Darkover 05 - Zandrus Schmiede
geschehen ist.«
Felicia schaute aus dem Fenster und bebte vor lautlosen Tränen.
Selbst wenn er um ihretwillen log, was er nicht tun würde, hätte das keinen Sinn. Jeder im Kreis wusste, was sie getan hatte. Trotz aller Anstrengungen, es geheim zu halten, würde die Welt nach und nach davon erfahren. Es wäre nicht das erste Mal, dass solche Gerüchte über die Relais weitergegeben würden. Wenn sie selbst leugnete, was sie getan hatte, würde die Angelegenheit vielleicht im Sande versickern. Aber zu welchem Preis für ihre Integrität? Und für Frauen in Türmen überall? Für Darkover?
Sie musste es selbst entscheiden. Wenn er versuchte, ihr zu sagen, was sie tun sollte, würde er ihr Gegner werden statt ihr Verbündeter. Sie würde die richtige Entscheidung treffen, auf ihre eigene Weise und zu ihrem eigenen Zeitpunkt. Er bezweifelte weder ihren Mut noch ihre Fähigkeit, sich der Wahrheit zu stellen.
Er ging zu ihr, zog ihr die Steppdecke um die Schultern und küsste sie auf die Stirn.
»Du allein musst entscheiden.« Er schloss die Tür leise und ging in sein eigenes Zimmer.
Varzil hatte beinahe einen Zehntag lang keine Gelegenheit, allein mit Felicia zu sprechen. Baraks Kreis übernahm die Haftfeuer-Produktion, und Varzil und die anderen aus Austers Kreis nahmen sich weniger gefährlichen Aufgaben an. Es war nicht das erste Mal, dass Varzil als Bewahrer arbeitete. Zuvor jedoch war Auster immer da gewesen, hatte manchmal Ratschläge gegeben und manchmal nur schweigende Zustimmung. Obwohl die Projekte nicht besonders anstrengend waren, führte Varzil jedes mit äußerster Sorgfalt aus. Manchmal war er hinterher so erschöpft, dass er kaum die Energie hatte, nach oben in sein Zimmer zu gehen.
Felicia beteiligte sich an der Arbeit, sobald Fidelis sie für gesund erklärte.
»Ich bin nicht müder als jeder andere in diesem Kreis«, sagte sie zu Varzil, als sie im Gemeinschaftsraum vor dem Feuer saßen, beide mit einem Becher von Lunillas dampfendem Kräutertee. »Fidelis musste Barak versichern, dass das, was ich getan habe, mir nicht geschadet hat. Wenn ich ein Mann wäre, hätte sich die Frage nicht gestellt. Wenn ich mit dieser Sache weitermache, wird jeder Wichtigtuer von hier bis Temora mir über die Schulter spähen, meine Kanäle prüfen, und sie werden mich wie alte Glucken von allen Seiten umgeben.«
»Habe ich dir einmal erzählt, was passiert ist, als ich versucht habe, in Arilinn aufgenommen zu werden?«, fragte Varzil lächelnd. »Sie wollten mich nicht haben.«
»Dich? Das kann ich nicht glauben.«
»O doch. Es half nicht gerade, dass auch mein Vater vollkommen dagegen war. Ich glaube, ihre größte Angst war, dass ich im Turm sterben würde - ich sah ziemlich kränklich aus - und dass das zu einem Krieg führen könnte.«
Felicia senkte ihren Becher. »Du bist nicht gerade ein Bauer -stark wie ein Ochse und halb so intelligent -, aber Varzil, du hast eine solch gewaltige Begabung! Wie konnte das ihnen entgehen?«
»Es ist Auster nicht entgangen, aber ich musste erst meinen Vater überzeugen. Um das zu tun, musste ich meinen Bruder Harald vor Katzenwesen retten. Die Geschichte hast du vielleicht gehört. Was ich damit sagen will, ist, dass es immer Hindernisse gibt, ob sie nun unüberwindlich oder einfach nur lästig scheinen. Die Frage ist nicht, wie schwierig der Weg ist, sondern ob du tief im Herzen die Reise überhaupt unternehmen möchtest.«
Ich möchte… und ich möchte auch nicht…
Sie wandte sich ab und biss sich auf die Unterlippe. Er hatte sie selten so beunruhigt gesehen.
»Was bedrückt dich so? Es können nicht diese kleinlichen Ärgernisse sein. Du bist nicht jemand, der vor etwas zurückschreckt, das richtig ist, nur um deiner persönlichen Bequemlichkeit willen, selbst wenn es den Verlust deiner Anonymität bedeutete. Was hält dich wirklich zurück?«
Sie schwieg einen Augenblick. »Ich… ich bin nicht sicher. Ich habe versucht, über die Dinge nachzudenken. Ich sage mir selbst, wie schwierig es ist, sich gegen die Tradition und alles zu stellen, was man mich gelehrt hat. Ein gewisses Maß von Nervosität ist wohl normal, wenn man etwas Neues versucht. Ich denke, so war es auch für meine Mutter. Sie ist mit der Armee geritten, um Acosta zurückzuerobern, und so etwas hatte man noch nie zuvor gehört. Ich habe dieses Gefühl - ich weiß nicht -, dass es keinen Weg zurück geben wird, sobald ich diese Straße beschreite. Und ich kann ihr Ende nicht erkennen.
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