Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Darkover 06 - Die Flamme von Hali

Titel: Darkover 06 - Die Flamme von Hali Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
Vom Netzwerk:
hereinkam, diesmal ein Junge mit der Tunika eines Pagen in den Aillard-Farben Rot und Grau und dem Abzeichen von Kirella, waren Eduins Gedanken erheblich klarer. Der Junge brachte die Aufforderung, auf die Eduin gewartet hatte. Lord Brynon wollte sie beide sehen.

Die Privatgemächer der Familie hatten zwar schöne Proportionen, wirkten aber noch düsterer als der Audienzsaal. Schwere Vorhänge hielten den größten Teil des Tageslichts fern und verursachten so tiefe Schatten, dass alle Farben wie Schattierungen von Grau wirkten. Wandbehänge und dicke Teppiche dämpften alle Geräusche. Ein kleines Feuer und Fackeln in Wandhaltern warfen unsicheres Licht auf das Gesicht des Mädchens auf dem Diwan. Die Leronis des Haushalts, Domna Mhari, stand wie eine Dienerin an der gegenüberliegenden Wand.
   Die Laran -Barrieren fest an Ort und Stelle, verbeugte sich Eduin vor allen und achtete bewusst darauf, auch Domna Mhari einzubeziehen. Die Miene der Leronis blieb ausdruckslos, aber er spürte, dass sie überrascht war. Eduin nahm an, dass man sie nur selten so höflich behandelte und sie an diesem Hof kaum mehr als eine Dienerin oder eine Anstandsdame galt. Sie hatte wahrscheinlich versucht zu heilen, was immer die Tochter krank machte, und dabei versagt. Dadurch hatte sie ihren vorherigen Status verloren. Vielleicht hatte der Arzt ihren Platz im Vertrauen des Lords eingenommen. Eduin kam zu dem Schluss, dass Domna Mhari sich, wenn er richtig mit der Situation umging, vielleicht als Verbündete gewinnen ließe.
   Dann wandte er seine Aufmerksamkeit Romilla Aillard zu, der Erbin von Kirella. Zunächst hätte er sie beinahe für einen Geist gehalten, so reglos saß sie da. Ihre Brust bewegte sich unter den Schichten von hauchdünnen Stoffen kaum. Sie sah aus wie sechzehn, oder vielleicht noch jünger. Bei ihrem extrem schlanken Körper und dem unsicheren Licht war das schwer zu sagen. Ihr Gesicht, das schön gewesen wäre, wenn sich dort auch nur eine Spur von Leben abgezeichnet hätte, erinnerte an Alabaster. Ihr dunkles Haar war in schlichtem, strengem Stil nach hinten frisiert. Nur ihre riesigen Augen ließen vermuten, dass sie bei Bewusstsein war, als Eduin und Saravio hereinkamen.
   Eduin senkte seine Laran -Barrieren gerade genug, um den äußeren Rand ihres Geistes zu berühren. Anders als ihr Vater, dessen Begabung minimal war, verfügte sie über die volle Comyn -Gabe. In diesem Augenblick sah Eduin sie als Durcheinander von bunten Fäden, ein halb gewebter Wandbehang, angespannt bis zum Zerreißen. Sie war nicht verrückt, noch nicht, aber sie kam diesem Zustand gefährlich nahe.
   Eduin dachte an ihre Base Valentina, die um ihrer Gesundheit willen nach Arilinn geschickt worden war, und nach allem, was er wusste, den Turm nie verlassen hatte. In Arilinn hatte sie ein gewisses Maß an Gleichgewicht und - wenn es ihr gut genug ging - auch sinnvolle Arbeit gefunden. Dieses Mädchen hätte ebenfalls den Nutzen einer solchen Ausbildung genießen sollen. Inzwischen war sie jedoch wahrscheinlich zu alt, selbst wenn ihr Vater es erlauben würde, dass sie in einen Turm ging.
   »Meine Tochter Romilla wollte den Mann kennen lernen, der gestern Abend etwas so Bemerkenswertes vollbracht hat«, sagte Lord Brynon.
   Eduin verbeugte sich abermals, diesmal direkt vor dem Mädchen. »Mein Bruder fühlt sich sehr geehrt, vai Damisela . Wie Ihr seht, ist er kein Mann großer Worte.«
   Bleiche Hände regten sich, und Eduin sah den Schal, den sie in einem komplizierten Knotenmuster um ihre Handgelenke gebunden hatte. Sie bemerkte das und zog die Hände heraus. Dabei rutschten die Manschetten ihrer langen Ärmel zurück, und an beiden Handgelenken waren Bandagen zu sehen.
   »Ich habe gehört«, sagte das Mädchen kaum lauter als im Flüsterton, »dass die größten Wahrheiten jene sind, die schweigend ausgesprochen werden. Hat der Poet das nicht gesagt, Papa?«
   »Ja, meine Liebe, zumindest etwas ganz Ähnliches«, sagte Lord Brynon.
   Mit sichtlicher Anstrengung erhob sich Romilla und machte einen Schritt auf Saravio zu. » Ihr wisst, was es bedeutet, sich nach diesem Schweigen zu sehnen.«
   Eduin fing auch ihre nächsten, unausgesprochenen Worte auf. Ihr wisst, wie es ist, sich nichts so sehr zu wünschen wie zu schlafen und nie wieder aufzuwachen, dieses Schweigen ohne Ende .
   Schmerz durchdrang Eduin, traf ihn bis ins Mark. Seine eigene Verzweiflung bäumte sich auf wie eine Woge. Gefangen

Weitere Kostenlose Bücher