Darkover 05 - Zandrus Schmiede
in einen Zustand angemessener geistiger Empfänglichkeit. Es war ein paar Jahre her, seit er als Überwacher gearbeitet hatte; Heilen hatte ihn nie besonders interessiert. Aber er beherrschte die Grundlagen, und sei es nur, weil er hatte wissen wollen, wie man Laran benutzen konnte, um den Herzschlag eines Menschen anzuhalten.
Nun saß er sehr still da, und er konnte das Keuchen und Ächzen hören, wenn der alte Mann atmete. Nachdem er sich einen flüchtigen Überblick verschafft hatte, konzentrierte er sich auf die Lunge.
Die alten Wunden hatten Narben hinterlassen. In vielen Bereichen waren die zarten Luftbläschen zerrissen, aber das war vor langer Zeit geschehen. Der Körper hatte sich dem beeinträchtigten Luftfluss so gut wie möglich angepasst. Nun erstickte Flüssigkeit den größten Teil eines Lungenflügels und die unteren Bereiche des anderen. Gwynn hatte sich gut um den alten Mann gekümmert, aber es war dennoch zu wenig gewesen und zu spät geschehen. Eduin wusste nicht, ob selbst eine Laran-Heilung hier noch helfen konnte.
Er musste sich tief ins Lungengewebe versenken, bis auf die Zellebene. Tröpfchen für Tröpfchen, Molekül für Molekül, musste er den Stau beheben und den Blutfluss stärken.
Eduin visualisierte jedes Luftbläschen, jedes Blutgefäß wie kleine Flecke in blassem Rosa, umschlossen von einem Gewebe von Membranen. Wohin immer er sich wandte, fraßen Mikroben am sterbenden Gewebe, und es wurden mehr und mehr. Das Fieber, das der Körper in einem Versuch, sich zu retten, geschaffen hatte, fiel bereits. Der Kampf schien verloren.
Eduins Herz bebte. Ihm war nicht klar gewesen, wie ausgedehnt der Schaden war, wie weit die Infektion reichte. Nach allen ihm geläufigen Maßstäben war die Krankheit seines Vaters hoffnungslos weit fortgeschritten. Bei den Fällen von Lungenentzündung, bei denen er geholfen hatte, waren die Patienten körperlich stark genug gewesen, um dagegen anzukämpfen, wenn man ihnen die Gelegenheit gab. Aber er sah, dass das Immunsystem seines Vaters von Augenblick zu Augenblick schwächer wurde.
Trotz keimte in ihm auf. Er war nicht all diese Meilen geritten, um feststellen zu müssen, dass seine Hoffnungen erst erfüllt und dann zerstört wurden; um seinen Vater noch lebendig zu finden und ihn dann abermals zu verlieren. Nicht, wenn es in seiner Macht lag, ihn zu retten.
Ohne jede Vorsicht warf er sich in die Arbeit. Er spitzte seinen Willen wie einen Speer zu, wie einen feurigen Blitz. Unter seinem Angriff welkten Teile der Infektion. Feuchtes, geschwollenes Gewebe schrumpfte zu normaler Größe. Er spürte, wie Luft in zuvor verstopfte Passagen drang, und eine winzige Erhöhung der Lebensenergie.
Aber er war zu langsam, als er sich Schicht um Schicht durch die Lunge bewegte. Sein Vater schwand zu schnell dahin. Wenn Fidelis hier gewesen wäre oder sogar Cerriana, hätte einer von ihnen den alten Mann am Leben erhalten können, während der andere sich um die Infektion kümmerte.
Er konnte es allein nicht schaffen, und deshalb würde sein Vater sterben. Eduin tobte in lautloser Anklage gegen die Götter, die dies geschehen ließen. Man hatte ihn so jung weggeschickt, er hatte sein ganzes Leben dem Gehorsam gewidmet, hatte sich bemüht, den Traum seines Vaters zu erfüllen, und dafür Freundschaft und sogar Ehre aufgegeben. Er hatte Carolin verraten, den er liebte wie einen Schwurbruder. Und nun seinen Vater zu verlieren, ohne auch nur Gelegenheit zu haben, sich zu verabschieden und seinem Opfer einen Sinn zu geben…
Eduins geistiger Blick verschwamm. Seine Konzentration brach. Er konnte die Struktur des kranken Organismus nicht mehr vor seinem geistigen Auge sehen. Während er sich anstrengte, um sich wieder zu konzentrieren, fiel ihm etwas auf, das er zuvor nicht bemerkt hatte. Energiemuster überlagerten die körperlichen Strukturen. Er veränderte seinen geistigen Blick und sah sie als farbige Ströme und Knoten. Aufgeregt erkannte er sie als Laran-Kanäle.
Wie hatte er vergessen können, dass sein Vater Rumail von Neskaya war, einstmals der mächtigste Laranzu seiner Zeit? Eduin war nicht allein. Wenn er den Geist seines Vaters erreichte, würden sie den Körper des alten Mannes gemeinsam reinigen können.
Vater!, rief er mit aller Macht seiner Fähigkeit und seiner Liebe. Dann fiel ihm ein, dass die Geistesfunktionen des alten Mannes vielleicht durch das Fieber gestört waren, und er fügte Rumail! Rumail! hinzu.
Eine flüsternde geistige Stimme,
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