Darkover 08 - Die Erben von Hammerfell
dauerte es nicht lange, bis sie sich total verlaufen hatte. Wenigstens brauchte sie nur den einen Zwilling zu tragen, und der andere war in Sicherheit bei dem einzigen Mann, dem sie, abgesehen von ihrem Gatten, volles Vertrauen schenkte.
Über Steine stolpernd und immer wieder ausrutschend, erreichte sie irgendwie den Fuß des Berges. »Markos!« rief sie leise.
Es kam keine Antwort.
Wieder rief sie. Sie fürchtete, die Aufmerksamkeit der Feinde, die ringsum im Wald stecken mußten, auf sich zu lenken und wagte deshalb nicht, die Stimme zu sehr zu erheben. Oben auf dem Gipfel brannte Hammerfell. Erminie sah die Flammen wie aus einem Vulkan hochschlagen. Niemand konnte in diesem Inferno noch am Leben sein - aber wo war der Herzog? War er in der brennenden Burg eingeschlossen? Jetzt erkannte sie, daß es Alastair war, der sich wimmernd an ihrem Hals festklammerte. Wo war Markos mit Conn? Erminie versuchte, sich in dem schrecklichen Licht ihres brennenden Heimes zurechtzufinden. Von neuem rief sie leise. Aber überall im Wald vernahm sie fremde Schritte und unbekannte Stimmen, sogar Gelächter. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie die Stimmen mit ihren Ohren oder mit ihrem laran hörte.
»Ha, ha! So endet Hammerfell!«
»Das ist das Ende von ihnen allen!«
Wie gelähmt vor Angst, sah Erminie die Flammen höher und höher steigen. Mit einem Getöse, als sei das Ende der Welt gekommen, stürzte die Burg schließlich ein, und das Feuer sank in sich zusammen. Erminie floh, vor Entsetzen zitternd, durch den Wald.. Dann ging die Sonne über der Ruine, die einmal die stolze Festung Hammerfell gewesen war, auf, und Erminie fand sich ganz allein in einem fremden Wald wieder. Der Hund schmiegte sich an ihre Beine, und das müde Kind hing an ihrem Hals. Juwel winselte mitfühlend. Die junge Frau setzte sich auf einen Baumstamm, zog Juwel der Wärme wegen dicht an sich und versuchte, die Augen von dem sterbenden Feuer abzuwenden. Es hatte das einzige Heim, das sie je gekannt hatte, vernichtet.
Das Licht des neuen Tages wurde stärker. Erminie erhob sich müde, nahm die schwere Bürde des schlafenden Kindes wieder auf und schleppte sich in das, was von dem Dorf am Fuß des Berges noch übrig war. Entsetzt stellte sie fest, daß Storns Männer hier zuerst gewesen waren. Haus um Haus lag in qualmenden Trümmern, und die meisten Bewohner waren geflohen – ausgenommen diejenigen, die man erschlagen hatte. Erschöpft und krank im Herzen, zwang sie sich, in den wenigen Häusern, die noch standen, nach einem Menschen zu suchen, den sie kannte und nach Markos und Conn fragen konnte. Aber nirgendwo erfuhr sie etwas über den alten Mann und ihr Kind. Sie vermied es sorgfältig, sich von einem Fremden sehen zu lassen – wenn ein Gefolgsmann von Storn sie entdeckte, würde er sie und auch ihr Kind auf der Stelle gnadenlos töten. Bis kurz vor Mittag wartete sie, immer noch hoffend, der Herzog sei dem letzten Feuersturm entronnen und werde sich im Dorf mit ihr zusammenfinden. Der Wald war jetzt voll von heimatlosen Dorfbewohnern, und jeder, den sie fragte, betrachtete die traurige, schmutzige Frau mit dem Hund und dem Kind voller Mitleid und Freundlichkeit. Doch von einem alten Mann, der ein einjähriges Kind auf dem Arm trug, hatte niemand etwas gehört oder gesehen.
Den ganzen Tag suchte Erminie nach den beiden, doch bei Sonnenuntergang mußte sie sich eingestehen, daß das, was sie am meisten gefürchtet hatte, Wirklichkeit geworden war. Markos war verschwunden. Entweder war er erschlagen worden, oder er hatte sie aus irgendeinem Grund im Stich gelassen. Und da der Herzog nicht gekommen war, mußte er beim Einsturz der brennenden Burg den Tod gefunden haben.
Das letzte Tageslicht erstarb. Die verzweifelte Erminie zwang sich, sich hinzusetzen, ihr langes, aufgelöstes Haar zu glätten und zu flechten, etwas Essen aus ihrem Korb zu sich zu nehmen und dann den Hund und das hungrige Kind mit Brot zu füttern. Wenigstens war sie nicht ganz allein. Ihr Erstgeborener, jetzt der Herzog von Hammerfeil, war ihr geblieben – aber wo war sein Zwilling? Als Hufe und Schutz hatte sie nur einen Hund. Sie legte sich nieder, wickelte sich in ihren Mantel, kroch der Wärme wegen nahe an Juwel heran und schützte den schlafenden Alastair mit ihren Armen. Innigen Dank sagte sie den Göttern dafür, daß der Winter vorüber war. Sie nahm sich vor, beim ersten Morgengrauen vorsichtig Umschau zu halten, sich zu orientieren und sich dann auf den langen Weg zu
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