Darkover 02 - Herrin der Stuerme
tatsächlich ein Kind zeugen? Würde es der Erbe von Aldaran sein? Die Vorausschau war so deutlich und unwiderruflich gewesen. Donal las seine Gedanken und starrte ihn hilflos an. Eine Andeutung davon erreichte auch den alten Mann, der in wildem Triumph lächelte, als er in Allarts Geist den Erben sah, von dem er so besessen war.
In diesem Augenblick betraten Margali und Cassandra die Halle. Aldaran blickte sie wohlwollend an.
»Ich habe nicht gedacht, daß eure Lustbarkeit so bald enden würde, Ladies. Als die Tochter des Hallenverwalters in das Alter kam, wurde in den Frauenräumen bis nach Mitternacht getanzt und gesungen …« Abrupt brach er ab. »Margali, Cousine, was ist los?«
Aber er las die Wahrheit von ihrem Gesicht ab.
»Schwellenkrankheit! Gnädiger Avarra!«
Plötzlich war Aldaran nur noch ein besorgter Vater. Ehrgeiz und Paranoia schienen verschwunden. Mit zitternder Stimme sagte er: »Ich hatte gehofft, sie würde davon verschont bleiben. Alicianes Laran ist früh über sie gekommen, und in der Pubertät hatte sie keine Krise, aber auf meinem Samen liegt ein Fluch. Meine älteren Söhne und Töchter sind so gestorben.« Er beugte das Haupt. »Ich habe seit Jahren nicht mehr an sie gedacht.«
Allart sah sie in seinem Geist, verstärkt noch durch die Erinnerung der alten Leronis: ein dunkler, lachender Junge; ein kleinerer, stämmiger Junge mit einem Schopf widerspenstiger Locken und einer dreieckigen Narbe am Kinn; ein hübsches, verträumt wirkendes, dunkles Mädchen, das in ihrer Art, den Kopf zu heben, auch Ähnlichkeit mit Dorilys hatte … Allart spürte in sich den Kummer des Vaters, der miterlebt hatte, wie die Krankheit sie auszehrte, wie sie einer nach dem anderen starben, all ihre Verheißung und Schönheit wie weggewischt. Im Geist des älteren Mannes sah er ein schreckliches Bild, das niemand austilgen oder ihn vergessen machen konnte: Das Mädchen lag gekrümmt am Boden, zukkend, das lange Haar ausgebreitet, ihre Lippen durchbissen, das Gesicht mit Blut beschmiert. Es zeigte die verträumten Augen eines gequälten, wahnsinnigen Tieres …
»Du darfst nicht verzweifeln, Cousin«, sagte Margali. »Renata hat sie darauf vorbereitet, es auszuhalten. Häufig ist der erste Anfall der schwerste. Wenn sie ihn überlebt, ist das Schlimmste vorbei.« »Es ist oft so«, sagte Dom Mikhail, dessen Stimme immer noch entsetzt klang. »So war es mit Rafaella; den einen Tag lachte sie, tanzte und spielte Harfe, am nächsten war sie ein schreiendes, gemartertes Ding, das in meinen Armen unaufhörlich zuckte. Sie hat nie mehr die Augen geöffnet, um mich zu erkennen. Als ihr Todeskampf vorbei war, wußte ich nicht, ob ich traurig sein sollte, oder froh, daß ihre Qual ein Ende hatte … Aber Dorilys hat überlebt.«
»Ja«, sagte Cassandra mitfühlend, »und sie hat nicht einmal eine Krisis gehabt, Dom Mikhail. Es gibt keinen Grund anzunehmen, daß sie stirbt.«
Donals Stimme war wild und zornig: »Weißt du jetzt, Vater was ich im Sinn harte? Bevor wir darüber sprechen, ihr ein Kind zu machen – sollten wir nicht wenigstens sicher sein, daß sie überhaupt eine Frau wird?«
Aldaran fuhr wie unter einem heftigen Schlag zurück. In dem ersterbenden Donner hinter den Fenstern war plötzlich ein Krachen und Rollen. Regen schlug auf die Scheiben, der sich prasselnd über sie ergoß; es klang wie der Schritt von Scathfells Armeen, die auf ihrem Marsch hierher waren.
Denn jetzt war Frühling in den Hellers, und der Krieg stand ihnen bevor.
25
Im ersten Mond des Frühlings regnete es unaufhörlich. Allart, der den Regen, weil er wußte, daß er die Straße für Scathfells Armeen unpassierbar machte, begrüßte, wurde noch immer von Unentschlossenheit gequält. Damon-Rafael hatte eine Botschaft gesandt, die freundschaftliche Teilnahme ausdrückte, für Allart aber erschien jede einzelne Zeile erlogen. Sie endete mit dem Befehl, sobald wie möglich zurückzukehren, wenn die Straßen wieder frei waren und er reisen konnte.
Wenn ich jetzt nach Hause zurückkehre, wird Damon-Rafael mich töten. So einfach ist es tatsächlich … Verrat. Ich bin durch einen Eid gebunden. Ich habe geschworen, seine Herrschaft anzuerkennen, und jetzt werde ich es nicht tun. Mein Leben ist verwirkt, denn ich habe meinen Eid gebrochen, wenn auch nicht in der Tat, so doch in Gedanken … Seine Unentschlossenheit ließ ihn in Aldaran bleiben. Er war froh über die Frühlingsregen, die ihn festhielten.
Damon-Rafael ist seiner Sache nicht
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