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Darkover 06 - Die Flamme von Hali

Titel: Darkover 06 - Die Flamme von Hali Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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anzudeuten, dass er sich nicht vor gewöhnlichen Menschen verbeugen musste und erst recht nicht vor namenlosem Pöbel, zu dem der Lord eine kurzfristige Zuneigung gefasst hatte.
   »Was kann ich für Euch tun?«, fragte Eduin.
   »Tatsächlich bin ich es, den man geschickt hat, um Euch zu helfen. Seine Lordschaft ist sehr besorgt um die Gesundheit seiner Gäste, und auf seinen Befehl bin ich hier, um den Patienten zu untersuchen. Ich höre, dass Euer Bruder den ganzen Tag nichts gegessen und sein Zimmer nicht verlassen hat.«
   Es hatte keinen Sinn zu protestieren, nicht, solange die Soldaten hier waren. Eduin trat zurück und zeigte auf den Raum, in dem Saravio schlief.
   »Er schläft. Ich bitte Euch, ihn nicht zu stören.«
   »Ich werde entscheiden, was das Beste für den Patienten ist«, entgegnete der Arzt.
   Eduin blieb in der Tür stehen, während der Arzt Saravio untersuchte. Für einen Mann ohne Turmausbildung war Dom Rodrigo erstaunlich gründlich und geschickt: Er überwachte Saravios Atem, er zog die Lider des Schlafenden zurück und prüfte die Festigkeit der Haut und die Reflexe ebenso wie die Reaktionen auf Stimulation. Er löste sogar die Schnüre an Saravios Gewand und legte ein Ohr an seine Brust, dann richtete er sich wieder auf und fühlte den Puls an Hals und Handgelenk.
   »Nicht gut«, murmelte er kopfschüttelnd. Zu Eduin sagte er: »Euer Freund hat sich leider überanstrengt. Ich fürchte einen Hirnschlag, obwohl ich das Ausmaß nicht feststellen kann, ehe er das Bewusstsein wiedererlangt. Ihr müsst euch auf eine längere Rekonvaleszenz vorbereiten. Das Klügste wäre, ihn in meine eigenen Räumlichkeiten zu bringen, wo ich mich um ihn kümmern kann.« Er wandte sich der Tür zu und hatte offenbar vor, den Soldaten zu befehlen, Saravio sofort mitzunehmen.
   »Es geht ihm hier sehr gut, das versichere ich Euch«, wandte Eduin ein. »Ich bin vollkommen imstande, mich um ihn zu kümmern, und ich… «
   »Ihr habt keine Ahnung, wie ernst die Situation ist! Ihr habt keine medizinische Ausbildung.«
   Du arroganter Dummkopf! Ich wurde in Arilinn ausgebildet!
   Dann nahm Eduin sich zusammen und sagte ruhig: »Ich begleite ihn schon sehr lange und bin mit seinen Zuständen vertraut. Dies ist nicht die erste solche Episode, und es wird wohl auch nicht die letzte sein. Ein wenig Ruhe wird ihn wieder in Ordnung bringen.«
   »Ich übernehme keine Verantwortung!«
   »Das braucht Ihr auch nicht, und ich werde Seine Lordschaft gerne informieren, dass Ihr alles Menschenmögliche getan habt. Wir danken Euch für Eure Aufmerksamkeit, aber es ist wirklich nicht notwendig, dass Ihr Euch weiterhin bemüht.«
   Eduin ging zur Tür und öffnete sie. Er schob den immer noch protestierenden Arzt und seinen Assistenten auf den Flur hinaus.
   Dann wartete er, bis die Schritte der Soldaten verklungen waren, bevor er an Saravios Seite zurückkehrte. Er beugte sich über den Schlafenden, und einen Augenblick konnte er ihn nicht als den gleichen Mann erkennen, mit dem er sich auf den Straßen von Thendara angefreundet hat. Tatsächlich bezweifelte er, dass Saravios eigene Mutter ihn erkannt hätte, mit den silbernen Stoppeln auf seinem Schädel, den tief eingesunkenen Augen, den eingefallenen Wangen und den aufgebissenen Lippen. Und das war der Mann, von dessen zerbrechlicher geistiger Gesundheit alles abhing!
   Bei allen Göttern, die die Menschen kannten und die sie vergessen hatten - worauf hatte er sich hier eingelassen?

19
    Saravio erwachte an diesem Abend immer noch nicht. Eduin wartete so lange wie möglich, bevor er sich in die öffentlicheren Bereiche begab. Er hatte Glück, denn es gab an diesem Abend kein förmliches Abendessen; Lord Brynon verweilte in seinen Gemächern.
   Am nächsten Morgen ging Eduin hinunter in die Küche, genau wie er es in Arilinn immer getan hatte. Seit seiner Ankunft in Kirella hatte er sich nicht mehr so unbeschwert gefühlt wie hier. Die Köchin, eine Frau mit freundlichem Gesicht und einem Dalereuth-Akzent, bot ihm frischen Jaco und den letzten Rest des Brots vom Vortag mit ein wenig Honig an.
   Dann machte sie sich wieder an die Arbeit, kümmerte sich um die Vorbereitung der für diesen Tag geplanten Mahlzeiten und überzeugte sich, dass die Küchenhelferinnen die Zwiebeln auch klein genug hackten und die Kochtöpfe ausreichend scheuerten. Eduin saß in der Ecke, trank den heißen Jaco und lauschte dem Schwatzen der

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