Darkover 05 - Zandrus Schmiede
verloren, obwohl ihre Leben sich in sehr unterschiedliche Richtungen entwickelt hatten.
Er arbeitete weit bis in den Abend und machte nur eine Pause für ein privates Abendessen in seinen Gemächern zusammen mit Alianora und den beiden Jungen. Rafael, der ältere, rannte entzückt auf ihn zu. Alianora trug den kleinen Alaric mit einer Leichtigkeit, die sowohl von tiefer Zuneigung als auch von Übung sprach. Sie war längst in ihre eigenen Gemächer gezogen, aber bei solchen Gelegenheiten traf sie sich häufig mit Carolin. Aus der offensichtlichen Zuneigung der Jungen zu ihr schloss Carolin, dass sie ebenso viel Zeit im Kinderzimmer verbrachte wie in ihrem eigenen Wohnraum.
Die Mutterschaft hatte Alianora ein wenig rundlicher gemacht und ihr eine Haltung sanfter Zufriedenheit verliehen. Sie blieb reserviert, eine grundlegend zurückhaltende Person. Nur ihre Kinder, zwei schöne, gesunde Söhne, und ein weiteres, das auf dem Weg war, konnten bei ihr so etwas wie Leidenschaft hervorrufen. Sie erkundigte sich nicht nach der Beisetzung und auch nicht nach Carolins anderen Angelegenheiten; er war nie sicher, ob sie es unangemessen fand zu fragen, oder ob solche Dinge sie einfach nicht interessierten. Es schien, als genügten ihr die Kinder; sie waren ihre gesamte Welt.
Carolin lehnte sich zurück, trank den letzten Schluck seines einen Kelchs Wein und betrachtete seine Familie. Vater zu sein, hatte ihn überrascht; die Erinnerung an das erste Mal, als er Rafael in den Armen gehalten hatte, bewirkte immer noch ein überwältigendes Gefühl von Zärtlichkeit. Nun beobachtete er, wie sein Sohn vor der Feuerstelle spielte und Alaric in den Armen seiner Mutter lag, und er versuchte, diese Bilder seinem Geist einzuprägen. Außerhalb der zerbrechlichen Zuflucht dieser Mauern lauerten ungeahnte Gefahren. Er wusste, es war dumm, zu viel Zuneigung zu Kindern zu empfinden, die aus hundert Gründen sterben konnten, von Lungenfieber bis zur Schwellenkrankheit, und im Fall der kleinen Prinzen auch durch Attentate.
Nein, er wollte nicht daran denken. Er musste weitermachen, als wäre alles in Ordnung, musste sich an den Traum von einer Welt klammern, in der Kinder wie Rafael und Alaric keine Angst zu haben brauchten, dass man sie als Geiseln nahm oder ihnen Gift in die Milch tat, dass feindliche Armeen vor dem Tor auftauchten oder Haftfeuer vom Himmel regnete.
In dieser Welt war die Liebe, die in seinem Herzen wuchs, so kostbar…
Er dachte auch an andere Arten von Liebe. Die Liebe, die er zu seinen Eltern empfunden hatte. Die Liebe zu seinen Freunden, zu Orain und Jandria und Maura. Zu Varzil.
Nun bemächtigte sich seiner eine sachte Traurigkeit. Das war zweifellos der Einfluss der Ereignisse des Tages, der intensiven, unausgelebten Gefühle der Beisetzung, was gesagt worden und was ungesagt geblieben war. Er hatte gesehen, wie Varzil Felicia Leynier angeschaut hatte, hatte ihren Augenblick mentaler Vereinigung gefühlt. Man brauchte kein Telepath zu sein, um zu erkennen, dass die beiden ineinander verliebt waren oder es bald sein würden.
Er würde nicht darüber sprechen; über einige Dinge sprach man nicht, und was sollte er schon sagen? Dass er sich für seinen Freund freute? Dass er fürchtete, eine solche Verbindung könnte niemals glücklich enden? Dass entgegen aller Vernunft ein geheimer Teil von ihm sich wünschte, er hätte solche Liebe kennen gelernt?
»Du siehst müde aus«, sagte Alianora. »Und die Jungen gehören ins Bett. Werden wir dich noch einmal sehen, bevor du zum Blauen See aufbrichst?«
Carolin riss sich aus seiner Melancholie; die Frau vor ihm war ihm di Catenas angetraut, die Mutter seiner Kinder, die ihr eigenes Versprechen gehalten hatte, ihm eine gute, pflichtbewusste Gemahlin zu sein. Wie konnte er sie beleidigen, indem er sich wünschte, sie wäre jemand anders?
Die Welt war das, was sie sein wollte, und nicht, was er sich wünschte, erinnerte sich Carolin an das alte Sprichwort. Er würde ein loyaler Prinz sein, ein treuer Ehemann, ein liebevoller Vater. Irgendwann, wenn er König war, hätte er vielleicht die Gelegenheit zu mehr.
Zwei Tage später machten sich Varzil und Carolin zu Pferd in die Venza-Hügel auf, nur sie beide und ein Chervine mit Vorräten. Es gab tatsächlich einen Blauen See, versicherte Carolin seinem alten Freund, und die meiste Zeit war er auch wirklich blau. Wenn das Wetter besser würde - und es sah danach aus -, würden sie angeln gehen können.
Sie trieben ihre
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