Darkover 06 - Die Flamme von Hali
vor ihr gestanden! Ah, mein Freund, hat sie denn deine Seele nicht berührt? Sie hat uns endlich zu sich geholt. Hier werden wir tun, was sie befiehlt, und ihr Königreich errichten.«
»Was ist das für ein Unsinn?«, rief Eduin und schüttelte Saravio noch fester. »Du Idiot! Sie ist nichts weiter als ein selbstmörderisches Mädchen mit mehr Laran , als ihr gut tut. Siehst du nicht, dass sie die ganze Burg in ein Grabmal verwandelt hat? Wir sind hier, um ihr zu helfen, nicht um uns ihrem Wahn anzuschließen.«
»Anschließen… Ihr anschließen! Ja! Anschließen… aaah!«
Mit einem unartikulierten Schrei entzog sich Saravio Eduins Griff. Ohne diesen Halt fiel er zu Boden, dann schüttelten ihn die ersten Zuckungen. Er bog den Rücken durch und schlug mit dem Hinterkopf auf den Boden. Der Teppich dämpfte den Aufprall ein wenig. Saravio atmete nur noch flach und hatte die Zähne zusammengebissen. Hinter seinen halb geschlossenen Lidern war das Weiße seiner Augen zu sehen. Einen Augenblick lang ließ der Anfall nach, und er heulte eine einzelne, nicht erkennbare Silbe hervor.
Eduin blieb schwer atmend stehen und sah zu, wie Saravio sich auf dem Teppich wand. Er war so zornig, er konnte sich nicht einmal dazu durchringen, Saravio ein Kissen unter den Kopf zu schieben.
Soll dieser neunfedrige Ombredin sich doch grün und blau schlagen , dachte er wütend. Solange er hinterher wieder Vernunft annimmt .
Aber was, wenn Saravio nicht vernünftig wurde? Was, wenn er weiterhin in der armen Romilla eine Inkarnation Naotalbas sah? Was, wenn er ihrem Befehl gehorchte, sich ihr anzuschließen? Was dann?
Dann, beschloss Eduin, als er aus dem Schlafzimmer stürmte, würde er selbst eine Möglichkeit finden müssen, das Mädchen zu beherrschen. Aber ohne Saravios mildernden Einfluss würde er seinen eigenen Zwängen wieder hilflos ausgeliefert sein.
Ah, was sollte das alles? Er hatte den größten Teil seines Lebens damit verbracht, herausfinden zu wollen, was als Nächstes geschehen würde. Ein altes Sprichwort fiel ihm ein: Wenn Menschen planen, lachen die Götter .
Und wer lachte jetzt?
Eduin ließ sich gegen die Wand sinken und schlug die Hände vors Gesicht. Selbstverständlich lachten die Götter über ihn. Es gab eine Wahrheit, die er stets geleugnet hatte: Sein Einfluss auf Saravio war ein Witz. Reine Einbildung. Saravio glitt täglich tiefer in seine eigene Wahnwelt und sah nur, was er sehen wollte. Der Mann, der Eduin aus der Gosse von Thendara gerettet hatte, jener Saravio, der einmal in einem Turm ausgebildet worden war, war lange schon verschwunden. Einmal war es Eduin gelungen, Saravio in den Tiefen seines Wahnsinns zu erreichen, indem er in seinen Geist eingedrungen war. Er schauderte selbst bei der Erinnerung an diesen Kontakt noch, beim Gedanken an die geistigen Stürme, die Alptraumvisionen und seine erste Begegnung mit Naotalba. Er wollte so etwas nie wieder tun, aber nun begann er zu befürchten, dass er am Ende doch wieder in Saravios Geist eindringen musste, um ihn genügend zu Verstand zu bringen, damit er seine Begabung wieder beherrschen konnte.
Eduin war allerdings noch nicht bereit, diesen Schritt zu tun. Es würde vielleicht nicht notwendig sein, sagte er sich. Saravio würde sich in der Sicherheit und Bequemlichkeit von Kirella vielleicht von selbst erholen. Regelmäßige Mahlzeiten, ein warmes Bett, Ruhe - das konnte helfen, ein Hirn zu heilen. Und wenn nicht…
Eduin würde sich diesem Problem stellen, wenn es wirklich notwendig wurde. Beim ersten Mal war er unvorbereitet und überrascht gewesen. Beim nächsten Mal, wenn es denn zu diesem nächsten Mal kommen sollte, würde er bereit sein. Ja, er würde bereit sein.
Sobald der Anfall vorüber war, schlief Saravio so tief ein, dass er nicht einmal erwachte, als Eduin ihn sanft aufs Bett hob. Eduin ging mehrmals durch die Räume hin und her, bevor er sich wieder zu seinen Übungen niederlassen konnte. Er übte ein wenig an Saravio und überwachte die Kanäle des Schlafenden.
Saravio schlief immer noch tief, als es spät am Nachmittag an der Tür klopfte. Eduin rief: »Herein«, die Tür wurde aufgerissen, und der Hofarzt betrat ihre Gemächer. Ihm folgte ein junger Diener mit einer großen Ledertasche, die wahrscheinlich die Werkzeuge und Arzneien enthielt. Zwei Wachen postierten sich direkt vor der Tür.
»Rodrigo Halloran, zu Euren Diensten«, sagte der Arzt und nickte knapp, um
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