Darkover 05 - Zandrus Schmiede
Charakter und seinen Fähigkeiten zu beurteilen!«
Varzil hob die Hände, um diese Flut von Worten abzuwehren. »Das tue ich nicht, Schwester, und ich habe Eduins Begabung nie in Frage gestellt. Ich habe oft genug mit ihm im Kreis zusammengearbeitet, um zu wissen, was er kann. Seine Begabung steht hier nicht zur Debatte. Immerhin bietet er nicht an, dich zu heiraten, es geht nur darum, dass er mit dir tanzt.«
»Genau.«
»Und es wäre mir lieber, wenn du es nicht tätest. Als dein Bruder und nächster männlicher Verwandter befehle ich dir… «
»Du befiehlst mir? Ich kann nicht glauben, was ich da höre! Du würdest also… Ich bin doch nicht dein Pferd oder dein Hund oder deine Frau! Wenn du Grund zur Sorge hast, werde ich angemessen darüber nachdenken, aber ich halte deine… deine grundlosen, unsinnigen, rübenhirnigen Launen nicht für einen stichhaltigen Grund, etwas zu tun oder zu lassen.«
Dyannis hielt inne. Ihre Brust wogte, ihr Gesicht und der Hals waren gerötet. Sie warf den Kopf zurück, sodass die winzigen weißen Glöckchen in ihrem Haar klirrten, und schob Varzil von sich weg. Ohne ein weiteres Wort drängte sie sich durch die Menge von Adligen und schien ihre erstaunten Mienen nicht einmal zu bemerken.
Eduin sah staunend zu, wie Dyannis von der Tanzfläche stolzierte. Ihr Bruder, der sie zu den Stühlen, wo die Damen saßen, hätte eskortieren sollen, stand da, als hätte sie ihm einen Messerstich versetzt. Er sah aus, als würde er jeden Augenblick umfallen.
Ich weiß nicht, was er zu ihr gesagt hat, aber ich möchte um alles Gold in Shainsa willen nicht in seiner Haut stecken.
Eduin verspürte ungewohntes Mitgefühl mit Varzil. Selbst wenn er nicht nach ihren gemeinsamen Tänzen in leichter Verbindung mit Dyannis gestanden hätte, hätte er ihren Zorn gespürt. Der Raum bebte geradezu davon. Es war ein Wunder, dass nicht jeder im Saal, der auch nur über eine Spur von Laran verfügte, darauf reagierte.
Jemand wird ihr beibringen müssen, sich besser zu beherrschen - nahm er Mauras Gedanken wahr, als sie hinter Dyannis hereilte. Er wünschte sich, er könnte ihr ebenfalls folgen.
Er war nie jemandem wie Dyannis begegnet. Es war nicht nur ihre Offenheit. Als er nach Arilinn gekommen war, hatte er die Frauen dort für unangenehm offen gehalten. Ob sie nur für eine Jahreszeit oder für den Rest ihres Lebens in einem Turm waren, sie passten sich rasch den unausgesprochenen Verhaltensregeln an. Sie nahmen sich Geliebte, wie es ihnen passte, aber so viel Vergnügen das auch brachte - wenn die Sonne unterging und die Kreise sich versammelten, war die Arbeit wichtiger. Sie waren Kameraden, die den Geist - und das Leben - der anderen in ihren Händen hielten. Dyannis hatte sich zwar dem Turm in Hali angeschlossen, aber sie war etwas ganz anderes. Hinter dem Glitzern ihrer grauen Augen schien das klarste, reinste Licht, das er je gesehen hatte. Von diesem Tanz am ersten Abend an, als er sie in seinen Armen gehalten hatte, hatte er das Gefühl gehabt, in diese klaren Strahlen zu fallen; er hatte das Gefühl gehabt, dass sie ihn sah, dass sie ihn durchschaute bis in die tiefsten Ecken seiner Geheimnisse und mit einer Schlichtheit akzeptierte, die ihn bis in die Grundfesten erschütterte.
Eduins erster Impuls war, hinter ihr herzurennen, sie an sich zu ziehen, sie vor allem zu schützen, was sie bedrückte. Er wusste, das war unmöglich. Wenn er das tat, würde es die Dinge nur schlimmer machen. Außerdem war Maura als Frau und Leronis aus dem gleichen Turm sehr viel geeigneter, sie zu beruhigen.
Sein nächster Impuls bestand darin, auf die Tanzfläche zu stürmen und ihrem Bruder die Nase einzuschlagen. Du hast dich genug eingemischt! Erst mit Carolin und jetzt mit Dyannis! Aber er hielt sich zurück, hielt die Laran-Barrieren hoch, um keine Spur seiner wahren Gefühle zu zeigen. Niemand durfte Fragen darüber stellen, worin Varzil sich genau eingemischt hatte. Hier in dieser Hastur-Festung, umgeben von so vielen Männern und Frauen mit Laran, konnte er sich nicht den kleinsten Fehltritt leisten. Und dennoch… selbst ohne Varzils Einmischung wäre Carolin damals im Obstgarten vermutlich nicht gestorben. Etwas hatte Eduin im letzten Augenblick zögern lassen, hatte ihn erstarren lassen, während er Carolin beobachtete - Carlo, der sich mit ihm angefreundet hatte, ihn akzeptiert und sich nicht um seinen Status geschert hatte -, als er vom Baum fiel. Als Eduin sich zum Handeln gezwungen
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