Darkover 06 - Die Flamme von Hali
Farbe… «
»Lass gut sein.« Dyannis machte eine wegwerfende Geste, die Rella nur noch mehr anzuspornen schien.
»Ich soll Euch auch ankleiden, und ich habe Rouge und Puder mitgebracht.«
Seufzend erlaubte Dyannis Rella, ihr in das grüne Gewand zu helfen. Sie hatte sich seinerzeit dafür entschieden, weil es keine Bänder oder Knöpfe am Rücken hatte, die ein weiteres Paar Hände nötig machten, aber sie wollte das Mädchen nicht unverrichteter Dinge zu seiner Herrin zurückschicken. Dass sie ihr Gesicht bemalte, ließ sie allerdings nicht zu.
»Ich bleibe so, wie die Götter mich geschaffen haben«, sagte sie zu der Zofe, »und wenn das der Gemahlin meines Bruders nicht passt, soll sie sich bei ihm beschweren.«
Harald strahlte, als er Dyannis sah. Er hatte sich ebenfalls herausgeputzt und trug die schwere Silberkette, die der kostbarste Besitz des alten Dom Felix gewesen war. Seine Kinder, zwei Knaben und ein Mädchen, traten vor, um Dyannis zu begrüßen.
Der älteste Knabe würde bald in die Pubertät kommen, und Dyannis spürte, wie sich sein Laran regte. Sie musste mit Harald über angemessene Vorsichtsmaßnahmen reden, sollte der Knabe zur Schwellenkrankheit neigen. Übelkeit und Orientierungslosigkeit, manchmal gepaart mit Reizbarkeit und Sehstörungen, konnten unbehandelt zu lebensbedrohlichen Krämpfen führen. Vor ihrer Geburt waren ihr älterer Bruder und ihre ältere Schwester, Zwillinge, an diesen psychischen Umwälzungen beim Eintritt ins Erwachsenenalter gestorben. Sie hatte die Geschichte sicher hunderte von Malen gehört, meistens als Warnung, wenn sie ungezogen gewesen war. Varzil wiederum, der mehr Laran besaß als die gesamte Familie zusammen, war so mühelos durch seine Jugend gekommen, dass ihr Vater für eine Weile nicht ganz an die Stärke seiner Gabe glauben konnte.
Entweder aß die Familie sehr viel vornehmer, als Dyannis aus ihrer Kindheit in Erinnerung hatte, oder der Koch hatte sich bei dieser kurzfristigen Zubereitung eines Festmahls selbst übertroffen. Es gab so viel Fleisch, und Harald drängte sie so anhaltend zuzugreifen, dass sie erheblich mehr aß als gewöhnlich. Der Koch in Hali war immer sparsam mit Fleisch umgegangen. Manche Leronyn aßen überhaupt kein Tierfleisch, andere beschränkten sich auf Fisch, behaupteten, dass Fleisch ihre Kräfte herabsetze. Dyannis hatte noch nie einen Unterschied bemerkt.
Aber hier draußen brauche ich ja ohnehin kein Laran, dachte Dyannis und nahm sich den dritten Nachschlag Rindfleisch, das im eigenen Saft geschmort war.
»Dann bist du des Lebens im Turm also endlich überdrüssig geworden?«, meinte Harald. »Ich hatte nicht erwartet, dass du es so lange aushältst, wo du doch immer ein sehr lebenslustiges, eigensinniges Mädchen warst. Wenn ich mir vorstelle, dass du wie ein Cristoforo -Mönch von der Welt zurückgezogen gelebt hast! Aber sie haben dich doch letzten Endes nicht weggeschickt.« In seiner Stimme schwang der Hauch einer Frage mit.
»Nein, ich bin aus eigenem Antrieb nach Hause gekommen. Egal, was du gehört hast, wir leben keineswegs zurückgezogen «, entgegnete Dyannis und dachte an die Selbstverständlichkeit, mit der die Turmfrauen ihre Geliebten wählten, ihr eigenes Geld verdienten und Entscheidungen über ihr Leben trafen, Dinge, die überall sonst skandalös gewesen wären. »Vom ersten Tag als Novizin in Hali an habe ich meine Arbeit geliebt.«
»Obwohl du unter dem Befehl eines Bewahrers gestanden hast?« Harald hob ungläubig eine Augenbraue.
»Ja«, antwortete sie lächelnd. »Obwohl das der Fall war. Würdest du Dougal oder Raimon kennen, müsstest du nicht fragen. Oh, ich habe mich sicher ebenso sehr beklagt wie jeder andere Novize, aber letzten Endes bin ich froh, dass ich mich der Disziplin unterzog, so wie du dich Vater untergeordnet hast, als er dir beibrachte, mit dem Schwert umzugehen.« Sie hielt inne und wählte die nächsten Worte mit Bedacht. »Selbst die lohnenswerteste Arbeit wird zur Last, wenn Geist und Sinne zu sehr gefordert werden. Nach Isoldir benötigte ich eine Ruhepause.«
Dyannis fuhr damit fort, in aller Kürze zu schildern, was sich in Cedestri zugetragen hatte, denn ihre Familie hatte noch nicht viel darüber gehört.
»Ich kann es einfach nicht glauben, dass du durch so ein gefährliches Land gereist bist, und das noch mitten in einem Krieg!«, rief Rohanne. »Was hat sich Varzil nur dabei gedacht, dich in solche
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