Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
ist.
Also zügelte Coryn seine Gedanken, beruhigte seinen Atem und versuchte sich auf den Augenblick zu konzentrieren. Er wartete auf die Neuigkeiten, die irgendwann eintreffen mussten.
Die Küche von Tramontana befand sich direkt an der Rundung des Turms, weil die riesigen Herde Abzugsöffnungen benötigten; außerdem ermöglichten die Fensterreihen an der Außenwand einen natürlichen Lichteinfall. Einer der ersten Bewahrer, ein Feinschmecker, hatte angeblich die Küche genau hier errichtet, um den besten Koch im Königreich dazu zu bewegen, sich dem Turmpersonal anzuschließen. Wie viel Wahrheit die Geschichte nun auch enthalten mochte, der sonnenbeschienene Raum blieb jedenfalls noch an den düstersten Wintertagen heiter und fröhlich. Er nahm ein ganzes Viertel des Erdgeschosses ein und hatte eigene Türen, die nach draußen auf den Hof führten und hinab in die Keller, die mit Weinfässern, riesigen gewachsten Käserädern, Tonnen voller Nüsse, Äpfel und Kohl, gewaltigen Kästen mit Mehl und kleineren mit Getreide und Stockfisch gefüllt waren.
Durch die besondere Lage der Küche konnte Coryn hören, wie sich Hufgetrappel auf der Straße näherte.
Der Einäugige Rafe, Coryn versteifte sich und verlor die Fassung, um die er so lange gerungen hatte. Seine Hände umklammerten den Tischrand unwillkürlich so fest, dass ein Knöchel knackte.
»So spät noch ein Reiter?«, sagte Marisela. »Er wird ein Abendessen wollen.«
»Dem Klang nach hat er das arme Pferd ziemlich geschunden«, sagte Gareth. Er trug seine Schüssel zu der riesigen Steinspüle, in der schon Geschirr eingeweicht war, und trat geduckt durch eine Seitentür ins Freie.
Coryn kippte den Rest seines Jaco herunter, während Marisela umherwuselte und eine Mahlzeit für den eilenden Reisenden vorbereitete. Er musste versuchen, einen Hauch seiner früheren Ruhe zurückzugewinnen. Gemäß den Übungen, die er seit seinem ersten Jahr in Tramontana eingebläut bekommen hatte, atmete er tief und langsam, baute die Spannung in den Muskeln ab und sammelte sich.
Aran stand wartend in der Küchentür. Durch seine empathische Empfindsamkeit wusste er, dass etwas geschehen war. Seine schweigende Gegenwart sagte mehr als tausend Worte. Coryn berührte mit den Fingerspitzen die Oberseite von Arans Handgelenk.
Bredu, ich bin froh, dass du hier bist. Ich…
Einer der Novizen eilte herbei. Die Haare des Jungen standen von seinem geröteten Kopf ab.
»Es gibt Neuigkeiten von Verdanta! Ein Reiter! Kieran will, dass du… «
Obwohl Coryn viele Tage auf diese Worte gewartet hatte, durchlief ihn ein Schauder, und eiskalte Finger griffen nach seinem Herzen. Es ist also soweit. Du bist nicht allein, mein Bruder. Einen Moment lang hüllte Aran ihn in wohltuende Wärme.
Wenig später klopfte Coryn - Aran und der Novize nur einen Schritt weit hinter sich - an die Tür von Kierans Privatgemächern.
Auf ein Wort von drinnen hob er den Riegel an und trat ein. Der Anblick erinnerte ihn an sein erstes Gespräch in diesen Räumen. die enorme Schlichtheit des Zimmers, die Kühle, von der er nun wusste, dass sie nicht von erzwungener Nüchternheit herrührte, sondern von einem Temperaturunterschied. Kieran saß in demselben Stuhl wie damals und bedeutete ihm näher zu kommen. Der Bewahrer schien seit jenem Tag nicht gealtert zu sein, nur um die Schultern herum war er ein wenig schmaler geworden.
»Ich bedaure es, dich unter solchen Umständen sprechen zu müssen, Coryn«, sagte Kieran formell, »bin jedoch erfreut, dass du einen Freund hast, der dir zur Seite steht. Huy«, wandte er sich an den Jungen, »du kannst nun gehen, doch verlier kein Wort hierüber. Vergiss nicht, dass dies nur Coryn etwas angeht und nicht dich.«
Mit einem Nicken verschwand der Junge polternd die Treppe hinunter.
Coryn schloss die Tür hinter sich und sah den Einäugigen Rafe im Schatten hinter der Tür stehen. Als der alte Söldner einen Schritt nach vorn machte, fiel Licht auf sein Gesicht. Er sah aus wie um hundert Jahre gealtert, seine ganze eiserne Kraft schien verrostet zu sein. Seine Kleidung starrte vom Schmutz der Reise.
Kierans farblose Augen ruhten auf Coryn und drückten nichts als Sympathie aus. »Endlich sind Neuigkeiten aus Verdanta eingetroffen.«
Coryn versuchte in Rafes Gesicht zu lesen, in den tiefen Linien um seinen Mund, den geröteten Augen. Mit seiner durch jahrelange Ausbildung im Turm erworbenen Disziplin wartete er auf die Worte, die kommen mussten.
»Eine
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