran denken, welch tröstliche Zuflucht
Over the Rhine
in schwierigen Zeiten für ihn gewesen war. Auf eine perverse Art war Boerner fast so etwas wie ein alter Freund. Ein alter Freund, der ihn tausendmal getötet hatte.
    «Was willst du, Boerner?»
    «Wie ich sehe, haben Sie es zu etwas gebracht», schnarrte Boerner.
    «Einen Dreck siehst du. Deine Augen sind Bitmaps. Komm auf den Punkt.»
    «Mein Freund, ich kann nur einfache und klare Aussagen verstehen.»
    Loki vereinfachte. «Warum hast du mich kontaktiert, du Dreckskerl?»
    «Warum?» Boerner hob in einer ausladenden Geste die Hände. «Weil wir beide geistesverwandt sind.»
    «Du bist ein 3D-Modell mit einer gescripteten Psychose, das ist alles, was du bist.»
    «Ich verstehe Sie nicht, aber …» – Boerner umgriff die Gitterstangen mit seinen in schwarzen Handschuhen steckenden Händen. Seine Finger wurden, als sie in den D-Raum eintraten, schlagartig viel realistischer – « … Ihr Ton klang unfreundlich. Sind Sie deshalb so unbeliebt?»
    «Leck mich.»
    Boerner gab das vertraute diabolische Lachen von sich. «Ja, ich denke doch, dass es so ist. Aber die Leute verstehen Sie nicht, so wie ich Sie verstehe. Vielleicht kann ich Ihnen ja in Ihrer Welt von Nutzen sein?»
    Loki war plötzlich beunruhigt. Ihm fiel wieder ein, wie hinterlistig Heinrich Boerner war. «
Meiner
Welt?»
    «Im D-Raum, mein Freund. Sie könnten mich aus dieser winzigen Welt befreien. Ich könnte Ihnen dienen. Wenn Sie mich hier herauslassen würden.»
    Loki erstarrte.
Im Ernst?
Die soziopathische Boerner- KI bat ihn, sie in den D-Raum zu lassen – und damit in eine Welt, in der sie

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