Darkover 06 - Die Flamme von Hali
Mahl miteinander. Harald hatte sich zweifellos genau überlegt, wo sie Rast machten - nämlich in den behaglichsten Gasthäusern -, und sogar bis nach Thendara ihr Kommen angekündigt. Dyannis erinnerte sich, wie sie mit Varzil nach Cedestri gereist waren, unterwegs gelagert und gegessen hatten, wenn ihnen Zeit dafür blieb, und die Arbeit ihnen wichtiger als alles andere gewesen war. Sie sagte Harald, dass er ziemlich viel Aufhebens um weiche Betten und warme Mahlzeiten mache.
»Aber daran muss ich mich wohl gewöhnen, denn das wird vermutlich auch mein Los sein, wenn ich erst Dom Tiavans Gemahlin bin«, setzte sie bedauernd hinzu.
»Keine Sorge, du wirst nie wie Rohanne werden«, sagte er, »der nichts wichtiger ist, als ihre Zeit mir der Auswahl ihrer Gewänder und der Pflege ihres Haars zu vergeuden. Es kann sich noch immer alles zum Besten wenden.«
Nun, da sie sich mit ihrer Entscheidung ausgesöhnt hatte, spürte Dyannis, wie ihre Lebensgeister wieder erwachten, als sie den letzten Hang hinabtrotteten, der sich von den Venza-Bergen sanft bis in die Tiefebene erstreckte. Sie ritten über Weiden, während die Nachmittagssonne wie ein Honigschleier über ihnen hing und das Vieh den Kopf hob, um die Reisenden schläfrig anzublinzeln, vorbei an Obstbäumen, die von Äpfeln und Birnen schwer waren, und an Dörfern mit gemütlichen Landhäusern, ordentlich gedeckten Strohdächern und gepflegten Pferchen.
»In einem ganz ähnlichen Dorf bin ich aufgewachsen«, meinte Rella.
Kinder zeigten auf die Fremden und stießen angesichts der unbekannten Farben Grün und Gold erstaunte Rufe aus, bevor ihre Mütter sie zum Schweigen brachten. »Das sind Ridenows und keine Feinde von uns«, wies eine Frau ihr Kind in Hörweite zurecht. »Varzil der Gute ist doch der Bredu des Königs, wusstest du das nicht?«
»Sie reden von Onkel Varzil«, sagte Lerrys zu seinem Vater. Sie ritten so eng beisammen, dass Dyannis diese Worte aufschnappen konnte.
Dyannis kannte die Geschichte der Feindschaft zwischen den beiden großen Häusern Ridenow und Hastur. Noch lange nach dem Frieden, den Allart Hastur geschlossen und damit den schlimmsten Auseinandersetzungen ein Ende bereitet hatte, hatte Misstrauen geherrscht. Nun wich selbst dies durch die dauerhafte Freundschaft zwischen Varzil und König Carolin einer neuen Hoffnung.
Einer neuen Hoffnung, dachte sie, aber nicht neuem Frieden. Ridenow und die Asturias waren nun erbitterte Feinde. Gerade als sie Sweetwater verlassen wollten, hatte ein Bote Haralds die Kunde gebracht, dass Varzil als Carolins Beauftragter aus der Hauptstadt Asturias zurückgekehrt sei, um die anderen Anwärter zur Unterschrift des Vertrags zu bewegen. Carolin hatte sich sogar erboten, den Anspruch Dom Rafaels anzuerkennen, des Bruders des letzten rechtmäßigen Königs, wenn er im Krieg nur keine Laran -Waffen einsetzte.
Also ist er in diesen Konflikt verwickelt, ob er will oder nicht . Hastur konnte sich vielleicht mit Ridenow gegen Asturias verbünden, aber auch Asturias hatte gute Kontakte. Und wenn wir in einen offenen Krieg hineingezogen werden und jede Seite ihre Verbündeten herbeiruft, wird dann nicht die ganze Welt in Flammen aufgehen?
Und wo würde sie sein? Nicht in einem Kreis, auch nicht damit beschäftigt, einen Turm oder zerschmetterte Leiber und gebrochene Gemüter zu heilen. Sie würde weggesperrt sein, sicher und zum Müßiggang verurteilt, vielleicht schwanger mit Dom Tiavans Erben, nicht in der Lage, die Fähigkeiten zu nutzen, für deren Erlangung sie so hart gearbeitet hatte…
Ein Bild zuckte durch ihre Gedanken - ein in Feuer gehüllter Turm, Lichtblitze, die aus dem Himmel schlugen, Körper, die wie menschliche Fackeln aufloderten… der Gestank nach verkohltem Fleisch… Schreie…
Sie blinzelte, und die Vision verschwand. Vor ihr, unmittelbar am Fuß der Berge, funkelte Thendara im Nachmittagslicht. Lerrys rief etwas und deutete, aber sie waren noch viel zu weit entfernt, um einzelne Gebäude oder auch nur die große Burg des Königs erkennen zu können.
Hali lag hinter der nächsten Anhöhe, die Stadt, in der sie zum ersten Mal Prinz Carolin begegnet war, der Turm, der so lange Zeit ihre Heimat gewesen war, und der See mit seinem Herzen aus Schatten. Raimon erwartete sie mit großer Freude und Rorie voller Hoffnung. Alderic, der ebenfalls ihr Freund gewesen war, hatte seinen Aufenthalt dort beendet und sich mit Romilly MacAran
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