Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya

Titel: Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
Vom Netzwerk:
konnte er nicht gerade stolz sein. Er hatte die anderen vermutlich länger als ratsam beisammengehalten, weil sein eigenes Urteilsvermögen nicht mehr allzu zuverlässig gewesen war.
    Schon seit dem vergangenen Spätnachmittag hatte etwas an seinen Nerven gezerrt, etwas, das sich nie deutlich genug offenbarte, als dass er es hätte identifizieren können. Eigentlich hatte er mit Bernardo darüber reden wollen, um herauszufinden, ob es sich lediglich um natürliche Übermüdung auf Grund der anstrengenden Arbeit oder vielleicht um eine fehlgeleitete psychische Spannung handelte. Er wusste, dass er seit seiner Rückkehr nach Neskaya wesentlich feinfühliger geworden war. Auch Bernardo war das aufgefallen. Seiner Meinung nach war es gut möglich, dass Coryns Verbindung mit Taniquel, bei all der Empathie und Sensibilität, die sie für ihn empfand, tiefere Schichten seines Laran-Talents in ihm geweckt hatte.
    Taniquel!
    Auch jetzt hallte der unverkennbare Stempel ihrer Persönlichkeit, diese süße Wildheit, die ihr eigentliches, innerstes Wesen ausmachte, in seinem Geist wider. Da sie miteinander verbunden waren, war sie seinen Gedanken nie sehr fern. In der Phase kurz vor dem Einschlafen, nachdem er viele Stunden in der geistigen Gemeinschaft seines Kreises verbracht hatte, war er sogar noch empfänglicher für sie.
     
    Irgendwie war es ihr gelungen, ihn trotz der weiten Entfernung zu erreichen.
    Er schwang die Beine über die Bettkante und ging zum Fenster, das in dieser milden Jahreszeit offen stand. Ein blasser Lichtschein streifte den östlichen Horizont, zu dieser Stunde kaum mehr als ein goldfarbener Nebel. Coryns Schulter und Rücken schmerzten von den vielen Stunden ohne körperliche Bewegung.
    Taniquel verfügte über Laran, daran bestand kein Zweifel, aber sie war ungeübt im Gebrauch dieser Fähigkeiten. Soweit er wusste, besaß sie nicht einmal einen Sternenstein. Seiner Ansicht nach war das unverantwortlich. Aber ihre Familie, die sie in erster Linie als Mutter zukünftiger Söhne sah, empfand eine solche Ausbildung als reine Zeitverschwendung.
    Sie musste ihn verzweifelt zu erreichen versucht haben, selbst in seinem empfänglichen Zustand ein schwieriges Unterfangen.
    Was war geschehen? Hatten Deslucidos Truppen einen Sieg auf dem Schlachtfeld errungen? War sie in Gefangenschaft geraten?
    Bei dem Gedanken, dass sie in der Gewalt des Königs von Ambervale und seines Bruders sein könnte, setzte sein Herz kurz aus.
    Sanft klopfte er mit einer Faust gegen den hellblauen Stein der Fensterbank. Es gab nur einen Weg, um das herauszufinden.
    Coryn legte sich wieder ins Bett und zog die dünne Sommerdecke bis über die Brust. Aus dem gepolsterten Seidenbeutel, in dem er seinen Matrix-Stein verwahrte, holte er einige Haare, die sich in der Kupfernadel, die Taniquel ihm im Garten geschenkt hatte, verfangen hatten. Die Nadel selbst befand sich in seiner Truhe, zusammen mit der Umhangspange, die er von Rafael bekommen hatte, und anderen Kleinigkeiten, die nur für ihn Wert besaßen. Das filigrane Metallstück vibrierte noch von ihrer Energie, doch das Haar, das einmal ein lebendiger Teil ihres Körpers gewesen war, verfügte sogar über eine noch stärkere Resonanz. Er wickelte die Haare um die Finger. Sie schmiegten sich an seine Haut, als reagierten sie auf die Berührung.
    Er legte sich möglichst bequem auf dem Bett zurecht, mit einem Kissen unter den Knien und einem kleineren Kissen als Nackenstütze, so wie Gareth es ihn vor langer Zeit gelehrt hatte, als er zum ersten Mal nach Tramontana gekommen war. Dann schloss er die Augen, benutzte die ineinander verflochtenen Haare als Talisman und entließ seine Gedanken auf die Suche nach diesem flüchtigen Kontakt.
    Tani!
    So mühelos, als schreite er über die eigene Türschwelle, fand er sich in der Überwelt wieder. Seit seinen Lehrjahren als Novize in Tramontana hatte er sich schon viele Male dort aufgehalten, aber damals war es erst nach Stunden der Vorbereitung und unter der umsichtigen Anleitung seines Bewahrers möglich gewesen. Dies war, so fiel ihm auf, schon das zweite Mal in ebenso vielen Minuten, dass er an Tramontana gedacht hatte.
    Für den Unvorbereiteten war die Überwelt trotz ihrer gleichförmigen Stille ein gefährlicher, sogar lebensgefährlicher Ort. Es gab dort nur wenige Orientierungspunkte, und auch die konnten sich mit der Geschwindigkeit eines Gedankens verändern. Zeit und Entfernung verloren ihre gewohnte Bedeutung. Selbst ein erfahrener

Weitere Kostenlose Bücher