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Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya

Titel: Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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Belisar Deslucido. Er lag auf der Seite; seine Beine verschwanden unter dem Pferdekörper. Er presste eine Hand auf den Oberschenkel, und sein Gesicht war schmerzverzerrt. Als Taniquel ihr Reittier zügelte, schien die aufgehende Sonne ihm direkt ins Gesicht. Blinzelnd öffnete er die Augen.
    »Ihr seid mein Gefangener«, sagte sie.
    Er nickte mit einer Würde, die sie von ihm nicht erwartet hätte.
    Auf ihr Zeichen hin wälzten die Wachen das tote Pferd von dem Prinzen herunter. Belisar stieß einen Schrei aus, dann biss er sich auf die Lippen.
    Taniquel blickte aus dem Sattel auf ihren gefangenen Feind hinab, ohne etwas zu empfinden, nicht einmal Schadenfreude angesichts seiner Qualen. Sie hätte ihn hassen müssen, verzehrend und unversöhnlich. All seine Schandtaten hätten ihr wieder vor Augen stehen müssen, angefangen von Padriks Tod bis zu Belisars unverschämtem Grinsen, als er ankündigte, mit ihrer Zofe das Bett zu teilen, und dem endlosen Schrecken ihrer Flucht. Doch es gelang ihr nicht, den Hass heraufzubeschwören.
    Etwas floss wie Eiswasser durch ihre Adern. Angesichts des blutigen Gemetzels war ihr jedes persönliche Gefühl abhanden gekommen. Geblieben war die unumstößliche Gewissheit, dass das Geheimnis, wie man unter dem Wahrheitsbann lügen konnte, und alle, die diese Kunst beherrschten, ausgelöscht werden mussten. Das war es wohl, was eine echte Königin auszeichnete, dass sie ihre eigenen Wünsche dem Wohl ihrer Familie und ihres Landes unterordnete.
    Ein Soldat aus Acosta untersuchte rasch und geschickt Belisars Beine, tastete sie ab und bewegte vorsichtig die Gelenke von Hüfte und Knie. Belisar stieß zischend den Atem durch die zusammengebissenen Zähne aus, gab aber sonst keinen Laut von sich.
    »Das Bein ist gebrochen«, verkündete der Soldat und deutete auf Belisars Oberschenkel. Wie durch ein Wunder war das andere Bein unversehrt geblieben. Möglicherweise hatte der Gefangene vom Aufprall des Sattelknaufs innere Verletzungen davongetragen, doch das konnte der Soldat nicht mit Sicherheit sagen.
    Die aus dünnem, geschmeidigem Leder gefertigten Reithosen des Prinzen waren blutdurchtränkt. Unter dem Überzug aus Schweiß und Schmutz wurde sein Gesicht totenbleich. Hastig sprang Taniquel vom Pferd und kniete sich neben ihn. Als sie sich über ihn beugte, weiteten sich seine Pupillen. Sie fürchtete schon, dass es mit ihm zu Ende ging, doch da wurde sein Blick wieder klar.
    Taniquel strich mit ihrer Hand leicht über den Bruch. Obwohl ihre Finger das Leder kaum berührten, spürte sie, wie ein heftiger Schmerz den Verwundeten durchzuckte. »Ich will nur eines wissen.« Sie dämpfte die Stimme, damit die Umstehenden nicht hören konnten, was sie sagte. »Diese… Gabe Eures Vaters. Unter dem Wahrheitsbann zu lügen. Wie hat er sie erworben?«
    Sein Mund bewegte sich stumm, aufgesprungene Lippen verzogen sich. Er sah aus, als wollte er ihr ins Gesicht spucken. Dann schüttelte er den Kopf.
    Bedächtig, aber entschlossen legte Taniquel die Hand auf seinen zerschmetterten Schenkel und stützte sich mit ihrem ganzen Gewicht darauf. Belisars Körper krampfte sich zusammen, und er verdrehte die Augen. Für einen langen Moment stockte ihm der Atem. Die Muskeln in seinem Oberkörper bebten. Sie lehnte sich wieder zurück und wartete ab. Sie empfand noch immer keine Genugtuung angesichts seiner Leiden, und sie wollte ihn mit ihrer vorsätzlichen Grausamkeit auch nicht bestrafen. Sie tat einfach nur, was nötig war.
    »Ich frage Euch erneut.« Ihre Stimme klang so kalt wie der Stahl aus Zandrus Schmiede. »Woher hat Euer Vater diese Gabe?«
    »Sie… liegt in der Familie.«
    »Und Ihr? Verfügt Ihr ebenfalls darüber?«
    Seine blauen Augen weiteten sich. Das war Antwort genug.
    Sie wusste auch über die alten Laran-Zuchtprogramme Bescheid.
    Diese Gabe war erblich. Und sie vererbte sich zuverlässig vom Vater auf den Sohn.
    Taniquel befahl den Männern, Belisars Bein zu schienen, ihn auf eine Trage zu fesseln und dafür zu sorgen, dass er mit niemandem sprach. Er konnte nicht fliehen, und so, wie er beisammen war, hatte er nicht mehr lange zu leben. Falls er das Ende der Schlacht erlebte, konnte sie immer noch überlegen, wie mit ihm zu verfahren war, wie sie gewährleisten sollte, dass Darkover vor dieser Bedrohung ein für allemal sicher war.
    Hörnerschall erklang. Triumphgeschrei brandete auf. »Hastur! Hastur! Permanedal!« Der Hauptmann von Taniquels Leibwache, der vor ihr ritt, zügelte sein

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