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Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya

Titel: Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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verlor er rasch die Unförmigkeit eines Neugeborenen. Seine Wangen, glatt wie eine Damaszenerrose, wölbten sich sacht den Lippen entgegen, die sich zaghaft bewegten, als sauge er. Wie bei ihr bedeckten unzählige Locken seinen Kopf.
    Als sie zu ihm hinabblickte, fasste sie Mut, und ihr Atem ging wieder leichter. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie hatte sich um seinetwillen durch die eiskalte Wildnis, den gefrorenen Fluss und mehr gekämpft, ohne jemals daran zu denken, wie er es ihr entgelten könnte.
    Vom Augenblick seiner Geburt an war er ein unerschöpflicher Quell der erstaunlichsten Gefühle gewesen, ein Sprudel goldener Wärme aus den Tieren ihres Herzens, eine Gewissheit, ein Frieden. Sie hatte ja keine Ahnung gehabt, dass es ein solches Glück überhaupt gab, bis sie ihn in den Armen hielt. Doch wie zerbrechlich konnte das Leben eines Babys sein, wie unsicher seine Zukunft. Sie schauderte bei der Vorstellung, dass ihm etwas zustoßen könnte.
    Bis Taniquel sich angekleidet hatte, leise, um nicht die Aufmerksamkeit ihrer Dienstmädchen zu wecken, war Julian erwacht. Sie stillte ihn in einem großen Polstersessel neben dem Kamin. Sie war gerade fertig und richtete die Falten ihres lose fallenden Gewands, als die Amme hereinplatzte und völlig aufgelöst erklärte, dass man sie sofort hätte rufen sollen, dass es unschicklich für Ihre Majestät sei, sich persönlich um das Baby zu kümmern, und ähnlichen Unfug, den Taniquel schon mehr als ein Dutzend Mal gehört hatte.
    »Schon gut!«, sagte Taniquel mit einem scharfen Unterton in der Stimme. Widerwillig reichte sie der Amme das Baby. »Du findest mich in den Gemächern meines Onkels. Wenn du so nett wärst, die Windeln des Kleinen zu wechseln. Und dann bring ihn mir bitte.«
    Rafael beendete gerade sein Frühstück und ging das Protokoll des anstehenden Tages durch. Er strahlte, als sie eintrat und ihn auf die Wange küsste, und lud sie ein, mit ihm zu essen.
    Taniquel häufte sich am Büfett großzügige Portionen auf den Teller, Würstchen, mit Obst gefüllte Pasteten und gekochte Eier.
    Als sie fertig war, widerstand sie dem Drang, auf und ab zu gehen, und ließ sich stattdessen neben dem kleinen Frühlingsfeuer nieder.
    Er musterte sie, helle Augen unter buschigen Brauen. »Wie ich sehe, bist du heute Morgen rastlos, Chiya, aber was willst du schon groß tun?« Seine Hand strich über die ordentlichen Zeilen eines Manuskriptes, das sein Sekretär ihm gereicht hatte. »Hier gibt es nichts Aufregenderes als einen Gesandten aus Isoldir, der über Fischereirechte und Flusstarife sprechen will.«
    Sie presste die Lippen zusammen. Ihrem flüchtigen Blick war nicht verborgen geblieben, dass eines der Dokumente das Wappen der Elhalyn trug. Schon wieder Darren-Mikhail. Er schrieb nicht zum ersten Mal und hielt offiziell um ihre Hand an. Zweifellos, hatte sie ihrem Onkel gesagt, war er der festen Überzeugung, dass er sie vor einer Zukunft als entwürdigte und heimatlose Witwe bewahren könne. Rafael hatte geantwortet, seit sie durch die Mutterschaft gereift sei, müsse ein Mann sich ihrer nicht mehr erbarmen, um eine Ehe mit ihr zu wünschen. Worauf sie bissig erwiderte, dass sie, wenn der Mann so von ihrer Gebärfreudigkeit hingerissen sei, er besser einem Oudrakhi-Weibchen den Hof machen solle. Als Taniquel, Königin von Acosta, habe sie Verpflichtungen, die weit über die völlig überflüssigen Aufmerksamkeiten eines Gemahls hinausgingen.
    Es wurde zu einem Spiel zwischen ihnen. Immer dann, wenn sie ihn an ihre Entschlossenheit erinnerte, Acosta für ihren Sohn zurückzugewinnen, wies er sie darauf hin, dass Darren ihr die Ehe angetragen hatte.
    Nachdem es an der Tür geklopft hatte, trat einer von Rafaels persönlichen Pagen ein und verneigte sich tief. »Euer Majestät, der Rat wünscht Eure Anwesenheit. Eine… « Der Junge stolperte über das unbekannte Wort, als er genau zu wiederholen versuchte, was man ihm aufgetragen hatte. »… eine Deputation ist in der Burg eingetroffen.«
    »Tatsächlich?« Rafael, durch die Neckereien des Morgens sichtlich in guter Laune, hob eine buschige Braue. »Was für eine Deputation?«
    »Männer. Auf Pferden. Mit Wimpeln.« Der Junge grinste. »Ich habe sie heranreiten sehen.«
    Taniquels Kehle wurde staubtrocken. »Welche Farbe hatten die Wimpel?«
    »Weiß und schwarz.«
    Sie suchte den Blick ihres Onkels. Wenn du nicht um meines Sohnes willen gegen Deslucido vorgehen willst, dann wenigstens um deinetwillen. Doch

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