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Darkover 06 - Die Flamme von Hali

Titel: Darkover 06 - Die Flamme von Hali Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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stattfinden konnte, musste der Bewahrer sich seines Ziels ausgesprochen sicher sein. Er musste das Bild so klar im Kopf haben, als schaute er seine eigene Hand an. Raimon zögerte keinen Augenblick.
   Im nächsten Moment spürte Dyannis eine kalte Windbö, genau wie an diesem Morgen, nur, dass es jetzt Nacht und ihr Körper hinter den Mauern in Sicherheit war. Durch die Macht des Kreises hörte sie das leise Plätschern der Wellen und roch den Duft von nassem Sand und Wasserpflanzen.
   Nun schwebte sie über dem See, gewiegt von den Bewegungen der Wellen. Einen Augenblick später würde sie diese seltsame, nebelhafte Feuchtigkeit spüren. Irgendwo im Hinterkopf machte sie sich auf diese unheimliche Kraft gefasst…
   Aber sie spürte nichts. Sie schwebte weiter, unberührt, gerade hoch genug über der Oberfläche, dass selbst die höchsten Wellen sie nicht erreichen konnten. Sie folgte dem Strom der Laran -Energie aus ihrem eigenen Geist, der zu Raimon und dann durch das Gitter führte, und berührte an der Wasseroberfläche eine feste Barriere. Als sie versuchte, sich hindurchzubewegen, war es, als erzwänge sie sich einen Weg durch ein Dickicht miteinander verflochtenen Rieds, federnd und dennoch undurchdringlich. Selbst der vereinte Geist des Kreises konnte diese Energieschicht nicht durchdringen. Wer immer die künstliche Kraftquelle erzeugt hatte, wollte nicht, dass irgendjemand sie untersuchte.
   Das ist selbstverständlich nur umso mehr Grund, es zu tun , dachte sie.
   Der direkte Weg war ihnen also versagt. Trotz Ellimaras beruhigendem Einfluss wuchsen Dyannis' Neugier und Entschlossenheit. Sie spürte, wie Raimon begann, sich zurückzuziehen. Du willst einfach aufgeben? Nicht, solange ich hier etwas mitzureden habe!
   Dyannis! Konzentriere dich! Brich nicht aus der Einheit aus!
   Mit einiger Anstrengung beruhigte sich Dyannis, und ihr Bewusstsein fügte sich erneut in den Kreis ein. Ihre Gefühle waren nicht so leicht zu beherrschen, aber es gelang ihr schließlich doch. Sic verfügte über jahrelange Erfahrung darin, ihr aufbrausendes Temperament zu zügeln.
   Der Kreis schwang weiterhin in ungebrochener Einheit. Dyannis' kleiner Ausrutscher hatte zu keinem ernsthaften Schaden geführt. Einen Augenblick lang schwebte das verbundene Bewusstsein des Kreises noch über der Seeoberfläche. Dann hob Raimon sie mit seidiger Glätte in die Überwelt.
   Dyannis sah sich auf einer Ebene aus ungebrochenem Grau unter einem gleichermaßen einheitlich grauen Himmel stehen. Rings um sie her erhob sich die geisterhafte Manifestation des Turms von Hali, so substanzlos, als bestünde er aus Wasser. Als sie hinabschaute, sah sie sich selbst, wie sie hier schon viele Male erschienen war: in einem Körper ganz ähnlich dem ihren, gekleidet in ein hellgraues Gewand, das kaum ihre Fußknöchel erreichte. Ihre Hände verharrten nahe denen ihrer Nachbarn im Kreis. Einige von ihnen sahen jünger oder älter aus - Ellimara erschien als Frau um die vierzig, und ihr Gewand war nicht weiß wie das einer Überwacherin, sondern rosig, als wäre das Rot des Bewahrers dort eingesickert.
   Raimon erschien wie immer in der Überwelt beinahe androgyn und schimmernd wie ein altersloser Chieri . Er begegnete ihrem Blick und lächelte.
   Mit einer Bewegung seines Geistes rief er den See zu ihnen. Hier in der Überwelt verloren Entfernung und Zeit ihre Bedeutung, wurden zu Werken des Geistes. Selbst der Turm um sie her war im Laufe von Jahrhunderten durch die Gedanken von Arbeitern aus Hali geschaffen worden, einfach, weil sie daran gewöhnt waren, in geschlossenen Räumen zu arbeiten, und sich in dieser vertrauten Umgebung wohler fühlten.
   Auch der See hatte viel von seinem grundsätzlichen Erscheinungsbild behalten - eine Senke, die mit bewegtem Nebel gefüllt war. Als Dyannis ihn sich näher ansah, wirkte er allerdings nicht nur sehr viel kleiner, sondern auch erheblich tiefer. Sie konnte den Boden nicht erkennen, nicht einmal als Raimon das Wolkenwasser Schicht um Schicht transparent werden ließ. Die seltsamen Geschöpfe, die im Wasser des Sees lebten, halb Fisch und halb Vogel, huschten als bunte Gestalten vorbei und verschwanden rasch wieder.
   Wenn man nicht genau hinsah, wirkte die Überwelt genau wie immer. Unter anderen Umständen hätte Dyannis alles als normal hingenommen und sich abgewandt. Nun ließ genau diese Glätte ihre Neugier nur noch größer werden. Raimon brachte die Konzentration

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