Darkover 05 - Zandrus Schmiede
war. Der Mann, der es hielt, starrte ihn wütend an. Wirres, schwarzes Haar und ein Bart rahmten blaue Augen, eine gebogene Nase und volle Lippen ein.
Der Fremde trug eine fleckige, abgetragene Lederweste, die dick genug war, um einen beiläufigen Schlag abzuwehren. Eduin bezweifelte nicht, dass er genau wusste, wie man das Messer und die anderen Waffen benutzte, die sicher ebenfalls bereitlagen.
Eduin war ein im Turm ausgebildeter Laranzu. Er hatte von bloßem Stahl nicht viel zu befürchten. Ohne auch nur zu versuchen, die Messerspitze abzuwehren, griff er direkt nach dem Geist des anderen Mannes - und fand eine Spur von Laran.
Hinter dem Bart und dem kriegerischen Ausdruck verbarg sich ein erschreckend vertrautes Gesicht. Eduin hatte seinen ältesten Bruder nicht mehr gesehen, seit er selbst noch ein Kind und Gwynn bereits ein erwachsener Mann gewesen war.
»Was… « Gwynn wich zurück, eindeutig getroffen von dem unerwarteten mentalen Kontakt.
Eduin breitete die Arme aus. »Ich bin’s, Eduin! Erkennst du deinen eigenen kleinen Bruder nicht mehr?«
Die blauen Augen wurden zusammengekniffen. Mit einer geschickten Bewegung drehte Gwynn das Messer um und steckte es in die Scheide an seinem Gürtel. Er zog Eduin in eine raue Umarmung.
»Der kleine Eduin! Und jetzt ein erwachsener Mann - ich hätte dich nie wieder erkannt.«
Gwynn schlug fest genug auf Eduins Rücken, um einen Hustenanfall auszulösen. Die Lederweste kratzte an Eduins Gesicht, und der Gestank eines Menschen, der sich zu lange nicht gewaschen hatte, trieb ihm die Galle in die Kehle. Er entzog sich seinem Bruder, sobald er es konnte, ohne beleidigend zu wirken.
»Vater hat mir eine Nachricht nach Arilinn geschickt. Ist er… «
»Er ist immer noch bei uns, Junge.« Gwynn brachte Eduin ins Haus. Die Enge des Hauptraums umgab sie. Das kleine Feuer, das in der Feuerstelle tanzte, konnte nichts gegen die feuchtkalte, bedrückende Atmosphäre ausrichten.
»Ich bin selbst erst vor zwei Tagen angekommen… «, sagte Gwynn.
Und du hast seitdem nicht daran gedacht, dich zu waschen.
»Ein Mädchen aus dem Dorf hat ihn gepflegt und ihm zumindest nicht geschadet. Er hat sich ein bisschen aufgerappelt, nachdem ich ihm ein wenig anständiges Bier eingeflößt hatte, aber ich fürchte immer noch… Arilinn sagst du?« Die blauen Augen, in dem trüben Licht nun umschattet, veränderten den Ausdruck. »Aus dem Turm dort? Du? Ein Zauberer?«
»Ja, ich bin ein Laranzu, ein Matrixtechniker«, erwiderte Eduin rasch. »Und ich bin auch als Überwacher, als Heiler, ausgebildet. Ich muss ihn sofort sehen.«
Er drängte sich vorbei an Gwynn und in das Zimmer, das immer das seines Vaters gewesen war. Es war kaum groß genug für ein Bett und eine Kleidertruhe, aber ein Hocker war neben das Bett gestellt worden. Das Fenster auf der gegenüberliegenden Seite, alt und mit dickem Glas, ließ wässriges Licht ein.
Der alte Mann lag auf dem Rücken, einen Arm an der Seite, die andere Hand auf seiner Brust. Das Bettzeug, so fadenscheinig es war, war geglättet und ordentlich um ihn herum festgesteckt worden, und mehrere Lagen dünner Kissen stützten seinen Kopf. Sein Bart war frisch gekämmt; er lag wie Schnee auf seiner Brust. Auf dem Boden stand ein Becher mit dunkler Flüssigkeit, die immer noch ein wenig dampfte, und ein Holzlöffel lag daneben.
Eduin setzte sich auf den Hocker und spürte so etwas wie Bedauern, weil er seinen Bruder verurteilt hatte. Gwynn mochte ein harter Mann sein, aber er hatte sich liebevoll um ihren Vater gekümmert. Wenn er sich nicht gewaschen hatte, lag das sicher daran, dass ihm das Wohlergehen des alten Mannes wichtiger gewesen war.
Sanft legte Eduin eine Hand auf die Hand seines Vaters. Er spürte keine Reaktion. Die Haut war heiß und dünn, aber nicht vollkommen trocken. Die Brust hob und senkte sich stockend. Eduin legte die Fingerspitzen an das knochige Handgelenk, um den Puls zu fühlen. Er war schwach, aber regelmäßig.
Avarra sei gedankt, ich bin noch rechtzeitig gekommen.
Rauch aus dem Feuer musste in seine Augen geweht sein, denn sie brannten, als er sich umdrehte, um seinen Bruder anzusehen. »Kümmere dich um mein Pferd und bring meine Satteltaschen rein. Ich werde für ihn tun, was ich kann.«
Ohne ein Wort ging Gwynn nach draußen. Eduin setzte sich so zurecht, dass er mit den Händen über den Körper seines Vaters streichen konnte. Er schloss die Augen und holte mehrmals tief Luft. Jeder Atemzug versetzte ihn mehr
Weitere Kostenlose Bücher