Darkover 06 - Die Flamme von Hali
ein höflicher und ehrenwerter Mann. Er ist mit der jungen Dame verwandt, die sich kürzlich mit Geremy Hastur vermählte, dem Sohn Lord Istvans von Carcosa, und dadurch mit König Carolin persönlich. Darüber hinaus wurde Dom Geremy zum Regenten über den verbannten Erben Asturias ernannt.«
Dyannis hatte den Eindruck, als wäre sie in das Leben eines anderen geworfen worden. Das konnte nicht wahr sein. Ihr eigener Bruder konnte ihr doch so etwas nicht antun.
Obwohl ihre Gedanken sich überschlugen, begriff Dyannis auch die politischen Implikationen der Worte ihres Bruders. Harald bewegte sich durchaus im Rahmen seiner Rechte, wenn er sie zum Zweck einer Allianz vermählen wollte. Solche Arrangements waren verbreitet. Die meisten Frauen unter den Comyn erwarteten nichts anderes, und wenn die Götter ihnen hold waren, behandelten ihre Ehemänner sie mit Höflichkeit und irgendwann vielleicht sogar mit Liebe. Wenn nicht, gab es immer noch den Trost, den die Kinder, der Rang und das Wissen boten, dass sie ihren Familien gedient hatten - auf die einzige Art und Weise, die den meisten Frauen zu Gebote stand.
Ich bin nicht wie die meisten Frauen. Ich bin Dyannis von Hali!
»Er hat keine Einwände gegen dein Alter«, fuhr Harald fort, ohne auf ihre Reaktion zu achten. »Du bist noch nicht zu alt, um ihm Söhne zu gebären, aber für den Fall, dass es nicht mehr gelingen sollte, werden seine Ländereien wieder den Hasturs zufallen, die Oberherren des Hastur-Klans sind, sodass letzten Endes alle zufrieden sein werden. Du wirst gut vermählt sein und einem eigenen Hausstand vorstehen, statt dich hier als unselbständige alte Jungfer in deinen Gemächern zu verkriechen, und deine Familie wird großen Nutzen aus deiner Ehe ziehen.«
»Ich… « Dyannis öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Ich kann mich nicht dem Schicksal entziehen, das die Götter mir auferlegt haben . Sie sah keine Möglichkeit, wie sie jemanden heiraten und weiter der Arbeit nachgehen konnte, die sie liebte, dem Umgang mit der Gabe, die ihr Geburtsrecht war. Sie musste dem Gespräch ein Ende bereiten, bevor Harald ihr Schweigen als Zustimmung deutete.
»Ich danke dir für deine Bemühungen, mich zu versorgen, Bruder«, sagte sie, »aber was du vorschlägst, ist unmöglich. Ich wünschte, du hättest mich hinzugezogen, bevor du eine solche Vereinbarung trafst.«
Haralds Augenbrauen zogen sich zusammen, und seine Schultermuskeln spannten sich. »Bist du schon einem anderen versprochen? Wenn das so ist, warum hast du es mir dann verheimlicht? Oder gibt es sonst einen Grund, weshalb diese Ehe dir nicht willkommen sein sollte?«
»Ich habe nicht das geringste Verlangen, überhaupt jemanden zu ehelichen! Ich habe vorgeschlagen, Lerrys nach Hali zu begleiten, damit ich dort im Turm zu Hali meine Pflichten wieder aufnehmen kann.«
Aus Haralds Gesicht wich die Farbe. »Wie meinst du das? Du bist jetzt all die Monate seit Anfang Frühling hier und hast nicht einmal erwähnt, dass du zum Turm zurückzukehren wünschst. Ich dachte, du hättest den Gedanken aufgegeben. Du hast so wenig von deinem früheren Leben erzählt, dass ich annahm, das Thema bereite dir Probleme. Was hätte ich sonst auch denken sollen? Als Oberhaupt dieses Hausstands war es meine Pflicht, ein anderes Arrangement für dich zu treffen. Ich war der Meinung, du wärst unglücklich und frustriert, weil du mit Rohanne unter einem Dach leben musstest, ohne einen Platz für dich. Ich sah die Gelegenheit, einen Vorteil für unsere Familie zu erwirken und gleichzeitig dir zu deinem Glück zu verhelfen.«
»Du hättest mich erst fragen sollen!«
Harald stand auf und begann, auf und ab zu gehen. »Wenn ich doch nur die geringste Ahnung gehabt hätte… Warum hast du denn nichts gesagt?«
Was für eine Närrin sie gewesen war, so eingenommen von ihren persönlichen Problemen, dass ihr nicht aufgefallen war, was sich ringsum abspielte. Ein Dutzend Hinweise stiegen in ihrer Erinnerung auf, Bemerkungen, die Harald oder Rohanne beiläufig hatten fallen lassen.
» Wir alle, Schwestern und Brüder, müssen zusammenstehen… « - »So, wie du dein Leben im Turm hinter dir gelassen hast… « - »All das, was jetzt hinter dir liegt… «
»Ich bin hier lediglich auf Besuch«, sagte sie. »Das hätte ich klarstellen sollen. Nicht nur das, ich wurde auch nicht von meinem Eid entbunden, und bis mein Bewahrer mir diesen Wunsch erfüllt, bin ich
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