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Darkover 07 - Die Zeit der Hundert Koenigreiche

Titel: Darkover 07 - Die Zeit der Hundert Koenigreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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mir aus, alte Mutter. Ist Lady Carlina unter ihnen?«
   »Niemand hier trägt den Namen Carlina«, sagte die alte Priesterin. »Wir fragen nicht danach, welchen Namen unsere Schwestern trugen, solange sie in der Welt lebten. Wenn eine Frau zu uns kommt und ihr Gelübde ablegt, ist ihr früherer Name für immer vergessen und nur noch der Göttin bekannt. Es ist keine Frau hier, auf die du als deine Gattin Anspruch erheben kannst, wer du auch sein magst. Ich ermahne dich in allem Ernst: Unterlasse diese Blasphemie und ziehe nicht den Zorn der Dunklen Mutter auf dich herab.«
   Bard beugte sich im Sattel vor. »Droht mir nicht, alte Dame! Ich weiß, daß meine Frau hier ist, und wenn Ihr sie mir nicht übergebt, werde ich kommen und sie holen, und ich übernehme dann keine Verantwortung für das, was meine Männer tun mögen.«
   »Aber«, sagte die alte Frau, »du wirst ganz bestimmt zur Verantwortung gezogen werden, ob du dich für verantwortlich erklärst oder nicht.«
   »Hört auf mit den Haarspaltereien! Ihr solltet lieber zu meiner Frau gehen und ihr sagen, daß ihr Gatte da ist, um sie abzuholen. Und wenn Ihr das tun wollt, werde ich auch keine Blasphemie begehen, sondern hier außerhalb des heiligen Bodens warten.«
   »Ich fürchte deine Drohungen nicht«, erklärte die alte Priesterin. »Und die Große Mutter fürchtet sie auch nicht.« Der Nebel kräuselte sich zu ihrem Gesicht hoch, und plötzlich war niemand mehr da. Nichts als leere Nebelschwaden erhoben sich aus den Binsen am Rand des Wassers.
   Bard sog scharf die Luft ein. Wie war sie verschwunden? War sie überhaupt dagewesen, oder hatte ihn eine Illusion genarrt? Seltsamerweise war er jetzt fester denn je davon überzeugt, daß sich Carlina auf der Insel befand und daß sie sie vor ihm versteckten. Warum war die alte Dame nicht auf seinen vernünftigen Vorschlag eingegangen? Sie hätte zu Carlina gehen und ihr sagen sollen, er sei in Frieden gekommen, ohne etwas Böses oder eine Blasphemie zu beabsichtigen, und er wolle sie an seine Feuerstelle und in sein Bett heimholen. Schließlich war Carlina seine gesetzmäßige Frau. Nun blieb ihm nichts anderes mehr übrig, als die Göttin zu beleidigen.
   Er wandte sein Pferd und lenkte es an Melisandras Seite.
   »Jetzt ist es Zeit für deine Zauberei«, sagte er, »damit wir nicht alle im Treibsand umkommen. Ist Treibsand hier?«
   Melisandra holte ihren Sternenstein hervor und blickte hinein. Ihr Gesicht nahm den gleichen entrückten, versunkenen Ausdruck an, den er so oft auf Meloras Gesicht gesehen hatte.
   »Es ist Treibsand in der Nähe, jedoch glaube ich nicht, daß er gefährlich nahe ist. Bard, bist du fest entschlossen, diese Torheit zu begehen? Wirklich, es ist unklug, den Zorn Avarras herauszufordern. Wenn Carlina den Wunsch hätte, zu dir zu kommen, würde sie kommen; sie wird hier nicht gefangengehalten.«
   »Ich habe keine Möglichkeit, das festzustellen«, sagte Bard. »Diese Verrückten, die allein zu leben versuchen und Keuschheit und Gebet an die Stelle der Dinge setzen, die einer Frau zustehen… «
   »Stehen Keuschheit und Gebet deiner Meinung nach einer Frau nicht zu?« fragte sie sarkastisch.
   »Doch, natürlich. Aber eine Frau kann doch auch an ihrer eigenen Feuerstelle soviel beten, wie sie möchte, und keine verheiratete Frau hat das Recht, sich gegen den Willen ihres gesetzmäßigen Mannes zur Keuschheit zu verpflichten! Welchen Nutzen haben diese Priesterinnen für irgendwen, wenn sie die Gesetze der Natur und die Rechte des Mannes auf diese Weise mit Füßen treten?«
   Für ihn war es eine rhetorische Frage gewesen, aber Melisandra nahm sie wörtlich. »Mir ist gesagt worden, daß sie viele gute Werke tun. Sie wissen viel über Kräuter und Medizinen, und sie können Unfruchtbarkeit heilen. Und das Beten ist immer gut.«
   Bard achtete nicht auf sie. Sie waren aus dem Nebel heraus und auf einen schmalen Sandstrand gekommen, der frei von den überall sonst am Ufer wachsenden Binsen war. Und da stand eine kleine Hütte, und es war ein Boot angebunden.
   Bard stieg von seinem Pferd und rief: »Ho! Fährmann!«
   Eine kleine gebückte Gestalt, ganz in Umschlagtücher eingehüllt, trat aus der Hütte. Bard geriet außer sich, als er entdeckte, daß es kein Fährmann war, sondern eine kleine alte Frau, verkrüppelt und grau und krumm.
   »Wo ist der Fährmann?«
   »Ich rudere das Fährboot für die guten Damen.«
  

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