Darkover 05 - Zandrus Schmiede
dass sich eine Minderheit gegen die Wünsche von so vielen stellt. Wir brauchen eine neue Entscheidung, eine, die auf der heutigen Realität beruht, nicht auf der Laune eines Richters, der wahrscheinlich bestochen wurde.«
»Bestechung ist ein ernster Vorwurf«, sagte Carolin.
»Das hier ist genau die Art von Fall, bei dem wir Schutz brauchen«, erklärte der Vertreter von Hali. »Euer Majestät, als Verteidiger all Eurer Untertanen wenden wir uns an Euch.« Er hob den Blick zu König Felix, der die letzten fünf Minuten aus dem Fenster geschaut hatte.
»Ihr habt beide Eure Argumente vorgetragen«, warf Rakhal ein, »und mein Onkel wird sie bedenken. Komplizierte Angelegenheiten wie diese können nicht so rasch entschieden werden. Kommt im nächsten Monat zurück, und wir werden weiter darüber sprechen.«
Die beiden Vertreter der Städte, die einen Augenblick zuvor noch Gegner gewesen waren, wechselten einen entsetzten Blick. Der Mann aus Hali schluckte sichtlich eine Erwiderung herunter.
»Hoheit«, sagte der Richter angespannt. »Dieser Fall zieht sich bereits über eine gesamte Jahreszeit. Die Parteien haben für jeden Aspekt außer diesem einen Kompromiss erreicht. Ohne eine Entscheidung über den genauen Prozentsatz des zu beschlagnahmenden Zollanteils wird das Getreide den Rest des Winters in den Lagerhäusern liegen.«
»Ich verstehe nicht, wieso es so dringend ist«, sagte Carolin. »In der Kälte wird es doch sicher nicht verderben.«
»Es herrscht bereits Hunger in Thendara«, berichtete der Vertreter dieser Stadt. »Der Weizenpreis ist höher als das, was arme Leute sich leisten können. Am schwersten betroffen sind jene, die von der Freigebigkeit des Königs abhängig sind, denn diese Vorräte kommen direkt aus dem beschlagnahmten Gut.«
»Wir brauchen eine Entscheidung«, erklärte der Richter. »Und weil die Entscheidung im Präzedenzfall von Seiner Majestät getroffen wurde, kann auch nur er eine neue treffen.«
»Onkel«, sagte Carolin und riss damit den alten Mann sanft aus seinen Gedanken. »Ich denke, es wäre weise, diesen guten Leuten eine Entscheidung zu geben. Es ist unser eigenes Volk, das leiden wird, wenn dieser Fall weiterhin ungelöst bleibt.«
»Dann muss ich das wohl tun«, sagte König Felix. Er zuckte die schmalen Schultern, als versuche er, sich zusammenzunehmen. »Ja, äh, genau. Lasst mich die Aufzeichnungen sehen, auf die Ihr Euch bezieht.«
Rakhal warf Carolin einen wütenden Blick zu, suchte in den Papieren und holte schließlich eines heraus, dessen Ränder verfärbt und vom Alter eingerissen waren.
Felix betrachtete die Dokumente und bewegte leicht die Lippen, als er mit dem Finger jeder Textzeile folgte. »Ja, nun, äh… Elhalyn, erinnert Ihr Euch an diese Angelegenheit?«
Der alte Lord richtete sich auf, und seine Augen blitzten. »Jawohl, Majestät. Die Grundzölle waren in diesen Zeiten sehr viel niedriger. Wir haben eine kurzfristige Erhöhung angesetzt, um die relativen Kosten der unterschiedlichen Transportrouten auszugleichen, aber seitdem ist die Erhöhung permanent geworden. Die Steuern, die damit zusammenhängen, wurden mehrmals aus anderen Gründen erhöht. Wenn wir uns nun auf diese Entscheidung berufen, wäre das Ergebnis eine viel größere Last für die Kaufleute, als wir ursprünglich planten - als Euer Majestät damals planten, meine ich.«
»Selbstverständlich«, sagte Rakhal, »sind Euer Majestät frei, die Entscheidung auf jede Weise neu zu interpretieren, die Ihr wünscht.«
Carolin gefiel der aalglatte Ton seines Vetters nicht, und auch nicht seine Respektlosigkeit gegenüber dem alten Lord. Elhalyn mochte in der Gunst des Königs gesunken sein, aber er war immer noch der älteste Berater und, was wichtiger war, er war der Einzige der Anwesenden, der sich an die ursprünglichen Umstände erinnerte.
Der König seufzte. Sein Blick wanderte nach rechts, und einen Moment schien er überrascht, Carolin dort sitzen zu sehen. »Was - was würdest du raten, mein Junge?«
Carolin holte Luft. Das Ratsamste wäre, bei der vorherigen Entscheidung zu bleiben. Die Kaufleute würden sich vielleicht privat über die erhöhten Kosten beschweren, aber sie würden eine Möglichkeit finden, sie mit erhöhten Preisen auszugleichen. Auf die eine oder andere Weise, sei es durch Zölle oder Steuern, würden die Getreidepreise höher werden. Jene, die es sich am wenigsten leisten konnten, würden schließlich zahlen müssen.
Vor all diesen Jahren hatte der
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