Darkover 05 - Zandrus Schmiede
Ergib dich, oder ich werde mir nehmen, was ich brauche! Die Worte dröhnten durch Eduins Kopf. Gib nach, oder wir werden beide sterben!
Etwas in Eduin brach, ein Bollwerk riss, eine Strohwand wurde von einem Wirbelwind zerfetzt. Er verlor alles Gefühl seiner selbst als eigenständiges Wesen. Es gab keinen Unterschied mehr zwischen dem, der nahm, und dem, der gab. Zwei Geister wurden eins, gefangen in einem mentalen Strudel.
Wie der Himmel in den Hellers nach einem Unwetter zögernd heller wird, wurde der Tumult weniger chaotisch. Ordnung erschien unter der unnachgiebigen Herrschaft seines Vaters. Eduin hätte nicht sagen können, was hier genau geschah; manchmal hatte er den schwachen Eindruck von Flüssigkeiten - Lymphe, Plasma, Blut -, die durch Gewebe drangen, durch bunte Knoten, die davon überflutet wurden und dann nachgaben. Aber ob diese Dinge in seinem eigenen Körper oder dem eines anderen geschahen, hätte er nicht sagen können. Einmal hörte er jemanden aufschreien. Zu einem anderen Zeitpunkt spürte er einen kalten Luftzug. Dann kam der Augenblick, in dem Eduin wahrnahm, wie die Kraft seines Vaters zurückkehrte, und zwar getrennt von seiner eigenen. Zunächst fühlte er sich dadurch ermutigt, getragen wie von einem anschwellenden Strom. Dann veränderte sich das Bild, wurde dunkler und fester. Druck wie von einer Faust aus Granit umgab ihn. Er kämpfte dagegen an, als sie sich immer fester um ihn schloss. Schmerzen durchzuckten ihn wie Blitze.
Vater, nein! Bitte hilf mir!
Es kam ihm vor, als hätte er eine Ewigkeit zwischen erdrückendem Schmerz und verzweifelter Hoffnung gehangen. Plötzlich verging das Gefühl. Er war frei…
Nein, nicht frei, denn der schreckliche Druck befand sich nun in ihm. Seine gnadenlose Macht hatte jeden geheimen Gedanken, jeden Augenblick des Selbstzweifels und der Schande bloßgelegt.
Erinnerungen blitzten hinter seinen Augen auf: Carolins warmherziges Lächeln, das köstliche Gefühl, an der Seite seines Freundes durch ein von der Sonne gewärmtes Feld zu schreiten…
Carolin, der auf den Apfelbaum stieg und sich mit dieser unbewussten Eleganz ausstreckte; sein eigenes Erkennen der Schwäche im Ast, das Wissen, dass er nur wenig tun musste, um die Holzfasern zu zerreißen, und Carolins Gewicht würde den Rest erledigen… und sein Zögern; Carolins Gesicht kreidebleich, als er reglos dalag; Varzil, der sich über ihn beugte und Sorge ausstrahlte; das Toben von Schuldgefühlen und Liebe in seinem eigenen Bauch…
Carolins Augen, groß vor Entsetzen und Verwirrung, als Eduin den Seidenbeutel öffnete und die Finger um seinen Sternenstein schloss; sein Geist, der den von Carolin berührte…
Carolins Gedanken wie eine Flut von Sonnenlicht; Türme erhoben sich vor kristallinem Himmel, die Felder lagen golden unter dem Wind, das Lachen einer Frau, ein galoppierender Rappe, erhobene Weinkelche, singende Männer; alles verblasste in dieser weißen elektrischen Überladung; sein eigener Körper riss sich los…
Beten. Nein, lass es noch nicht zu spät sein!
Carolins Augen, die sich öffneten; seine eigene Erleichterung, seine Scham…
Das Dutzend anderer Male, wenn er eine Gelegenheit zu spät bemerkt hatte, weil die schlichten Freuden der Gemeinschaft im Turm, der wachsende Stolz über seine Arbeit ihn abgelenkt hatten…
Wie trockenes Laub vor einem Winterwind wurden die Bilder zu Staub zerfetzt. Druck wurde zu Zorn. Du hast versagt! Du hast geschworen und den Schwur gebrochen! Du hast uns alle verraten…
Nein, Vater, bitte! Gib mir noch eine Chance. Ich werde es besser machen, das schwöre ich! Ich werde nicht wieder versagen!
Nein, das wirst du nicht.
Etwas in Eduins tiefstem Kern verzog sich, als hätte eine riesige Faust in ihn hineingegriffen, sein Herz aus der Halterung gerissen und es durch Eis ersetzt. Eduin hatte weder die Macht noch den Willen sich zu widersetzen. Er konnte nur entsetzt zusehen, wie das neue Herz zu schlagen begann, wie kaltes, bitteres Blut in jede Faser seines Seins strömte.
Und dann spürte er nichts mehr, keine Trauer, keine verborgene Schuld, keine Qual, keine Freude. Nichts als Leere und Entschlossenheit.
Eduin kam nur langsam wieder zu sich, als wäre er lange Zeit bewusstlos gewesen. Er saß vornübergebeugt da, sein Kopf ruhte beinahe auf seinen Knien. Seine Wirbelsäule knarrte, als er den Kopf hob. Gwynn stand in der Tür.
Vom Bett aus schaute sein Vater ihn an. Eine gesunde, rosige Farbe hatte die vorherige Blässe
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