Darkover 08 - Die Erben von Hammerfell
voll von grauen Regenwolken, die in ihrem eigenen geheimnisvollen Licht dahinsegelten. Jenseits der niedrigen Steinmauer erhob sich die Ruine von Hammerfell in einem Zustand romantischen Verfalls, wie Alastairs Freunde aus der Stadt es wohl genannt hätten. Gavin hatte den Ausdruck bereits dreimal benutzt, was Markos verärgert hatte, und schließlich hatte Floria ihn mit einem Rippenstoß und einem mahnenden Blick zum Schweigen gebracht.
Das Haus war wetterfest, doch nicht geräumig. In dem niedrigen Zimmer standen zwei schmale Betten. Auf einem von ihnen saß Erminie jetzt und hielt die immer noch feuchten Füße ans Feuer.
Außerdem war noch ein kleiner Tisch mit zwei stabilen Holzstühlen da. Sonst nichts. Markos hatte ein altes besticktes Leinentuch über den Tisch gelegt und zwei angelaufene Silberkelche daraufgestellt. Er brachte den Frauen Essen und Wein. »Ich wünschte, das hier wäre eine richtige Halle, Lady«, entschuldigte er sich. Erminie schüttelte den Kopf.
»Wer sein Bestes gibt, steht an Höflichkeit einem König gleich, sei sein Bestes auch nur die Hälfte eines Strohhaufens«, zitierte sie. »Das hier ist gewiß besser als jeder Strohhaufen.«
Gavin hatte sich auf dem Teppich zu Erminies Füßen zusammengerollt, dicht vor dem knisternden Feuer, das wohltuende Wärme spendete. Auf dem zweiten Bett, das auf der anderen Seite des Feuers stand, saß Floria, einen warmen Samtmantel über dem dünnen weißen Stoff ihrer Turm-Robe. Sie hatte sie ebenso wie Erminie angezogen, weil ihre Reitkleider bis auf die Unterwäsche naß geworden waren. Kupfer lag auf ihrem Schoß. Conn saß auf einem der Holzstühle, Markos stand neben dem anderen. In dem engen Raum hinter dem Tisch und den Stühlen drängten sich vier oder fünf Männer zusammen, ein halbes Dutzend weiterer hatte sich in den kleinen inneren Raum gequetscht und versuchte, die Köpfe durch die Tür zu stecken und zumindest auf diese Weise an dem, was vor sich ging, teilzuhaben. Erminie wußte, daß dies die Männer waren, die Conn bei seinem ersten Überfall auf StornLeute begleitet hatten und Zeugen gewesen waren, als er als rechtmäßiger Erbe von Hammerfell anerkannt wurde. Bei ihrer Ankunft hatte Markos um ihre Aufmerksamkeit gebeten und Erminie vorgestellt, und da hatten ihre Jubelrufe die niedrigen Dachbalken vibrieren lassen. Erminie war bei diesem Empfang warm ums Herz geworden, obwohl sie sehr gut wußte, daß er eigentlich nicht ihr galt. Doch sie war überzeugt, daß Conn es verdient hatte, und es sprach für ihren Sohn, wenn sie, die zwanzig Jahre lang ohne rechtmäßigen Lord gewesen waren, noch heute der Familie von Hammerfell die Treue hielten.
Und in Thendara habe ich niemals an sie gedacht. Ich schäme mich. Nun, ich werde mir Mühe geben, es wiedergutzumachen. Mit König Aidans Hilfe… Hier brach sie ab und fragte sich, was sie nach all diesen Jahren tatsächlich würde tun können.
Dann fiel es ihr wieder ein, und sie seufzte. Conn war gar nicht der rechtmäßige Herzog dieser Männer. Die Ehre blieb ihrem älteren Sohn vorbehalten, obwohl Conn immer noch seines Vaters Schwert trug. Der Empfang, der seinem Bruder gebührt hätte, ließ die Leute nur um so länger in dem Glauben, sie sollten Conn folgen, und wenn ihre Treue Conn persönlich und nicht dem Haus Hammerfell galt, mochte das zu Problemen fuhren. Erminie machte sich um ihre beiden Söhne gleichermaßen Sorgen, um den einen, den sie ihr Leben lang geliebt, und um den anderen, den sie betrauert hatte. Ihr Herz schmerzte bei dem Gedanken an sie.
Solch schwermütige Gefühle paßten nicht zu diesem Augenblick. Doch als sie aufsah, bemerkte sie Conns gefurchte Stirn, und sie fragte sich, ob er ihren Gedanken gefolgt sei und sich ebenfalls Sorgen mache. Sie hob ihren Becher und sagte ruhig: »Welche Freude, dich wieder an deinem richtigen Platz zu sehen, mein lieber Sohn. Ich trinke auf den Tag, an dem das Haus deines Vaters neu erstanden und seine Große Halle für dich und deinen Bruder wiederaufgebaut sein wird.«
Kupfer wedelte auf Fionas Schoß mit dem Schwanz, als wolle sie das gleiche Gefühl ausdrücken. Erminie hätte gern gewußt, wo die alte Juwel jetzt war.
Auch Conn hob seinen Becher und sah seiner Mutter in die Augen. »Mein ganzes Leben lang, Mutter, seit ich erfuhr, wer ich bin, und schon zu der Zeit, als ich dich noch für tot hielt, habe ich davon geträumt, dich hier zu sehen. Dieser Abend ist wirklich ein freudiger, trotz des Unwetters draußen.
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