Darkover 02 - Herrin der Stuerme
fragte Allart sich. Damals hat sie sich an mich geklammert, weil ich stärker war und sie meine Kraft brauchte. Aber jetzt, da sie mich nicht mehr braucht, wird sie mich da noch lieben?
»Komm, Cousine«, sagte Rosaura. »Ich muß dir ein paar Kleidungsstücke suchen. In den Sachen, die du jetzt trägst, kannst du nicht reisen.«
Cassandra lachte und blickte an dem lockeren, warmen Gewand der Überwacherin hinunter, das ihre einzige Bekleidung darstellte. »Ich danke dir, Cousine. Ich bin sehr eilig hierher gekommen und hatte keine Zeit, meine Habseligkeiten zu packen.«
»Ich werde dir Kleider für die Reise zusammensuchen, und etwas Unterbekleidung«, sagte Rosaura. »Wir haben etwa die gleiche Größe. Wenn du Burg Aldaran erreichst, kann man dir sicher passende Kleidungsstücke geben.«
»Gehe ich mit dir nach Aldaran, Allart?«
Ian-Mikhail schaltete sich ein. »Es sei denn, du würdest lieber hier bei uns bleiben … Wir brauchen immer sachkundige Überwacher und Techniker.«
In der Art, wie sie seine Hand drückte, war etwas von der alten, kindgleichen Cassandra.
»Ich danke dir, aber ich werde mit meinem Gatten gehen.« Die Nacht war weit fortgeschritten. Der Schnee tobte wild um die Höhen des Turms. Rosaura zeigte ihnen ein Zimmer, das im unteren Stockwerk vorbereitet worden war.
Als sie allein waren, fragte Allart sich erneut: Was kann ich einer Frau wie dieser geben? Sie ist nicht länger auf meine Kraft angewiesen! Aber als er sich ihr zuwandte, fühlte er, wie die Barrieren eine nach der anderen sanken, und sich ihr Geist traf, ehe er sie berührte. Er wußte: Zwischen ihnen gab es nichts Trennendes.
Im grauen Licht der Dämmerung wurden sie von einem plötzlichen Klopfen an der Tür geweckt. Es war nicht laut, hatte aber irgendwie einen drängenden Klang und barg eine Erregung, die Allart hochfahren ließ. Wild blickte er sich nach einem Grund um, der hinter dieser heftigen Störung liegen mochte. Cassandra richtete sich auf und sah ihn in dem trüben Licht ängstlich an.
»Was ist das? Oh, was ist das?«
»Damon-Rafael«, antwortete Allart, bevor er sich klar machte, daß das verrückt war. Damon-Rafael war zehn Tagereisen entfernt in den Tiefländern, und es gab keinen Weg für ihn, hier einzudringen. Und doch war der Anblick von Rosauras bleichem, geängstigtem Gesicht ein Schock für ihn, als er die Tür öffnete. Hatte er wirklich erwartet, seinen Bruder zu sehen, bewaffnet für einen Kampf oder um zu töten, bereit, in den Raum einzudringen, wo er – mit seiner Frau wieder vereint – schlief?
»Es tut mir leid, daß ich euch störe«, sagte Rosaura, »aber Coryn von Hali ist in den Verstärkern. Er sagt, er muß sofort mit dir sprechen, Allart.«
»Um diese Zeit?« Allart fragte sich, wer da wohl verrückt geworden war, denn die Dämmerung ging am Rand des Himmels gerade erst in Rosa über. Trotzdem kleidete er sich hastig an und eilte die lange Treppe zur Matrix-Kammer hinauf, weil er sich zu verwirrt fühlte, um sich dem Steigschacht anzuvertrauen.
Ein junger Techniker, den Allart nicht kannte, war in den Verstärkern.
Bist du Allart Hastur von Elhalyn? Coryn hat darauf bestanden, daß du geweckt wirst.
Allart nahm einen Platz in dem Verstärkerkreis ein. Als er seine Gedanken hinausstreckte, fühlte er Coryns Berührung auf seinem Geist. Cousin? Zu einer solchen Stunde? Was kann in Hali geschehen sein? Ich mag es genausowenig wie du. Aber vor wenigen Stunden kam Damon-Rafael wütend an die Tore von Hali und verlangte, daß wir ihm deine Frau übergeben – als Geisel gegen einen Verrat von deiner Seite. Ich wußte nicht, daß in unserer Familie der Wahnsinn grassiert. Allart!
Nicht Wahnsinn, aber eine Spur von Laran, und ein kleines bißchen meiner eigenen Vorausschau, sandte Allart als Antwort zurück. Habt ihr ihm gesagt, daß ihr sie hierher geschickt habt?
Ich hatte keine Wahl, erwiderte Coryn. Jetzt hat er verlangt, daß wir den Tramontana-Turm mit unseren Kräften angreifen, wenn sie nicht schnell einwilligen, sie zurückzusenden – und vor allem auch dich … Allart entfuhr ein bestürzter Pfiff. Hali war durch Gesetz und Brauch verpflichtet, seine Kräfte für den Elhalyn-Lehnsherren einzusetzen. Man konnte Tramontana mit psychischen Blitzschlägen bombardieren, bis die Arbeiter im Turm tot oder irre waren. Hatte er seinen Freunden hier, die Cassandra zu ihm gebracht hatten, den Untergang gebracht? Wie hatte er sie nur in seine Familiensorgen verwickeln können? Jetzt war es zum
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