Darkover 08 - Die Erben von Hammerfell
Floria war den unausgesprochenen Gedanken Erminies gefolgt. »Er hat sich ihre Loyalität und Liebe verdient, und er wird sie immer besitzen, ganz gleich, was Alastair sich aus eigener Kraft erringt.«
Erminie sah die Weisheit in Fionas Worten, aber ihre Unruhe wurde dadurch nicht geringer.
»Auch ich liebe sie beide«, sagte Floria, »und ich sorge mich um beide. Conn macht sich Alastairs wegen noch mehr Gedanken, als Ihr es tut. Was meint Ihr wohl, warum er in solcher Hast fortgeritten ist?« Erminie versuchte gar nicht erst, darauf etwas zu erwidern; deshalb beantwortete Floria ihre eigene Frage. »Bis dies alles mit Alastair geregelt ist, widerstrebt es ihm, mit mir im selben Raum zu sein. Er liebt seinen Bruder und will ihn nicht betrügen.«
Endlich war es offen ausgesprochen, und Erminie war froh darüber. Sie und Floria hatten das Thema fast von dem Augenblick an, als Conn in Thendara aufgetaucht war, sorgfältig vermieden. Und seit dem Abend, an dem die geplante Verlobung nicht stattfinden konnte, hatte es permanent zwischen ihnen gestanden.
»Willst du ihn denn betrügen?«
»Nein, natürlich nicht. Ich bin mit ihm aufgewachsen, ich habe ihn immer gern gehabt. Deshalb war ich auch glücklich bei dem Gedanken, daß er mein Mann wird. Ich weiß, er mag mich und würde gut zu mir sein. Aber dann kam Conn nach Thendara, und jetzt ist alles anders geworden.«
Erminie wußte nicht, was sie sagen sollte. Sie, der diese Art von Liebe und Erfüllung versagt geblieben war, fand keine Worte, und sie fühlte sich hilflos vor der jungen Frau.
»Ich wünschte, ich könnte sie beide heiraten.« Floria war den Tränen nahe. »Ich ertrage es nicht, Alastair weh zu tun, aber ohne Conn wird mein Leben leer und bedeutungslos sein.«
Gavin sagte mit seinem schalkhaften, gutmütigen Lächeln: »Wie ich gehört habe, wäre das hier in den Bergen vor hundert Jahren tatsächlich möglich gewesen.«
Floria errötete. »Das waren barbarische Zeiten. Sogar hier in den Bergen ist das heute nicht mehr erlaubt.« Oh wie konnte sie denn wählen zwischen ihrem alten Spielgefährten, den sie so lange als Bruder geliebt hatte, und seinem Zwilling, der ihm so ähnlich – und so völlig unähnlich war? Nicht nur, daß Conn mit ihr die Gabe des laran teilte und eine seelische Verbindung mit ihr herstellen konnte, zu der Alastair gar nicht fähig war – es war mehr als das. Floria hatte nicht gewußt, was Leidenschaft, was Begehren ist, bis Conn so unerwartet in ihr Leben und ihr Herz eindrang. Sie schämte sich, es zuzugeben, doch jetzt war ihr, als sei Conn wirklich und lebendig, Alastair dagegen nur ein mattes Spiegelbild.
»So oder so«, fuhr sie fort und bemühte sich um einen leichteren Ton, »werdet Ihr mich als Tochter bekommen. Ist es für Euch von Bedeutung, welchen von beiden ich heirate?«
»Nur, wenn du Herzogin von Hammerfell werden möchtest«, sagte Erminie leise.
Zum erstenmal faßte Floria es in Worte. »Ich möchte lieber Conn haben als Herzogin von Hammerfell sein.«
Und nun war Conn in das Unwetter hinausgeritten. Sie wünschte, sie hätte mit ihm reiten können, aber von Frauen verlangt man, daß sie zu Hause bleiben und auf ihre Männer warten… Vielleicht ist es anstrengender, zu warten und sich Sorgen zu machen, als selbst zu handeln.
Floria sagte sich, daß es nichts nützte, wenn sie sich Conns wegen aufregte. Es war seine Aufgabe, dahin zu gehen, wo seine Leute ihn brauchten. Sie lächelte Gavin zu. »Sing uns ein Lied, mein Freund, bevor wir uns schlafen legen. Hier sind wir bestimmt sicher, und ich sehe, daß Lady Erminie müde ist.« Schließlich hatte Conn seine Mutter in ihrer Obhut zurückgelassen. Da sie ihn kannte, zweifelte sie nicht daran, daß er dies als eine ehrenvolle Aufgabe betrachtete.
Der Regen hatte aufgehört, an dem klaren Himmel funkelten die Sterne, und es war bitter kalt. Conn ritt, umgeben von seinen Männern, um ein Unrecht zu verhüten, das er nicht einmal verstand. König Aidan hatte als selbstverständlich vorausgesetzt, daß der Lord all dieser Leute das Recht besaß, über ihr Geschick zu bestimmen.
Vielleicht war es nicht richtig, daß dieses ganze Land Lord Storn gehörte. Vielleicht lag der Fehler im System. Sollte der Boden nicht Eigentum der Kleinbauern sein, die ihn bebauten? Dann könnten sie selbst entscheiden, wie er am besten zu nutzen wäre. Aber solange dieses System das Gesetz war, wer war er, daß er über das Gewissen von Lord Storn wachte und ihm sagte, wie er mit
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