Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
ihn natürlich in den höchsten Tönen loben, als gerechten und großzügigen König, als hingebungsvollen Schwiegervater, und sie als launische und kapriziöse Frau, die im einen Augenblick ein Versprechen gab und schon im nächsten davonlief, als Frau, die nicht einmal den Vater ihres Sohnes kannte, wenn Darrens Wiedergabe der Gerüchte zutraf.
Letzten Endes würde Belisars Wort gegen ihres stehen, wenn sie erklärte, sie hätten nicht das Bett, eine Mahlzeit und den Herd geteilt.
Das Gespräch wandte sich territorialen Fragen zu, ohne dass etwas gelöst worden wäre. Der Übergang war so fließend, dass gerade in seiner Mühelosigkeit eine Botschaft verborgen lag. Die beiden Missionen des Gesandten waren unauflösbar miteinander verbunden. Deslucido hatte Anspruch auf die Hastur-Länder erhoben, die an Acosta grenzten, ein dünn besiedeltes Berggebiet namens Drycreek. Taniquel dachte, dass man auf diese Gefahr reagieren müsse, bevor Deslucido die Zeit fand, seinen Einfluss auf Acosta zu festigen, doch sie schwieg. Die Zeit für präventives Handeln war ungenutzt verstrichen, trotz ihres Drängens. Alle Schmiede in Zandrus Hölle konnten dieses Banshee-Küken nicht mehr ins Ei zurückbefördern. Und nun wusste Deslucido auch noch, dass sie am Leben war, wusste, wo sie sich aufhielt, und wollte sie benutzen, um mit ihr zu schachern.
Der Gesandte sagte natürlich nicht ausdrücklich, dass Deslucido seinen Anspruch auf das Grenzland von Drycreek zurückzöge, wenn die Vermählung seines Sohnes erfolgte, doch die Bedeutung seiner Worte war klar.
Die Audienz dauerte so lange, dass Taniquel über die Ausdauer und Beharrlichkeit aller beteiligten Parteien nur staunen konnte.
Nichts wurde beschlossen, bis auf die Vereinbarung, die Gespräche fortzusetzen.
Taniquel bezweifelte nicht, dass Deslucido ohne Zögern einen bewaffneten Angriff befehlen würde. Wenn es für das Wohlergehen des Hastur-Königreichs nötig war, konnte es durchaus sein, dass man sie als Preis für den Frieden anbot. Etwas anderes durfte sie nicht erwarten.
Bitten können sie mich ja, aber ich werde nicht einwilligen. Ich kann nicht.
Nicht nur um Julians oder Acostas willen, sondern um ihrer selbst willen. Sie war nicht mehr das gehorsame Kind, das für eine arrangierte Ehe das Haus ihres Onkels verlassen hatte. Sie war herangereift, zu einer Königin, die die Treueschwüre von Männern entgegengenommen hatte, die doppelt so alt wie sie waren, zu einer Frau, die sich allein gegen Belisar und Deslucidos Laranzu behauptet hatte, die sich einen Weg durch Eis und Sturm und Laran-Zauber gebahnt hatte. Bevor Ambervale in Acosta einmarschiert war, hatte sie keine Ahnung gehabt, dass sie so etwas überhaupt konnte.
Was bin ich jetzt? Und was wird nun aus mir werden?
Schaudernd wünschte sie sich einen kleinen Teil der überirdischen Ruhe, die sie in Lady Caitlins Augen gesehen hatte. Wenigstens verlangte die Etikette, still zu sitzen und nichts von ihrem inneren Aufruhr zu zeigen. Nach und nach, Herzschlag um Herzschlag, verflog ihre Angst, und an ihre Stelle trat neue Entschlossenheit.
Als die Tage vergingen, wurde Taniquel der langen Stunden des Sitzens überdrüssig. Was sie hörte, hatte so wenig Substanz, und ein Großteil der Sprache war so indirekt und blumig, dass sie am liebsten aus der Haut gefahren wäre. Mehr als einmal war sie versucht, sich zu entschuldigen, um mit Julian zu spielen, durch den Garten zu gehen, sich im Bogenschießen zu üben oder auszureiten, von ein oder zwei Knechten begleitet. Wenn man auf diese Weise ein Königreich regierte, durch stundenlanges Herumsitzen und Wortgeplänkel, dann musste sie das wohl lernen.
Am Morgen nach der ersten Audienz hatte Rafael Taniquel eingeladen, mit ihm beim Frühstück in seinem sonnigen Wohnzimmer die Strategie zu besprechen, und das wurde ihr bald zur Gewohnheit. Heute, als es weniger förmlich zuging, wiegte sie dabei Julian in den Armen. Er war beim Stillen eingeschlafen, und der dünne Schleier, den sie aus Gründen der Sittsamkeit trug, bedeckte noch ihre Brust.
»Wenn irgendeine Möglichkeit besteht, den offenen Krieg zu vermeiden und nicht in die Zeit des Chaos zurückzufallen«, sagte Rafael, »müssen wir sie finden.«
Das Baby schien die jähe Anspannung ihres Körpers zu spüren, denn es wimmerte und bewegte sich. Sie tätschelte es, dann rückte sie Mieder und Schal zurecht.
»Was du ihm auch zugestehst, Deslucido wird sich nie zufrieden geben«, sagte sie. »Er
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